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Öl

© dpa

Energiemarkt: Knappes Öl aus Russland

Die Lieferungen nach Deutschland wurden fast drei Monate lang gedrosselt. Jetzt wird verhandelt.

Berlin - Russland hat im Juni, Juli und Anfang August weniger Erdöl nach Deutschland geliefert als vereinbart. Transneft, die Betreibergesellschaft der wichtigen Pipeline Druschba („Freundschaft“), und die an der Raffinerie im brandenburgischen Schwedt beteiligten Ölfirmen bestätigten am Freitag Probleme. „Mittlerweile bekommen wir aber wieder die normalen Mengen“, sagte eine Sprecherin des Ölkonzerns Total dem Tagesspiegel. Für September gehe man davon aus, dass das vereinbarte Niveau eingehalten werde.

Die Verbraucher müssten sich keine Sorgen über einen Engpass etwa beim Benzin machen, betonte die Total-Sprecherin. „Die Produktion der Raffinerie wurde nie gedrosselt, und wir produzieren auch heute normal.“ Fehlende russische Lieferungen seien durch Nordseeöl ausgeglichen worden, das über die Pipeline von Rostock nach Schwedt transportiert wurde, sagte die Sprecherin. Außerdem habe man auf Lagerbestände zurückgegriffen. Die Raffinerie, an der auch BP, Shell und Agip beteiligt sind, verarbeitet pro Jahr zehn Millionen Tonnen Öl. Daneben wird über die Druschba-Pipeline die – zu Total gehörende – Raffinerie Mitteldeutschland in Spergau versorgt.

Etwa 30 Prozent des deutschen Ölbedarfs werden aus russischen Quellen gedeckt (siehe Grafik), ein Fünftel dieser Lieferungen kommt über die Druschba-Pipeline. Im vergangenen Januar war die Leitung für wenige Tage ganz geschlossen worden, weil sich Russland und Weißrussland, durch die die Pipeline verläuft, über Energiepreise und Transitgebühren stritten. Es wurde aber ein Kompromiss gefunden, die Lieferungen erreichten schnell wieder das normale Niveau. Die Raffinerie in Schwedt musste nur für kurze Zeit die Produktion einschränken.

Allerdings ist die Einigung offenbar brüchig. Allein im Juni nahmen die russischen Öllieferungen nach Deutschland laut Branchendaten um fast 18 Prozent ab. Das habe aber keinerlei Auswirkungen auf die Produktion der Raffinerien oder auf die Preise gehabt, sagte Barbara Meyer-Bukow, Sprecherin des Mineralölwirtschaftsverbands. Man sei verstärkt auf Nordseeöl ausgewichen.

Ein Sprecher der Schwedter Raffinerie sagte, die Einschränkungen seien dem Unternehmen angekündigt worden, ohne dass Gründe angeführt wurden. Wie russische Agenturen berichteten, ist der zweitgrößte Ölkonzern Russlands, Lukoil, mit den gestiegenen Durchleitungsgebühren in Weißrussland unzufrieden. Dadurch wurde das Geschäft mit Deutschland – jedenfalls über die Druschba-Pipeline – weniger lukrativ. Wie die Gesellschaft Transneft, die als Monopolist für die Leitungen verantwortlich ist, mitteilte, hat Lukoil zwischenzeitlich seine Lieferungen um ein Drittel gekürzt. Laut Lukoil-Kreisen sind in den kommenden Tagen Verhandlungen mit den Beteiligten angesetzt. Offiziell wollte sich Lukoil noch nicht äußern. Der Konzern ist nicht die einzige russische Ölfirma, die ihren Export nach Deutschland einschränkte. Laut Transneft verringerte auch Surgutneftegas die Mengen um gut ein Drittel.

Derzeit überlegt die russische Regierung laut Brancheninsidern, die Rolle der Staatskonzerne im Energiesektor auszubauen. Neben den bereits dominierenden Unternehmen Gasprom und Rosneft soll ein dritter staatlich kontrollierter Konzern gegründet werden. Wie die Agentur Reuters berichtet, soll den Grundstock die Holding Rosneftegas bilden, die bislang drei Viertel der Anteile an Rosneft und knapp elf Prozent an Gasprom hält. Geplant sei, die Transaktion noch in der Amtszeit von Präsident Wladimir Putin, die im März 2008 endet, durchzuführen.

An den Börsen sieht man die Querelen gelassen, der Preis blieb weitgehend stabil. Am Freitag wurde ein Barrel (159 Liter) US-Leichtöl für gut 70 Dollar gehandelt.

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