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Immobilien: Flanieren zwischen Palmen und Sandstrand

Rostock lädt für 170 Tage zur „Grünen Weltausstellung am Meer“ ein – 2,5 Millionen Besucher werden erwartet

Ein Fest für alle Sinne soll sie werden, die Internationale Gartenbauausstellung (IGA) in Rostock, die seit gestern geöffnet hat. 170 Tage haben die Besucher Gelegenheit auf dem hundert Hektar großen Gelände an der Warnow, zwischen zwei Stadtteilen die „Grüne Weltausstellung am Meer“ zu erleben.

Als die Hansestadt 1997 den Zuschlag vom zuständigen „Bureau International des Exposition“ in Paris bekam, erinnerte man sich daran, dass es bereits zu DDR-Zeiten Überlegungen gab, so etwas wie eine Gartenausstellung in Rostock anzubieten. Und so dienten die alten Pläne als Grundlage für das neue Konzept: Ein Drittel der Fläche sollte bebaut, ein weiteres renaturiert und das letzte Drittel ein Landschaftspark mit Ausstellungsbeiträgen aus aller Welt werden. Das Nutzungskonzept ist aufgegangen. Doch die IGA soll nicht nur für Rostock prägend sein, sondern durch die so genannten Außenstandorte, darunter Parkanlagen, Schlösser und Herrenhäuser vor allem für den Tourismus in dieser Region werben. Allein 45 der insgesamt 46 Außenstandorte, die sich in einem eigenen Pavillon vorstellen, sind in Mecklenburg-Vorpommern. Das 46. externe Projekt ist in Berlin der Botanische Garten. Das sei eine „kleine Verbeugung“ vor dem 100-jährigen Bestehen im nächsten Jahr, erklärt IGA-Sprecher Michael Langenstein.

„Wir rechnen mit 2,5 Millionen Besuchern“, meint er und fügt optimistisch hinzu, dass „viele Gäste vermutlich nicht nur ein Mal kommen werden“. Damit dürfte er Recht haben. Allein die attraktive Lage dieser Gartenbauaustellung macht die Einmaligkeit aus. Denn einer der fünf Eingänge liegt direkt an der Warnow und ist nur mit einem der vier Fahrgastschiffe von Rostock / Stadthafen oder Warnemünde zu erreichen. Und wer ankommt, taucht sofort in die fantastische Welt der „Schwimmenden Gärten“ auf der Warnow ein. „Sie sind kein klassischer Gartenentwurf, sondern eine Symbiose aus Kunst und Gartenarchitektur“, erläutert Michael Langenstein.

Eingestimmt wird der Besucher auf die futuristisch anmutenden Inseln durch eine etwa zehn Meter hohe Skulptur auf einem „Seepferd“. Sie scheint förmlich aus den Wellen der Warnow aufzutauchen. „Das ist Njörd, der norwegische Schutzgott der Fischer und Seefahrer“, erklärt Langenstein. Entworfen hat das außergewöhnliche Ensemble der Wiener Architekt Johannes Kraus. Mit den drei begehbaren Gärten, stellt Kraus in verschiedenen Entwicklungsschritten die Evolution nach. Wassersprudel, Wasserstrahlen und Wasserfontänen beleben die Oberfläche der so genannten „Kargen Insel“, Geysire durchbrechen explosionsartig die Oberfläche, die zusätzlich von Nebel benetzt wird. An terrassierten Gesteinsfeldern entstand der „Orange Raum“, ein Kunstwerk, dessen Inneres etwa viereinhalb Meter hoch ist und an ein ausgespültes Flussdelta erinnert. In Form einer Spirale symbolisiert dagegen die „Grüne Insel“ die Entwicklungsstufe der Erde, als die ersten einfachen Pflanzen entstanden. Begehbare Holz- und Stahlobjekte in Form von stark vergrößerten Blüten, Samen und Pollen sowie eine überdimensionale Callablüte stellen auf der „Blüteninsel“ den Beginn der Vegetation dar. Und auch der fünf Meter über dem Wasser schwebende Pier, auf dem sich die Besucher tummeln, gehört zum Gesamtkunstwerk. Der lange hölzerne Anlegesteg verkörpert sozusagen die Besiedelung der Erde durch den Menschen. Grundlage dieser „Gärten“ bilden 90 Pontons von je 15 oder 20 Metern Länge und drei Metern Breite. Die einzelnen Schwimmstege wurden so miteinander verkoppelt, dass eine starre Verbindung entstand, die den Belastungen durch die Bauten, die Besucher oder den zu erwartenden Wellenschlag, Stand hält.

Gärten der Nationen

In unmittelbarer Nähe der „Schwimmenden Gärten“ liegt an der Uferseite das letzte Schiff vom Typ „Frieden“ vor Anker, 1956 / 57 als Frachter gebaut. Auf dem mit Wettersegeln überspannten Sonnendeck gibt es 250 Plätze für Genießer der norddeutschen und mediterranen Fischküche. Im Inneren wird die Ausstellung „1000 Jahre Schiffbau“ gezeigt und wer Lust hat, kann an Führungen durch das Schiff vom Peildeck bis zum Rudermaschinenraum mit ehemaligen Seeleuten teilnehmen. Über sechs Millionen Euro wurden für die umfangreichen Sanierungs- und Umbauarbeiten aufgewendet.

