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Auf Grundlage seiner Neubaudatenbank geht der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen davon aus, dass die steigenden Baupreise auch auf immer höhere staatliche Auflagen zurückzuführen sind.

©  Reinhart Bünger

Baupreise: Mit den Kränen dreht sich die Preisspirale

Die Baupreise laufen der allgemeinen Preisentwicklung davon. Grund sind vor allem gestiegene gesetzliche Anforderungen und höhere Grundstückskosten.

„Die Baupreise in Deutschland – das sind die Probleme“, sagt Stefan Klingsöhr, Geschäftsführer der in Berlin tätigen Klingsöhr Unternehmensgruppe. Der Projektentwickler redete sich in dieser Woche in einem Hintergrundgespräch weiter in Rage: „Ich habe seit meiner Unternehmensgründung 1994 eine fünfzigprozentige Preisexplosion erlebt und dann fördern wir auch noch das Ankleben von Styropor an Wände, das nach zehn bis zwanzig Jahren als Sondermüll entsorgt werden muss.“ Wie soll er da preiswert Wohnraum schaffen – eine Voraussetzung für tragbare Mieten?

Nach Angaben des Statistikamtes stiegen die Baupreise in Berlin zwischen Mai 2015 und 2016 um 2,3 Prozent, während das allgemeine Preisniveau in diesem Zeitraum nur um 0,3 Prozent zulegte. Damit steigen die Baupreise fast achtmal so schnell wie die übrigen Preise.

Auch die Zahlen, die jetzt der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) in Berlin vorlegte, führen immer nur in eine Richtung: „Konnte man ein durchschnittliches Mehrfamilienhaus im Jahr 2000 für 1739 Euro pro Quadratmeter (ohne Grundstückskosten) erstellen, ist dies heute an den Top-Standorten nur noch für 3190 Euro pro Quadratmeter möglich“, berichtete GdW-Präsident Axel Gedaschko.

Das bedeutet: Für den gleichen Geldbetrag, für den im Jahr 2000 preisbereinigt noch zehn Einheiten gebaut werden konnten, gibt es 2016 nur noch 7,8. Das ist nach Ansicht der GdW ein Grund, warum die Wohnungsunternehmen „trotz beachtlicher Anstrengungen“ den Bedarf an bezahlbaren Neubauwohnungen in den Ballungsgebieten nicht decken können.

„Es führt kein Weg daran vorbei, die Rahmenbedingungen für den bezahlbaren Wohnungsneubau zu verbessern“, appellierte Gedaschko an die Politik. Die ersten Schritte seien mit den Ergebnissen des „Bündnisses für bezahlbares Wohnen“ und der Baukostensenkungskommission getan, aber die Umsetzung lasse derzeit noch auf sich warten. Neubau finde daher zum Großteil nur noch im oberen Mietpreissegment statt.

Die reinen Baupreise stiegen nicht viel mehr als die Lebenshaltungskosten

Die in dieser Woche vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg veröffentlichten aktuellen Baupreisindizes bestätigen die vom GdW beschriebene Entwicklung. Die Baupreise laufen der allgemeinen Preisentwicklung weiterhin davon. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen ermittelte im Jahresvergleich 2015 zu 2014 für die Neubauten seiner Mitgliedsunternehmen allein im Jahresvergleich einen Baukostenanstieg (inklusive Bauland) um fast zwölf Prozent auf rund 2930 Euro pro Quadratmeter.

Der BBU führt die Entwicklung auf gestiegene Baupreise und die rasante Preisentwicklung beim Bauland zurück und schließt sich Gedaschkos Forderungen an: Es geht um die Vereinfachung von Baustandards, eine Verbesserung der Versorgung mit bezahlbarem Bauland, die Reduzierung der Grunderwerbsteuer und die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Bauleistungen. Unter dem Dach des BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen sind rund 350 öffentliche, genossenschaftliche, private und kirchliche Wohnungsunternehmen in Berlin-Brandenburg organisiert.

Doch ist der rasante Anstieg der Preise allein von Bund, Ländern und Kommunen zu verantworten? Wohl kaum. So sind die Bauwerkskosten von Mehrfamilienhäusern in Deutschland nach Angaben der GdW seit dem Jahr 2000 um rund 49 Prozent gestiegen (Baukonstruktion wie Baugrube, Außenwände und technische Anlagen wie Wasser- und Energieversorgung).

