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Einrichtung: Die Wand kommt aus der Mode

Offene Architekturen fordern neue Möbel: Vorne hui, hinten Spanplatte? Diese Zeiten sind vorbei. Sich nur von einer Schokoladenseite zeigen zu können, reicht für viele neue Möbel nicht mehr aus.

Denn laut den Trendexperten verschmelzen die einzelnen Zimmer immer häufiger zu großzügigen Wohnzonen. Vor allem Sofas und Regale stehen deshalb nicht mehr unbedingt an der Wand, sondern oft frei im Raum. Aber auch für andere Möbel hat die aktuelle Entwicklung Folgen.

Ausgelöst wurde die neue Flexibilität durch den Trend zum Loft. Zwar wohnen nur wenige Menschen tatsächlich in alten Fabrik- oder Büroetagen ohne Zwischenwände. Doch viele Möbelhersteller inszenieren ihre Entwürfe am liebsten in einem derartigen Ambiente. Diesem Look würden viele gerne nacheifern. Doch die Realität hält dem Wunschbild nicht immer stand, denn Platz ist oft knapp. Da hilft nur, möglichst effizient planen. Tote Winkel und nur selten genutzte Bereiche sind ein Auslaufmodell.

„Wir wollen ein wirkliches Leben in allen Räumen“, erklärt die Inneneinrichtungsexpertin Katharina Semling. Wenn schon kein Loft, dann sollen zumindest im Reihenhaus die Mauern zwischen Küche, Ess- und Wohnzimmer fallen, damit ein offener Wohnbereich entsteht. Entsprechend verändert sich die Einrichtung. So wird die klassische Einbauzeile beispielsweise um Kochinseln erweitert, an denen mehrere Menschen gleichzeitig in den Töpfen rühren können. Ebenfalls im Trend sind Sitzbänke für den Küchenbereich. Die haben aber nichts zu tun mit dem altbekannten Eckbank-Ensemble. „Das sind jetzt ganz edle Teile, zum Beispiel aus Vollholz und Leder.“ Für kleinere Räume haben so gut wie alle Hersteller mittlerweile Tische im Programm, die durch Ausklappen, -schwenken oder -ziehen ihre Maße vergrößern können.

Wenn Mauern im Haus fallen, heißt das aber zugleich: Es gibt weniger Stellplatz an der Wand. Und damit sind wir wieder am Anfang: Deshalb müssen die neuen Möbel auch von hinten gut aussehen.  Um den Räumen dann aber Struktur verleihen zu können, sind Nischen nötig. Das sieht zum Beispiel der israelisch-französische Designer Arik Levy derzeit als eine der großen Herausforderungen im Möbelbereich. „Durch die neue, offene Architektur ist die Notwendigkeit da, neue Typen des Raumteilers zu entwerfen“, sagt er. „SH05 Arie“ lautet der Name seines Lösungsvorschlags, den er für e15 aus Oberursel entworfen hat. Hinter der nüchternen Ziffern- und Buchstaben-Kombination verbirgt sich ein Regal, das ohne Rück- und Seitenwände auskommt und so von allen Seiten benutzt werden kann. Außerdem ist es im Prinzip unendlich erweiterbar – werden viele Elemente aneinandergefügt, gliedert das Regal fast wie eine Wand den Raum. Und das sei gerade in Zeiten der loftartigen Architektur wichtig, sagt Levy. Denn die Räume hätten sich zwar verändert – die Menschen mit ihrem Bedürfnis für Rückzugsecken jedoch nicht. Und deshalb wird auch da wieder geteilt, wo vorher die Wände erst eingerissen worden sind. Sandra Cantzler (dpa)

Sandra Cantzler (dpa)

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