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Immobilien: Aussicht auf Entschädigung

Die Stadtsparkasse München hat Käufern einer unrentablen Berliner Wohnanlage einen finanziellen Ausgleich angeboten – die Landesbank Berlin ziert sich noch

Das Geschäft mit der Eigentumswohnung in der Neubausiedlung in Mahlow wurde auf höchster Ebene eingefädelt: Ein Vorstand der Landesbank Berlin (LBB) habe ihm geraten, eine Wohneinheit in dem Gebiet vor den Toren der Stadt zu erwerben, erzählt der Berliner Rechtsanwalt Lothar Pysall. Er selbst, so habe der LBB-Vorstand geschwärmt, werde ebenfalls ein Objekt kaufen. Das habe ihn überzeugt, sagt Pysall.

Die Geschichte klingt plausibel: Denn auf der Liste der Mahlower Eigentümer stand am Ende nicht nur der LBB–Manager Jochem Zeelen. Auch Ex-Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU) mit Ehefrau Sabine kauften sich in Mahlow ein. Der frühere CDU-Schatzmeister Dankward Buwitt und Christine Buwitt griffen gleich zwei Mal zu, und auch der frühere Chef der Berliner CDU und Berlin-Hyp-Vorstand Klaus Landowsky sowie Berlin-Hyp-Aufsichtsrat Leopold Tröbinger engagierten sich persönlich.

Der gesammelte Sachverstand hat nicht geholfen. Für Investor Pysall ist heute klar: Der Erwerb der Mahlower Immobilie war ein wirtschaftlicher Fehler: Rund zehn Prozent der Wohnungen stehen leer. Und auch die vermieteten Immobilien machen den Eigentümern kaum Freude: Die Erträge sind viel geringer, als ihnen die Verkäufer einst versprochen hatten.

Das Gericht gab den Anleger Recht

Klar, dass die Anleger verärgert sind. Und dass sie versuchen, ihr Geld zurückzubekommen. Die Anleger, die den Einstieg über die Münchner Stadtsparkasse einstielten und finanzierten, haben dabei sogar gute Karten: Eine in München wohnhafte Eigentümerin hatte die Stadtsparkasse verklagt – und in der ersten Instanz gewonnen. Die Stadtsparkasse hat nun den Anlegern, denen sie nicht nur zum Einstieg geraten hat, sondern deren Immobilie sie auch finanzierte, einen Vergleich angeboten: Sie will 25 Prozent des Kaufpreises zurückerstatten.

Für die Kunden der LBB könnte dieses Modell ein Vorbild sein – und der Bankgesellschaftstochter einen kostspieligen Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang ersparen. Auch Pysall würde von einem Vergleich profitieren. Bis heute hat er durch Leerstand und Mieterwechsel schon die geplante Einnahme eines Jahres verloren. Und die Verluste steigen: Die Mieten sind zu gering, um die Kosten für den Erwerb der Immobilie zu decken. Die Frustration des Rechtsanwaltes im Ruhestand ist nun so groß, dass er auch eine Klage gegen die LBB nicht ausschließt.

Dass die Klage in München erfolgreich war, liegt an der Interessenverquickung des Instituts, das die Anlage verkaufte. Wie die Stadtsparkasse München war auch die LBB über eine Tochterfirma an der „Wohnbau- und Planungsgesellschaft Mahlow“ beteiligt, die die 842 Wohnungen errichtete.

Diese Verflechtung sollen beide Geldhäuser ihren Kunden beim Verkauf der Eigentumswohnungen verschwiegen haben – obwohl sie laut Rechtssprechung dazu verpflichtet sind. Das ist der Vorwurf der Kläger. Das Landgericht München urteilte, dass die Stadtsparkasse München die Eigentumswohnung von ihrer Käuferin zurücknehmen und der Anlegerin alle bisherigen Kosten ihrer Investition, Zinsen inklusive, erstatten muss (Aktenzeichen: 28017577/01).

Rechtsanwalt Günther Hemmerling, der die Klägerin in München vertrat, ist der Auffassung, dass der Münchener Fall auch auf Berliner Käufer von Wohnungen in Mahlow übertragbar ist – zumindest wenn diese die Immobilie von der LBB angeboten bekamen und von der Landesbank zugleich auch den Kredit für den Wohnungskauf erhalten hatten. Nach seinem Erfolg in München hat Hemmerling eine zweite Musterklage bereits vorbereitet – anhand des Falles Pysall.

