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Wirtschaft: Europa protestiert gegen chinesischen Billigstahl

Die EU-Kommission will die Situation auf dem Stahlmarkt prüfen und wird von Deutschland unterstützt. Dabei rechnet die Branche mit starkem Wachstum. Doch China stellt alles in den Schatten.

Berlin/Peking - Die europäische Stahlbranche übt Druck auf Brüssel aus, gegen chinesische Importe zu Dumpingpreisen vorzugehen. Die EU-Kommission hat jetzt zugesagt, die Situation zu prüfen. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) unterstützt den Schritt. Die deutsche und europäische Stahlindustrie könne nicht gegen Regierungssubventionen konkurrieren, sagte der Minister am Montag bei der Weltstahlkonferenz der Branchenvereinigung IISI in Berlin.

In diesem Jahr wird China nach Branchenschätzung 50 bis 55 Millionen Tonnen Stahl exportieren – ein Plus von 25 bis 40 Prozent. Der Grund ist der starke Produktionsaufbau in dem Land, wo so viel Stahl wie sonst nirgends in der Welt hergestellt wird. Der Ausstoß kletterte allein im ersten Halbjahr 2007 weiter um rund 19 Prozent. Trotz des starken Wirtschaftswachstums können die zusätzlichen Produkte derzeit nicht komplett im Inland abgesetzt werden – und werden exportiert. Zumal im Ausland höhere Preise für Stahl gezahlt werden.

Chinas Stahlproduzenten weisen die Kritik aber zurück. Der Vorsitzende des chinesischen Eisen- und Stahlverbandes, Zhang Xiaogang, bezeichnete die Dumpingvorwürfe als „unangemessen“. Die westlichen Länder würden im Stahlhandel mit China eine „Doppelmoral“ verfolgen, sagte Zhang der staatlichen Agentur Xinhua. Auch für die europäischen Konzerne sei das Stahlgeschäft derzeit sehr profitabel, betonte Zhang. Der Grund für die Zunahme der chinesischen Stahlexporte in die EU sei vor allem das Wirtschaftswachstum in der Region. „Europäische Firmen, darunter auch der deutsche Autohersteller BMW, sind zufrieden damit, chinesischen Stahl zu verarbeiten“, sagter er. Wettbewerb sei ein Teil der Globalisierung.

Aus chinesischer Sicht wollen sich die europäischen Stahlkonzerne mit ihren Klagen gegen eine unliebsame Konkurrenz abschotten. Chinas Regierung bemühe sich zudem darum, die überhitzte Stahlwirtschaft zu bremsen, sagte Zhang weiter. Allerdings ist eine Regulierung schwer. Der chinesische Markt ist in hunderte kleine Hersteller fragmentiert. Chinas größter Stahlkonzern Baosteel verfügt nur über einen Anteil von 5,3 Prozent an der gesamten Stahlproduktion des Landes. Die Mehrzahl der kleineren Stahlfirmen, die von lokalen Regierungen unterstützt werden, produzieren weniger als zwei Millionen Tonnen jährlich. Ausländische Firmen können in China keine Kontrollmehrheit über Stahlkonzerne übernehmen.

Außerdem ist China nicht nur Grund von Klagen, sondern wichtig für die Stahlwirtschaft. Mehr als ein Drittel der weltweiten Stahlnachfrage kommt aus dem Land. Der Verband IISI rechnet – wie am Montag bekannt gegeben – in diesem und im kommenden Jahr jeweils mit einem Plus von mehr als elf Prozent. Deshalb erwartet IISI-Generalsekretär Ian Christmas auch nicht, dass der chinesische Stahlexport dauerhaft steigt. Weltweit nimmt nach Einschätzung des IISI der Stahlverbrauch in diesem Jahr um 6,8 Prozent zu – und im gleichen Maß 2008.

Die Konzerne stellen sich auf das weitere Wachstum ein. Thyssen-Krupp erweitert seine Produktion in Nord- und Südamerika und am Heimatstandort Deutschland. Der weltweit größte Stahlkonzern Mittal kündigte jetzt ebenfalls an, auch in Deutschland zusätzlich zu investieren – etwa in Eisenhüttenstadt.

Der Duisburger Stahlhändler Klöckner & Co schraubte seine Ergebnisprognose für 2007 derweil zurück. Wegen der zuletzt „unbefriedigenden Entwicklung einiger Stahlpreise“ rechnet der Konzern nun mit einem Ergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern, das rund zehn Prozent unter dem Vorjahreswert von 395 Millionen Euro liegt. B. Hops/H. Maass

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