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© - Foto: dpa

Deutsche Bahn: Bund will Private bei der Bahn kurz halten

Das Verkehrsministerium kommt Kritikern entgegen und will privaten Investoren kaum Einfluss auf den Konzern geben.

Private Investoren, die sich an der Deutschen Bahn beteiligen, sollen kaum Einfluss auf den Konzern erhalten. Das sehen Änderungsvorschläge des Bundesverkehrsministeriums für das geplante Gesetz zur Privatisierung des Staatsunternehmens vor. Mit dem Diskussionspapier, das dem Tagesspiegel vorliegt, kommt das Haus von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) Kritik aus einer Reihe von Ministerien entgegen. Unter anderem das Innen-, Wirtschafts- und Justizressort hatten bemängelt, nach dem bisherigen Gesetzentwurf habe der Bund nach der Privatisierung viel zu wenig Einfluss auf die Bahn und die Entwicklung des Schienennetzes. Auf die Forderung des Wirtschaftsministeriums, die Regulierung müsse gestärkt werden, gehen Tiefensees Experten aber bisher nicht ein.

Ein Sprecher des Verkehrsministeriums wollte sich nicht zu Einzelheiten des Papiers äußern. „Wir sind mitten in der Ressortabstimmung“, sagte er dem Tagesspiegel. „Wir befolgen streng die Geschäftsordnung der Bundesregierung.“ Im Ministerium gehe man davon aus, einen Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause – das heißt im Juli – ins Kabinett einzubringen. Der Sprecher reagierte auf Spekulationen, man bereite sich bereits auf einen Termin im August vor.

Am kommenden Montag wollen die zuständigen Abteilungsleiter der Ministerien nach einem Kompromiss beim umstrittenen Gesetz suchen. Nach einer Anhörung im Bundestag und Stellungnahmen im Kabinett zeichnete sich ein Dilemma ab. Viele Juristen bezweifeln, dass das Gesetz nach dem bisherigen Stand die Anforderungen des Grundgesetzes erfüllt, wonach der Staat eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung in Deutschland mit Eisenbahnangeboten sicherstellen muss.

Hier versucht Tiefensee nun gegenzusteuern, indem er den Einfluss des Bundes auf die Bahn und auf deren Töchter, die für die Bewirtschaftung von Schienennetz, Stromanlagen und Bahnhöfen zuständig sind, stärkt. Das Verkehrsministerium will jetzt, dass der Bund allein als Mehrheitseigentümer einer privatisierten DB AG über die Besetzung der Arbeitgebervertreter im Aufsichtsrat bestimmt. Auch eine Absprache mit Dritten – den privaten Investoren – über die Stimmabgabe des Bundes in der Hauptversammlung wäre unwirksam. Bei den Infrastrukturtöchtern erteilt der Bund der DB AG zwar eine Stimmrechtsvollmacht. Doch bei der Wahl und Abberufung von deren Aufsichtsratsmitgliedern müsste nach den neuen Vorstellungen das Verkehrsministerium die Zustimmung erteilen.

Finanzinvestoren nehmen häufig über den Aufsichtsrat Einfluss auf die Unternehmenspolitik. Bei der Bahn und ihren Töchtern wäre den Privaten dieser Weg nach dem Kompromissvorschlag verwehrt. Allerdings gibt es Zweifel in der Koalition daran, ob sich Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) darauf einlässt. Einschränkungen könnten den Verkaufspreis der Bahn drücken.

Beim Erlös will sich Tiefensee nicht festlegen. Im Gesetz soll auch weiterhin kein Hinweis darauf stehen, wie viel der Bund mindestens für seinen Anteil an der Bahn erlösen will. Das hatte Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) gefordert. Außerdem hatte er deutlich mehr Kompetenzen für die Bundesnetzagentur gefordert, war aber bisher erfolglos damit.

Ein Rechtsgutachten, das für das Wirtschaftsministerium erstellt wurde, warnt wegen der Kompliziertheit des Gesetzes vor erheblicher Rechtsunsicherheit. Der Bund will, dass das Schienennetz zwar in seinem juristischen Eigentum bleibt, die Bahn es aber in seiner Bilanz führen darf. Um das politisch gewollte Ergebnis zu erreichen, sei aber klar, „dass die bestehenden Regeln sehr weit ausgedehnt, im Ergebnis sogar überdehnt werden müssen“, heißt es in dem Gutachten, das dem Tagesspiegel vorliegt. Sollte sich der Kurs der DB-Aktie nicht so entwickeln, wie es sich die privaten Geldgeber vorgestellt hätten, so sei davon auszugehen, dass diese Investoren „jeden denkbaren Anhaltspunkt für Klagen gegen die Bundesrepublik Deutschland“ aufgreifen werden, warnen die Gutachter.

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