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Immobilien: An den Rändern wächst das Neue

Das Angebot an neuen Wohnungen reicht von Genossenschaftsprojekten bis hin zu Luxusapartments.

Eine Brachfläche, so weit das Auge reicht. Im hinteren Bereich ein marodes Gründerzeitgebäude, links eine Tankstelle, im Hintergrund ein Friedhof. Ja, auch das ist Berlin-Mitte: eine Gegend, wo 23 Jahre nach dem Fall der Mauer die einstige Teilung der Stadt noch unübersehbar ist. Und gleichzeitig ein Raum für Möglichkeiten, die jetzt von Projektentwicklern entschlossen genutzt werden.

Denn sie wird nicht so bleiben, die Brache am nördlichen Ende der Chausseestraße, dort, wo der Glanz der Friedrichstraße mit ihren Luxusläden weit weg ist und wo Mitte in Wedding übergeht. Im nächsten Jahr wollen das Immobilienunternehmen Pantera und die Investmentgesellschaft Peakside Capital mit den Bauarbeiten auf dem weitläufigen Grundstück beginnen. Unter dem Projektnamen The Garden sollen nach Plänen des Architekten Eike Becker rund 300 Wohnungen entstehen. Die 170 Einheiten direkt an der Chausseestraße möchte Pantera-Vorstand Michael Ries an einen institutionellen Investor verkaufen, der die Apartments dann für eine Kaltmiete von voraussichtlich 12 Euro pro Quadratmeter vermieten wird. Die 130 Wohnungen im hinteren, ruhigeren Teil hingegen sieht Ries zur Vermarktung als Eigentumswohnungen vor – zu einem Durchschnittspreis von 3800 Euro pro Quadratmeter.

Dass sich Projektentwickler jetzt an die Ränder von Berlin-Mitte vorwagen, kommt nicht von ungefähr: Mitte gehört zu den begehrtesten und teuersten Wohnlagen der Stadt. Damit geraten auch Lagen ins Blickfeld, die bislang als weniger attraktiv galten: die Straßen an der Grenze zu Wedding, die Gegend um den Spittelmarkt und auch der Alexanderplatz. Dort – genauer: auf dem jetzigen Parkplatz in der Keibelstraße 6 – will die WGF AG 2013 mit dem Bau von rund 300 Wohnungen beginnen. Die Chausseestraße ihrerseits profitiert vom Neubau des Bundesnachrichtendienstes, von dem sich Projektentwickler eine Belebung der Wohnungsnachfrage versprechen. Darauf setzt auch die Natulis Group, die in der Scharnhorststraße 30–32 in einem Bestandsgebäude und vier Neubauten insgesamt 89 Eigentumswohnungen errichten will. Natulis-Vorstand James Guerin spricht von einem „zentralen und dennoch ruhigen Standort“, der alles habe, was eine attraktive Wohnlage ausmache – insbesondere viel Grün und die Nähe zum Wasser. Das hat seinen Preis: Die Wohnungen kosten bis zu 6300 Euro pro Quadratmeter.

Wohneigentum erwerben kann man auch auf der anderen Seite der Scharnhorststraße, wo der Bauträger Sanus ein ehemaliges Reichspostverteilzentrum saniert und durch Neubauten ergänzt. Um die 4000 Euro pro Quadratmeter kosten die 120 Wohnungen, von denen bisher erst 34 verkauft worden sind. Um die Ecke, in der Boyenstraße, ist sogar eine ganz neue Häuserzeile entstanden: Dort nähert sich eine Reihe von Mehrfamilienhäusern, die meisten von Baugruppen errichtet, der Vollendung.

Ähnlich viel Bewegung wie im Gebiet um den BND-Neubau gibt es auch in der Gegend zwischen Spittelmarkt und ehemaliger Mauer. Der Immobilienunternehmer Klaus Groth, der vor einigen Jahren als Erster das Potenzial dieses zentral gelegenen Standorts erkannte, hat jetzt ein neues Projekt gestartet: Unter dem Namen „Wohnen an der Wallstraße“ errichtet die Groth-Gruppe gemeinsam mit ihrem niederländischen Partner Reggeborgh knapp hundert Eigentumswohnungen. Die Fertigstellung ist für Frühjahr 2014 geplant. Ganz in der Nähe, an der Ecke der Neuen Grünstraße zur Kommandantenstraße, baut die Baywobau unter dem Namen Neue Berliner Mitte ein Ensemble aus weiteren 113 Eigentumswohnungen.