Bei den reinen Baupreisen gab es im gleichen Zeitraum dagegen „lediglich“ einen Anstieg von rund 31 Prozent – leicht höher als die Lebenshaltungskosten, bei denen die Zunahme laut Statistischem Bundesamt bei 25 Prozent lag. Die Baukosten insgesamt, die neben den Kosten des Bauwerks auch die Außenanlagen, Ausstattungen und die Baunebenkosten enthalten, gingen zwischen den Jahren 2000 und 2016 sogar um 60 Prozent nach oben.

Die Neubaukosten pro Quadratmeter Wohnfläche (ohne Grundstück) in einem Muster-Mehrfamilienhaus sind von 1739 Euro im Jahr 2000 auf 2788 Euro im vergangenen Jahr gestiegen (ohne Top-Lagen). 330 Euro davon gingen allein auf das Konto von Bund, Ländern und Kommunen durch Vorgaben und Anforderungen, zudem werde das Ordnungsrecht immer schärfer, rechnete Gedaschko vor.

Seit dem Jahr 2000 sei die Energieeinsparverordnung (EnEV) vier Mal novelliert worden – mit immer höheren Anforderungen. Allein das habe die Bauwerkskosten um 6,5 Prozent ansteigen lassen. Bei Berücksichtigung der EnEV 2016 kommen Kostensteigerungen von sieben Prozent zum Tragen. In Verbindung mit dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz in der gültigen Fassung kommen nochmals weitere zwei Prozent Bauwerkskostensteigerung dazu.

Immer noch verkaufen die Kommunen Grundstücke an den Höchstbietenden

Dass die Mieten im Bestand steigen, hat natürlich auch weitere Gründe. „Die größten Preiserhöhungen für die Mieter sind in den vergangenen Jahren durch steigende Energiepreise, Stromkosten und Steuern entstanden. Diese drastische Teuerung gilt in ganz Deutschland und für alle Mieter“, erklärte Gedaschko.

Während die Nettokaltmieten bundesweit seit dem Jahr 2000 „nur“ um 21 Prozent gestiegen sind, kletterten die Preise bei den kalten Betriebskosten – Wasserversorgung, Müllabfuhr, Steuern und andere Dienstleistungen – im gleichen Zeitraum um 24 Prozent nach oben. Größter Preistreiber bei den Wohnkosten sind weiterhin eindeutig die Energiepreise. Die Verbraucherpreise für Gas, Heizöl und andere Haushaltsenergie sind seit dem Jahr 2000 um mehr als 72 Prozent gestiegen. Derzeit sind die Preise in diesem Segment aber wieder rückläufig.

Die Stromkosten, die meistens direkt mit den Anbietern abgerechnet werden und daher kein Bestandteil der von den Wohnungsunternehmen umgelegten Betriebskosten sind, kletterten seit dem Jahr 2000 ebenfalls um 103 Prozent.

Ein Dorn im Auge der Wohnungsbauer ist auch die Praxis vieler Kommunen, ihre Grundstücke immer noch nach dem Höchstpreisverfahren zu verkaufen. Das heißt: Der Investor, der am meisten Geld hinlegt, bekommt das Baugrundstück. Wenn Bauunternehmen die Höchstpreise für den Erwerb zahlen, rechnet sich das am Ende nur mit einer entsprechend hohen Miete.

Berechnungen haben ergeben, dass eine Subventionierung von Bodenpreisen eine Mietenersparnis von zehn bis 20 Prozent bringen kann. Die Kommunen seien hier gefordert, die Grundstücke an den Bewerber mit dem besten Konzept für bezahlbaren Wohnraum zu vergeben, sagt GdW-Präsident Gedaschko.

Projektentwickler Klingsöhr hält von alledem gar nichts und setzt auf die gezielte Förderung von sozialem Wohnungsbau und auf Vereinfachungen beim Aufstellen von Bebauungsplänen – damit mehr Grundstücke auf den Markt kommen. „Lasst doch Marktpreise regieren – dann gibt es auch wieder vernünftige Preise. Mögliche Gewinne werden ohnehin durch die steigenden Grundstückspreise im Rahmen gehalten.“

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