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Immobilien: Der Zweck heiligt die Mittel

Mit einigem Wehmut blicken Vermieter hierzulande auf vergangene Zeiten zurück: Als Wohnraum noch rar und Büroflächen gefragt waren.Als zu Beginn der 90er Jahre ein Mietvertrag auslief, war das für Vermieter meist ein Grund zur Freude.

Mit einigem Wehmut blicken Vermieter hierzulande auf vergangene Zeiten zurück: Als Wohnraum noch rar und Büroflächen gefragt waren.Als zu Beginn der 90er Jahre ein Mietvertrag auslief, war das für Vermieter meist ein Grund zur Freude.Ein Nachmieter war in guten Lagen leicht zu finden, und dieser zahlte meist einen höheren Quadratmeterpreis als sein Vorgänger.Heute ist der Markt für Büroimmobilien in der Bundesrepublik von hohen Leerstandsraten gekennzeichnet.Die Preise für gewerbliche Immobilien sind erheblich gefallen.Wer jetzt noch an einen alten, teuren Mietvertrag gebunden ist, der sucht Mittel und Wege ihn zu kündigen.Der Rechtsweg ist dabei keineswegs ausgeschlossen.

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten hängt das Überleben einer Firma oft davon ab, ob sie in allen Deckungsbeiträgen wettbewerbsfähig ist.Mieten sind da wichtig wie andere Verpflichtungen.Kein Wunder, daß Unternehmer versucht sind, ihre alten, kostspieligen Verträge zu kündigen, um preiswertere Immobilien anzumieten.Eine beliebte Strategie zur vorzeitigen Kündigung ist die Berufung auf die Nichteinhaltung der Schriftform bei gewerblichen Mietern.Darauf verweist der Rechtsanwalt und Notar Michael Schultz von der Berliner Kanzlei Schultz & Seldeneck auf einer Fachkonferenz "Mietrecht für Gewerbeimmobilien" in Frankfurt (Main).Mit dem Verweis auf diesen Mangel könnte Mieter wie Vermieter gemäß Paragraph 566 Satz 2 BGB ein gewerbliches Mietverhältnis grundsätzlich vorzeitig kündigen und zwar nach den gesetzlichen Fristen: also 6 Monate zum Quartalsende.Nachdem diese Möglichkeit publik wurde, kam es zu einer Vielzahl vorzeitiger Kündigungen.Da ließ ein Gerichtsstreit nicht lange auf sich warten.Das Ergebnis: In einem Urteil vom Herbst 1997 schränkte der Bundesgerichtshof (BGH) zwar die Kündigungsmöglichkeiten wegen Nichteinhaltung der Schriftform ein; die Schriftformerfordernis besteht aber weiterhin.

Gerade Vermieter sollten daher nach Auffassung des Anwaltes bei Vertragsabschlüssen große Sorgfalt walten lassen.Sogar Kleinigkeiten seien zu beachten, auch wenn sie juristisch noch so spitzfindig erschienen.Bestehe beispielsweise ein Vertrag aus mehreren Seiten, sei es nicht ausreichend, diese einfach miteinander zu verklammern oder sie lose in einen Ordner abzuheften.Die Vertragspartner müßten die Seiten vielmehr vor oder unmittelbar nach Unterzeichnung ihrer Vereinbarung zusammenbinden, mit Ösen beispielsweise oder leimen.

Eine Ausnahme von dieser Regelung bestehe nur dann, wenn die Unterlagen eine fortlaufende Paginierung oder Numerierung aufweisen, wenn sie eine einheitliche graphische Gestaltung haben oder inhaltlich eindeutig in einer bestimmten Reihenfolge miteinander verbunden sind.Soll der Vertrag über die gesamte oft zehn Jahre währende Laufzeit rechtswirksam bleiben, dann dürften die Ösen auf keinen Fall zwischenzeitlich gelöst werden, betonte Schultz.Was aber tun, wenn der Vertrag doch einmal versehentlich geöffnet wurde? Dann, so empfiehlt der Rechtsanwalt, daß der dafür verantwortliche Vertragspartner sein Versehen festhält, und dies durch seine Unterschrift mit Datumsangabe dokumentiert.Auch für die Festschreibung von Nachträgen und Ergänzungen verweist der Anwalt auf feste formale Regeln.Diese, bei gewerblichen Verträgen durchaus häufigen Ergänzungen, seien unbedingt mit dem Hauptvertrag im Augenblick der Unterzeichung zu verklammern.Darauf dürften die Vertragspartner nur in seltenen Ausnahmefällen verzichten.

Neben der Verletzung der Schriftform sehen Gewerbemieter seit einigen Jahren auch in einer fehlenden Untervermietungserlaubnis einen beliebten Anknüpfungspunkt, um sich vorzeitig aus einem langfristigen Mietvertragsverhältnis zu lösen.Zwar hat der Mieter von Gewerberäumen grundsätzlich keinen Anspruch auf Erteilung einer Untermieterlaubnis.Diese schließt jedoch das Sonderkündigungsrecht des Mieters gemäß Paragraph 549 Absatz I S.2 BGB nicht aus.Diese Vorschrift sei vielen Vermietern offenbar unbekannt, so Schultz.Dabei kann der Mieter unter Berufung auf diesen Paragraphen im Falle einer nicht erteilten Untervermietungserlaubnis berechtigt das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen.

Gegen ein solches, vom Mieter eingefordertes Recht auf Untervermietung kann der Vermieter kaum vorgehen.Wenn er diese Regelung mit einer deutlichen Erhöhung des Mietzinses verbindet, kommt dies nach Auffassung der Gerichte einer Ablehnung gleich und löst ebenfalls das Sonderkündigungsrecht aus.Allerdings muß ein gewerblicher Vermieter nicht jeden Untermieter akzeptieren, so der Rechtsanwalt.Hält sich ein Untermieter bezüglich des Vertragszwecks nicht an die mit dem Hauptmieter abgeschlossenen Vereinbarungen, dann kann der Vermieter die Untervermietung ablehnen, ohne das Sonderkündigungsrecht nach Paragraph 549 I Satz 2 auszulösen.

Dazu sagen die Juristen: Der Mietzweck definiert das Gebrauchsrecht.So darf ein Apotheker nicht einen Teil der Fläche, die er für seinen Betrieb angemietet hat, an den Betreiber eines Spielsalons untervermieten.Manche Gerichte sind bei der Auslegung des Gebrauchsrechts sogar noch restriktiver.So wurde es einem Textileinzelhändler untersagt, an einen Blumeneinzelhändler unterzuvermieten.

CORNELIA HEER

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