Der Vorteil des Vergleichs für die Anleger: Sie bekommen zwar nur ein Viertel des Preises zurück, dürfen dafür aber vermutlich die Steuervorteile behalten, die sie bereits genutzt haben. Würde das ganze Geschäft rückgängig gemacht, könnte der Fiskus Steuernachzahlungen in teilweise beträchtlicher Höhe von den Betroffenen verlangen. Denn die Anlage unterliegt dem Fördergebietsgesetz. Und das heißt, dass die Käufer in den ersten fünf Jahren 50 Prozent der Erstellungskosten für die Wohnung von ihrem zu versteuernden Einkommen abziehen konnten.

Ob auch Berliner Käufer von Mahlower Wohnungen in den Genuss dieser Lösung kommen, ist völlig offen. Hemmerling gibt an, sich seit Mai vergeblich um Gespräche mit Verantwortlichen in dem zur Bankgesellschaft gehörenden Kreditinstitut zu bemühen. Eine Sprecherin der Bankgesellschaft Berlin (BGB), zu der die Landesbank gehört, sagte: „Die BGB und ihre Töchter äußern sich prinzipiell nicht zu Kundenbeziehungen und Klageandrohungen.“ Bei der Stadtsparkasse München hieß es, dass „sie ihre Aufklärungspflichten nicht verletzt hat und deshalb das Urteil des Landgerichts München 1 unrichtig ist.“ Es handle sich auch nicht um ein Musterverfahren, da es „nicht ohne weiteres auf die anderen Fälle übertragbar“ sei.

Das Produkt stimmt – der Preis nicht

Käme es auch in Berlin zu einem Vergleich, wären wohl viele Anleger aus dem Schneider: Durch den Schuldenerlass dürften die Immobilien wieder wirtschaftlich sein, weil die dann geringeren Zinsen größtenteils durch Mieteinnahmen bezahlbar wären. Denn: Unvermietbar ist die Wohnanlage nicht, sagt Michael Bachmann. Der Chef der für die Verwaltung zuständigen Firma Vivant kennt die Immobilien ganz genau, denn er hatte schon zuvor als Vertriebsmann die Wohnungen verkauft. Von „dem Produkt“ war er so überzeugt, dass er sogar selbst eine Immobilie in der Siedlung erwarb.

Umgerechnet 2200 Euro je Quadratmeter hatte der Bauträger verlangt, als er die Immobilien zwischen 1994 und 1996 zum Kauf anbot. Anleger Pysall bezahlte umgerechnet 197870 Euro für eine 73 Quadratmeter große Wohnung im zweiten Obergeschoss. Pysall sagt: „Die erste Zeit ging auch alles gut, weil ich den Sorglos-Tarif erhalten hatte.“ Dabei handelt es sich um eine zur damaligen Zeit übliche „Mietgarantie“, die Bauträger Käufern anboten, um sie in Sicherheit zu wiegen. Fünf Jahre lang überwies der Bauträger die vereinbarten Beträge – unabhängig davon, ob und zu welcher Miete die Wohnung einen Interessenten gefunden hatte.

Doch kurz nachdem die Garantie abgelaufen war, ging der Bauträger in die Insolvenz. Die Folge: Pysall hatte niemanden mehr, gegen den er seine Forderungen auf Ersatz der durch einen unliebsamen Mieter verursachten Schaden erheben konnte. Nachdem die Mietgarantie weggefallen war, offenbarte sich außerdem noch das Ausmaß des finanziellen Flops: Kosten von rund 888 Euro im Monat standen auf einmal nur noch Einnahmen von 654 Euro gegenüber. Im Klartext: Monat für Monat muss der Pensionär über 230 Euro in die Mahlower Wohnung stecken. Zieht wieder mal ein Mieter aus, wie es in dieser Wohnlage häufig der Fall ist, muss er die gesamte Summe allein aufbringen.

Deshalb hofft Pysall nun auf eine Entschädigung; ebenso wie die anderen Eigentümer einer Wohnung in der Mahlower Siedlung, die ihre Immobilie auf Empfehlung der LBB erwarben und von der Landesbank auch den für den Kauf erforderlichen Kredit bekamen. Dagegen werden vermutlich solche Grundeigentümer leer ausgehen, die ihre Wohnung von einer anderen Bank finanzieren ließen. Zu ihnen zählt auch Klaus Landowsky.

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