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Die Debatte um eine Reform der Grundsteuer wird bereits seit 15 Jahren geführt - Grundstücksbesitzer in Ost und West bleiben weiter im Unklaren.

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Grundsteuer: Auf heißem Boden

Die Neureglung der Grundsteuer spaltet die Länder. An Vorschlägen mangelt es nicht, doch die Koalition fürchtet höhere Mieten.

Es sind gerade einmal drei kurze Sätze, auf die sich Union und SPD in ihrem 185 Seiten langen Koalitionsvertrag zur Grundsteuer verständigt haben. Darin werden die Länder im Kern aufgefordert, sich nach jahrelangem Hin und Her doch bitteschön endlich auf eine Reform der Grundsteuer zu einigen. Von einer „zeitnahen“ Modernisierung der für die Kommunen zweitwichtigsten Einnahmequelle ist in dem Koalitionspapier weiter die Rede.

Danach sieht es aber so gar nicht aus. Zu zerstritten sind die Länder über die seit Jahren vorliegenden unterschiedlichen Modelle für eine Neuregelung. Der Bund wartet ab. Zudem ist die Sorge in der Politik groß, für Mieterhöhungen durch die Hintertür verantwortlich gemacht zu werden. Der Reformstillstand könnte dazu führen, dass es auch dem Bundesverfassungsgericht irgendwann reicht und die obersten Richter entscheiden. Klar ist nur: Grundstücksbesitzer in Ost und West bleiben weiter im Unklaren über ihre künftige Steuerlast.

Seit mehr als 15 Jahren wird über eine Reform der Grundsteuer debattiert, um die auf völlig veralteten Daten basierende und komplizierte Bemessungsgrundlage für die mehr als 35 Millionen Grundstücke zu vereinfachen. Steuererhöhungen für die breite Masse sollen ausgeschlossen werden. Der Bundesfinanzhof hatte 2010 gemahnt, es sei nicht länger hinzunehmen, dass sich die Besteuerung an Einheitswerten orientiert, die in den alten Ländern auf dem Stand von 1964 und im Osten von 1935 festgeschrieben sind. Auch das Bundesverfassungsgericht befasst sich damit (AZ: 2 BvR 287/11).

Dieser Einheitswert entspricht bei weitem nicht dem aktuellen Wert. „Da muss dringend nachjustiert werden“, sagt der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft Thomas Eigenthaler. Das letzte Wort bei der Steuerhöhe haben die Kommunen per Hebesatz.

Drei Modelle liegen auf dem Tisch

Folgendes „Verkehrte-Welt“-Beispiel macht der Bremer Senat: Für ein Reihenhaus (Vorkriegsbau) in bester Lage mit 140 Quadratmeter Grundfläche seien jährlich 180 Euro Grundsteuer fällig. Mindestens 650 Euro dagegen für einen Reihenhausneubau in üblicher Lage mit derselben Grundfläche.

Auf dem Tisch lagen zuletzt drei Modelle, die von Ländergruppen jeweils favorisiert wurden. Da gibt es die „Einfach-Grundsteuer“ der Südländer, die lediglich die Fläche eines Grundstücks und Gebäudes als Bemessungsgrundlage für die Besteuerung heranzieht. Lage und Ausstattung der Gebäude wären egal. Ein von Bremen vorgelegtes Modell orientiert sich eher am Verkehrswert der Grundstücke. Thüringen wiederum hat ein Kombinationsmodell vorgeschlagen. Die CSU pochte zuletzt darauf, dass die Länder selbst die Höhe festlegen können.

Der Chef der Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, kann das Länder-Gezerre nicht mehr nachvollziehen: „Seit Jahren gibt es konkrete Pläne, aber es wird immer wieder gerechnet und verworfen“, beklagt er. Dabei würden sich Städte und Gemeinden über Zusatzeinnahmen freuen. Für 2013 wurden 12,1 Milliarden Euro erwartet, bis 2018 könnte das Aufkommen auf 13,2 Milliarden klettern. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, kann sich vorstellen, dass es „im gewissen Umfang“ zu Erhöhungen kommt. Schließlich falle die Grundsteuer hierzulande im europäischen Vergleich gering aus.

Am Ende könnten Kommunen eine Neuregelung nutzen, um die Hebesätze anzuheben und mit dem Finger dann auf Länder und Bund zu zeigen. Eine höhere Steuer würde nicht nur Immobilienbesitzer treffen, sie kann auch auf die Miete umgelegt werden. Der Aufschrei wäre groß, der „Schwarze Peter“ würde am Ende bei der schwarz-roten Koalition liegen. Die aber will den Mietpreisanstieg bremsen. Alles deutet darauf hin, dass die Richter einmal mehr die Richtung vorgeben. (dpa)

André Stahl

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