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Wie der Strom in den Tank kommt, ist heute vielerorts noch ungeklärt.

© Jan Woitas/dpa

Elektroautos: Leichter laden in der Tiefgarage

Bundesumwelt- und Justizministerium stimmen sich über Änderungen im Wohneigentumsgesetz und beim Mietrecht beim ab. Die Frage ist, wann Anspruch auf eine Lademöglichkeit besteht.

Das Laden von Elektro-Autos in Tiefgaragen soll durch Neuregelungen im Wohnungseigentumsrecht und im Mietrecht erleichtert werden. Wie ein Sprecher des Bundesjustizministeriums auf Anfrage bestätigte, stehe sein Ministerium darüber seit Ende 2015 in Gesprächen mit dem Bundesumweltministerium. Derzeit hemmen Unsicherheiten über die rechtlichen Konsequenzen den Bau der Stromzapfstellen.

Für die von der Bundesregierung gewünschte und mit Zuschüssen ausgestattete Offensive der Elektromobilität fehlt es derzeit noch an einer ausreichenden Ladeinfrastruktur. In der Diskussion wird viel über Ladesäulen im öffentlichen Raum gesprochen. Viel wichtiger wären indes Angebote auf Privat- und gewerblichen Grundstücken. Aktuelle Studien belegen, dass bis zu 90 Prozent aller Ladevorgänge im privaten Bereich im Wohnumfeld oder am Arbeitsplatz stattfinden.

Das Bundesumweltministerium unter Barbara Hendricks (SPD) möchte deshalb prüfen lassen, ob der „Markthochlauf der Elektromobilität“ durch Änderungen im Wohneigentums- und im Mietrecht gefördert werden könnte. Pressesprecher Andreas Kübler: „Das Bundesumweltministerin setzt sich dafür ein, dass klar geregelt wird, unter welchen Voraussetzungen Mieter und Wohnungseigentümer einen Anspruch auf die Installation einer Lademöglichkeit haben.“

Es geht es um das Wie, nicht um das Ob

Federführend innerhalb der Bundesregierung sei für diese Themen das Bundesjustizministerium. „In einem Schreiben an Bundesjustizminister Heiko Maas hat sich Ministerin Hendricks für entsprechende Regelungen zur Förderung der Elektromobilität eingesetzt“, teilte Sprecher Kübler mit. Das Bundesjustizministerium steht diesem Thema aufgeschlossen gegenüber.

Entwicklung der Zahl der zugelassenen Elektro-Autos und Hybridfahrzeuge in Deutschland.
Entwicklung der Zahl der zugelassenen Elektro-Autos und Hybridfahrzeuge in Deutschland.

© dpa

Piotr Malachowski, Sprecher von Heiko Maas (SPD): „Wir werden gern etwaigen Änderungsbedarf an den bisherigen Regelungen prüfen, benötigen dafür aber weitere Expertise. Das wurde dem Bundesumweltministerium mitgeteilt. Wir warten jetzt auf Rückmeldung.“ Dabei geht es um das Wie, nicht um das Ob.

Einfach ist es nicht, eine rechtssichere Lösung zu finden. Zumal es um viel Geld geht. „Das Umweltministerium“, sagte Sprecher Kübler dem Tagesspiegel, „möchte keine Regelung, durch die der Wohnungsneubau unnötig verteuert wird.“ Man wolle die Elektromobilität fördern, aber das dürfe nicht zulasten von bezahlbarem Wohnraum gehen.

Wenn aber tatsächlich bis zum Jahr 2020 eine Million E-Mobile durch Deutschland rollen sollen – wie von der Bundesregierung angekündigt – dann muss es auch Lademöglichkeiten in Tiefgaragen geben. Nirgends gibt es über Nacht einen besseren Ort für das „Auftanken“ der Batterien.

Juristische Grauzone bereitet Kopfzerbrechen

Problematisch bei der Bereitstellung von Ladestationen in Mehrfamilienhäusern ist die Verteilung der Kosten. So muss geregelt sein, wer für die Installation der Technik mit besonderen Schutzvorkehrungen aufkommt, wer Zugang zum Anschluss hat und wie der für die Autobatterie gezapfte Strom abgerechnet wird.

