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Immobilien: Bei Mängeln die Miete mindern

Wer nur zwei von drei Räumen nutzen kann, sollte nicht die volle Miete bezahlen. Das sehen auch die Gerichte so. Doch der Mieter muss den Schaden nachweisen können

Eine Wand ist angeschimmelt, der Raum muffig und nur als Abstellraum benutzbar – Heide H. aus Kall in der Eifel zahlt für drei Zimmer, kann aber nur zwei nutzen. Der im gleichen Haus residierende Vermieter verweigert aus Kostengründen die Sanierung des alten Gemäuers. Auf das Thema Mietminderung angesprochen, unterstellte er der Witwe, sie wolle sich „auf seine Kosten die Zähne sanieren“. Die Mieterin gab kleinlaut nach. Ein krasser Fall, aber kein Einzelfall.

„Mehrere Millionen Euro verschenken Mieter jährlich in Deutschland, weil sie trotz verschiedener, teilweise erheblicher Wohnungsmängel, aus Unkenntnis oder Angst, zum Beispiel vor einer Vermieterkündigung, anstandslos weiter die volle Miete zahlen“, schreibt der Deutsche Mieterbund (DMB). Mängel muss der Vermieter abstellen oder beseitigen. Bis das geschehen ist, darf der Mieter die Miete kürzen.

„Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht“, heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in Paragraf 536. Voraussetzung: Der Mieter hat den Missstand nicht selbst verursacht, und er hat ihn unverzüglich dem Vermieter angezeigt. „Ob der Vermieter für den Mangel verantwortlich ist und ob der Vermieter den Mangel überhaupt beseitigen kann, spielt keine Rolle“, stellt der Mieterbund klar.

Gründe zur Mietminderung gibt es viele: Die Räume sind nicht mehr in einem ordnungsgemäßen Zustand, technische Einrichtungen wie Aufzug oder Heizung sind defekt, Schadstoffe oder Nässe gefährden die Gesundheit oder Lärm und Gestank nerven. Die Miete kann auch gemindert werden, wenn zugesicherte Eigenschaften der Wohnung fehlen oder wegfallen. Zugesicherte Eigenschaften einer Wohnung sollte man sich deshalb immer schriftlich geben lassen. Sonst geht man leer aus. Der Mieterbund nennt ein Beispiel: „Weist der Vermieter bei Vertragsschluss darauf hin, die Badezimmerarmaturen würden alle erneuert, oder kündigt er an, die Einfachfenster zu ersetzen und gegen Energiesparfenster auszuwechseln, dann muss er modernisieren.“ Passiere während der Mietzeit nichts, dann könne der Mieter die Miete kürzen.

In diesen Fällen empfehlen Mietervereine, den Dauerauftrag oder die Einzugsermächtigung zu stornieren und die gekürzte Miete „per Hand“ zu überweisen. Rechenbasis ist die Bruttomiete, also auch Nebenkosten werden gekürzt. Wie hoch die Mietminderung ausfallen darf, beschäftigt regelmäßig die Gerichte. Ein Dauerbrenner ist das Thema Heizung. Fällt im Winter die Heizung aus, muss unter Umständen gar keine Miete gezahlt werden (LG Hamburg, WM 76,10; LG Berlin, WM 93, 185). Je nach Kältegraden gestatteten andere Gerichte Kürzungen von 50 bis 75 Prozent. Auch bei Hochwasser gilt: null Euro Miete.

Anders Lärm: Kinderlärm ist hinzunehmen, Baulärm erlaubt Kürzungen von 30 bis 60 Prozent (AG Hamburg, WM 87, 272). Lärm aus der Nachbarwohnung bis in die Nachtzeit wird mit 40 bis 50 Prozent abgegolten (AG Braunschweig, M 90, 147). Auch Ungeziefer nagt an der Miete. Mäuse und Kakerlaken über Monate im Haus – zehn Prozent Minderung, bei einer Plage 100 Prozent (AG Brandenburg, WM 2001, 605). Im und am Haus nistende Tauben sind Grund, die Miete um ein Zehntel zu mindern (LG Berlin, MM 95, 354). Auch fremder Zigarettenrauch und Essensgerüche ermächtigen zu 20 Prozent Kürzung, wenn die Wohnung schlecht abgedichtet ist (LG Stuttgart, WM 98, 724).

Bei Schimmelbildung darf der Mieter um 20 Prozent kürzen (LG Osnabrück, WM 89, 370). Sind alle Räume einer Neubauwohnung verschimmelt, sind 75 Prozent Minderung statthaft (LG Köln, WM 2001, 604). Hohe Belastungen mit Umweltgiften wie PCP oder Lindan erlauben je nach Messergebnis 30 bis 100 Prozent Kürzung, manche Gerichte billigen auch die fristlose Kündigung.

Wer zu stark die Miete kürzt, muss keine Kündigung befürchten, allenfalls droht eine Nachzahlung. Unseriöse Vermieter drängen Mieter auch oft, auf ihre Mietminderungsrechte zu verzichten. Das BGB verbietet es aber, das Recht auf Mietminderung vertraglich auszuschließen oder zu beschränken. Hans Reinold Horst vom Verband Haus&Grund weist aber darauf hin, dass eine Vereinbarung zulässig ist, „die einen konkret gegebenen schlechten Bauzustand bei Vertragsbeginn als vertragsgemäß definiert.“ Doch auch dabei müsse das Haus noch den Vertragszweck Wohnen erfüllen. Unterlässt der Mieter die Mängelanzeige, kann er sein Recht auf Mietminderung nicht nur verlieren, sondern sich sogar schadensersatzpflichtig machen. Beispiel: Ein Schimmelschaden durch Nässe im Mauerwerk verschlimmert sich. Zahlt ein Mieter trotz Mangels jahrelang die volle Miete weiter, ist eine Mietminderung ausgeschlossen. Ausnahme: Der Mangel war von Anfang an vorhanden, bei Anmietung aber nicht zu entdecken.

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