Während die Wohnungen in diesen Projekten sich mit Preisen von in der Regel um die 4000 Euro pro Quadratmeter bereits im gehobenen Bereich befinden, wird es in den zentralen Lagen von Mitte richtig teuer. Teilweise knapp über 10 000 Euro pro Quadratmeter kosten die Wohnungen im Projekt Lux, das ein spanischer Investor auf dem Neustädtischen Kirchplatz, einen Steinwurf von der Prachtstraße Unter den Linden entfernt, errichtet. Bis zu 312 Quadratmeter groß sind die Wohnungen, die bei betuchten Kunden gut anzukommen scheinen: Nach Angaben der Ziegert Bank- und Immobilienconsulting, die den Vertrieb übernommen hat, ist bereits gut die Hälfte der 64 Wohnungen verkauft oder reserviert.

„Die Quartiere rund um die Straße Unter den Linden haben sich als bislang einzige Luxuslage Berlins etabliert“, stellt Andreas Schulten vom Beratungsunternehmen BulwienGesa fest, das gerade im Auftrag des Maklerhauses Ziegert einen Wohneigentumsreport verfasst hat. „Im Gebiet zwischen Brandenburger Tor und Museumsinsel kosten nicht vermietete Eigentumswohnungen im Schnitt über 5800 Euro pro Quadratmeter.“

Deutlich mehr sind es in den Kronprinzengärten, einem von der Bauwert Investment Group initiierten Projekt direkt neben der Friedrichswerderschen Kirche. Hier erreichen die Preise für die sieben Stadthäuser und 30 Wohnungen in der Spitze 15 000 Euro pro Quadratmeter. Trotzdem betrug der Verkaufsstand im Juli bereits 70 Prozent.

In Kreuzberg hingegen sind solche Preise noch nicht bekannt geworden. Doch auch dort ist die Nachfrage nach Wohnungen hoch. Gleichzeitig gibt es, anders als in den Randbereichen von Mitte, kaum freie Bauflächen. Der Untersuchung von BulwienGesa zufolge werden in den nächsten Jahren in Kreuzberg nur etwa 560 Wohnungen auf den Markt kommen – 26 davon in einem bald fertiggestellten Neubau an der Ecke der Kreuzbergstraße zum Mehringdamm. Das größte Neubauvorhaben in Kreuzberg plant die Genossenschaft Möckernkiez, die am Rand des Gleisdreieckparks nach neuesten Angaben 450 Wohnungen errichten will. Noch ist die Finanzierung des auf 100 Millionen Euro veranschlagten Großprojekts nicht gesichert; 2013 aber, so hofft Genossenschaftsvorstand Aino Simon, sollen die Bauarbeiten beginnen.

Bereits aufgefahren sind die Bagger bei einem zweiten Großprojekt, das sich streng genommen allerdings nicht mehr in Kreuzberg befindet: Die ehemalige Bahnfläche zwischen Monumenten- und Dudenstraße, auf der die UTB Grundstücksentwicklungsgesellschaft das Projekt Am Lokdepot mit 220 Wohnungen entwickelt, gehört bereits zu Schöneberg, grenzt aber unmittelbar an Kreuzberg. Von dort kommt Widerstand gegen das Vorhaben: Eine Bürgerinitiative von Anwohnern kritisiert das Vorhaben scharf und befürchtet negative Auswirkungen auf Stadtklima und Lebensqualität. „Die Anwohner haben natürlich ein Interesse, ihre Aussicht zu bewahren“, entgegnet Thomas Bestgen, Geschäftsführer der UTB Grundstücksentwicklungsgesellschaft. Eine Bebauung des Areals sei seit langem vorgesehen.

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