Es ist nachvollziehbar, dass ein Miteigentümer in einer Gemeinschaftswohnanlage nicht die Einrichtung einer Ladestation mitfinanzieren will, wenn er selbst gar nicht Auto fährt – geschweige denn bereit ist, den Stromverbrauch über den Posten „Gemeinschaftsstrom“ mitzufinanzieren. Andererseits stellt sich die Frage, ob ein Elektromobilist nicht sogar einen Anspruch auf die Bereitstellung eines Ladepunktes haben könnte.

Diese juristische Grauzone bereitet vielen Anhängern der Elektroautos Kopfzerbrechen. So auch Frank Pawlitschek. Er ist Geschäftsführer der ubitricity Gesellschaft für verteilte Energiesysteme mit Sitz am Euref-Campus, dem alternativen Forschungs- und Entwicklungsstandort am ehemaligen Gasbehälter in Schöneberg.

Pawlitschek weiß „von sich häufig als problematisch herausstellenden Zustimmungsbeschlüssen der Eigentümerversammlung“. Er hofft darauf, dass „bis Jahresende“ im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) Rechte und Pflichten eindeutig geregelt werden. Nach seiner Erfahrung würden sich derzeit viele Verwalter und Vermieter mit Blick auf die Kosten gegen die Installation von Ladepunkten in Mehrfamilienhäusern sträuben.

"Mieter und Vermieter dürfen keinen weiteren Kosten ausgesetzt werden"

Eine Ladestation mit drei Anschlüssen bei der diesjährigen Hannover Messe. Teuer sind besonders die Schnelllademöglichkeiten.
Eine Ladestation mit drei Anschlüssen bei der diesjährigen Hannover Messe. Teuer sind besonders die Schnelllademöglichkeiten.

© Ole Spata/dpa

„Alle gesetzlichen Regelungen rund um das Wohnen sollten künftig auf ihre Folgen für die Wohnkosten hin geprüft werden,“ sagte auf Anfrage Axel Gedaschko, Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Sollte es Auflagen bei der E-Mobilität für den Wohnungsneubau geben, dürften Mieter und Vermieter keinen weiteren Kosten ausgesetzt werden.

Wichtig ist für Gedaschko auch, „dass der Vermieter weiterhin selbst entscheiden kann, wenn es darum geht, auf seinem Grund private Ladepunkte zu installieren“. Und überdies solle die Bundesregierung bei der E-Mobilität „weniger stark die Autos, sondern vielmehr die dafür notwendige Infrastruktur durch Förderung voranbringen“.

Bislang stehen potenzielle Bauherren noch nicht in der Pflicht. Martin Pallgen, Sprecher der Berliner Senatsbauverwaltung, kann deshalb auf die fehlenden rechtsverbindlichen Regelungen verweisen. Es komme „allenfalls eine entsprechende Vereinbarung in städtebaulichen Verträgen in Betracht, um bauwillige Grundstückseigentümer zur Installation von Ladesäulen zu veranlassen“.

Baugenossenschaft Steglitz baute freiwllig zwei Ladestationen

Über Neuregelungen wurde in Berlin bisher nicht nachgedacht. „Das Thema hat bei der anstehenden Änderung der Bauordnung von Berlin, die gegenwärtig im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses beraten wird, noch keine Rolle gespielt“, sagt Pallgen. Dies darf man als erstaunlich bezeichnen: Berlin wollte und sollte einmal das internationale „Schaufenster der Elektromobilität“ werden.

Die Gemeinnützige Baugenossenschaft Steglitz hat sich bei ihrem Neubauprojekt „Südlicht 11“ in Alt-Lichtenrade ganz ohne Zwang für die Installation von zwei Ladestationen in der Tiefgarage entschieden. Silvia Schlegel, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im Unternehmen: „Wir wollen damit etwas für den Umweltschutz tun und neue Innovationen einpflegen.“

Das Projekt hat Pilotcharakter, denn die Baugenossenschaft bietet an den Ladestationen lediglich einen Leihwagen-Service und hat sich dafür mit Partnern aus der Autobranche zusammengetan. Die Wohnanlage „Südlicht 11“ mit knapp 200 Wohnungen ist Anfang des Jahres fertiggestellt worden. In zwei Parkhäusern wurden insgesamt 88 Stellplätze angelegt. Von einer gesetzlichen Verpflichtung, Ladestationen einzurichten, hält Silvia Schlegel nichts. „Wir setzen lieber auf Aufklärung und nehmen die Menschen mit.“

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