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Immobilien: Ein altes Nutzgras namens Emmer

Nachstehend veröffentlichen wir die vom Botanischen Garten für diese Woche herausgegebene Zusammellung besonders sehenswerter Pflanzen, die im Freigelände oder in den Gewächshäusern mit einem roten Punkt gekennzeichnet sind. Der Garten ist täglich von 9 Uhr an geöffnet, die Gewächshäuser am Wochenende ab 10 Uhr.

Nachstehend veröffentlichen wir die vom Botanischen Garten für diese Woche herausgegebene Zusammellung besonders sehenswerter Pflanzen, die im Freigelände oder in den Gewächshäusern mit einem roten Punkt gekennzeichnet sind. Der Garten ist täglich von 9 Uhr an geöffnet, die Gewächshäuser am Wochenende ab 10 Uhr.

Freiland. Nicht nur auf den Feldern der Mark Brandenburg reift jetzt das Getreide, sondern auch im Botanischen Garten. Vor dem Haupteingang ins Gewächshaus P ist in diesen Wochen ein ganz besonderes Gras zu sehen - der Emmer, eine einjährige Pflanze aus dem Nahen Osten, wo sie im Gebiet des so genannten Fruchtbaren Halbmonds, das heißt in den heutigen Staaten Israel, Jordanien, Libanon, Syrien, im Süden der Türkei, im Irak und im Südwesten des Irans, natürlich vorkommt. In nur drei bis vier Monaten vollendet der Emmer seinen Lebenszyklus, sein Tod ist leicht am Wechsel von grün zu gelb zu erkennen. Nach der Reife zerbrechen die lang begrannten Ähren, werden vom Wind oder an der Körperoberfläche von Tieren verbreitet und finden so neue Standorte, wo die Pflanzen erneut keimen.

Die Früchte von Nutzgräsern wie dem Emmer wurden bereits in der Altsteinzeit gesammelt, mühsam auf Mahlsteinen zerrieben, was man noch Jahrtausende später an den dadurch bedingten krankhaften Skelettveränderungen erkennen kann, zu Brei verkocht und gegessen. Die ältesten Funde stammen vom See Genezareth (Yam Kinnereth, Bar et-Tabarije), sie sind etwa zwanzigtausend Jahre alt. Da diese Gräser im Nahen Osten in hoher Individuenzahl pro Flächeneinheit anzutreffen sind, gleichzeitig reifen, schnell zu sammeln und lange zu lagern sind, erwiesen sie sich als ideale Nahrungsmittel. Dadurch war es weltweit zum ersten Mal möglich, pflanzliche Nahrungsreserven aufzubauen.

Kein Wort ist zu groß für dieses Gras, das auf den ersten Blick wie ein verkümmerter Weizen aussieht. Es ist nämlich gleichzeitig auch die älteste je vom Menschen nachweislich kultivierte Pflanze. Als sie aus dem Nahen Osten nach Europa und Nordafrika gebracht wurde, revolutionierte sie den Lebensstil der dort lebenden Menschen. Durch den Aufbau von Nahrungsmittelreserven waren erstmals im Nahen Osten, später in Südosteuropa und Ägypten die Voraussetzungen für Sesshaftwerdung und Arbeitsteilung gegeben. Die ältesten Funde in Europa stammen aus einer Höhle am Peloponnes in Griechenland. Damit begann die Landwirtschaft in Europa.

Umfangreiche Informationen zu diesem Thema finden sich bis 29. September 2002 im Botanischen Museum in der Ausstellung „Die Pflanzenwelt im antiken Griechenland". Dort sind auch Ernteabfälle aus Abusir in Ägypten zu sehen, Beweis für Anbau von Emmer zurzeit des Alten Reichs (5. Dynastie). Erst im Laufe späterer Jahrtausende hat der ertragreichere und Kälte resistentere Weizen in Europa den Emmer verdrängt. Allerdings ist Weizen, heute die weltwirtschaftlich bedeutendste Nutzpflanze, gleichsam eine Tochter des Emmers - zwei Drittel seines Genoms stammen von diesem alten Nutzgras. H. W. Lack

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