Das Internationale der IGA verkörpern die Nationengärten. 23 Länder geben einen Einblick in ihre Gartenkunst und Gartenkultur. Die beteiligten Nationen haben landestypische Bauten errichtet, und es entstand tatsächlich eine gelungene Mischung. Da präsentieren beispielsweise die Vereinigten Arabischen Emirate in ihrem 1500 Quadratmeter großen Garten eine 15 Meter hohe gletscherblaue gläserne Pyramide, die von einem Weg durchtrennt wird, der mit einheimischen Gewächsen bepflanzt ist. Diese Pyramide soll den Entwicklungsprozess der Emirate hin zur Urbanität der modernen Gartenstädte am Golf darstellen. Den Kontrast dazu bildet ein Haus aus Palmwedeln, wie es in den Wüstenregionen auch heute noch anzutreffen ist. Die hohen Dattelpalmen, typische Oasenpflanzen, wurden eigens eingeflogen. Aber auch China und Japan sind mit ihrer traditionellen Gartenkultur vertreten und haben die Materialien ebenfalls aus der Heimat mitgebracht. Beide Gärten gehen nach der IGA als Geschenk an die Hansestadt über. Neben weiteren asiatischen Ländern wie Nepal, Indien oder Indonesien, ist beispielsweise Südamerika mit Bolivien vertreten. Der Garten zeigt unter anderem Zeugnisse der frühen Hochkultur aus den Anden. Selbstverständlich sind auch zahlreiche europäische Nachbarn dabei.

Eine Attraktion ist auch die nachempfundene Kirche aus Weidenruten. Mit einer Kuppelhöhe von 15 Metern und einer Länge von 52 Metern soll der Weidendom das weltweit größte Naturpflanzwerk der Welt sein. Der Dom dient als Begegnungsstätte der Religionen und ist Veranstaltungsort der vier Kirchen des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Erbaut wurde er von freiwilligen Helfern ohne maschinelle Hilfe. Das Material sind Weidenruten aus der Umgebung und weitere Naturmaterialien, wie Hanf- und Kokosseile. Kurz vor Beginn der IGA wurde ein Fußboden aus Backsteinen eingefügt und auch die schwere Bronzeglocke montiert.

Selbstverständlich gehören zur Schau auch die klassischen Gartenthemen. Auf gut 17 000 Quadratmetern sollen im Rhythmus der Jahreszeiten die wechselnden Bepflanzungen immer neue, interessante Blüten hervorbringen. Dafür wurden beispielsweise Tausende Frühjahrsblüher und Blumenzwiebeln in die Erde gebracht. Die lange Verbundenheit Rostocks und seiner Bewohner mit dem Meer symbolisieren sieben sehr unterschiedlich gestaltete Themengärten. Auf über 7000 Quadratmetern können Rosenzüchtungen bewundert werden. Gepflanzt wurden sie an einem weitläufigen Hang mit Buchsbaum-Ornamenten und in einem romantischen Garten. Während der Hauptblütezeit im Juni / Juli wird die Königin der Blumen viele Besucher anlocken. Entstanden ist auch ein Rhododendren-Hain in unmittelbarer Nähe des Areals, auf dem die Friedhofsgärtner ihre Arbeiten zeigen. Neben vielen Rabatten mit Wild- und Prachtstauden werden zahlreiche Ziergehölze präsentiert. In der 10 000 Quadratmeter großen IGA-Halle, die später als Messehalle benutzt wird, zeigen die Meister des Gartenbaus in wechselnden Ausstellungen Arrangements zu saisonalen und fachlichen Themen.

Durch seine ungewöhnliche Architektur fällt der deutsche Pavillon auf, mit dem sich die Bundesrepublik an der Schau beteiligt. Er gleicht einem in Streifen geschnittenen Hügel. Mit unterschiedlichen Bepflanzungen auf diesen Streifen soll die vielfältige deutsche Felder- und Gartenlandschaft gezeigt werden. Das Motto des Pavillons „Biovision – Zukunft mit Pflanzen“ informiert über den nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen und dem daraus entstehenden Nutzen für die Menschen. Und weil es den Experten ernst ist mit der Nachhaltigkeit, geht der Pavillon zur nächsten Bundesgartenschau nach München.

Im Dreieck-Kurs über das Gelände

In der bayerischen Landeshauptstadt wird auch die Seilbahn wieder anzutreffen sein, die über das IGA-Gelände in einem Dreieck-Kurs schwebt. Mit ihren 62 Panorama-Kabinen, in denen jeweils acht Personen Platz finden, bietet sie aus einer Höhe von bis zu 26 Metern einen einzigartigen Blick auf und über das Gelände bis hinaus auf die offene See. Die Streckenlänge beträgt 2,8 Kilometer. Sechs der Kabinen sind für Rollstuhlfahrer geeignet.

Wer müde geworden ist auf der 18 Kilometer langen Wegstrecke, die das Gelände durchzieht, steuert einen der neun verschiedenen Gastronomie-Standorte an oder sucht sich in den naturbelassenen oder renaturierten Niederungen, ein stilles Plätzchen. Und da die IGA eine Veranstaltung für Jung und Alt sein soll, gibt es täglich auf verschiedenen Bühnen Tanz, Theater, Kunst und Konzerte. Spielplätze und diverse Spielgeräte sind für die Kleinsten gedacht und der feine Sandstrand am Ufer der Warnow lädt ein zum Baden, zum Faulenzen oder zu sportlichen Aktivitäten.

IGA 2003 Rostock, bis 12. Oktober, täglich von 9 bis spätestens 22 Uhr. Eintritt: Erwachsene 14 Euro (ermäßigt 10,50 Euro), Jugendliche (bis einschließlich 16 Jahre) sieben Euro. Anreise: Bahn, IGA-Express (Bahnhof Zoo zum IGA-Bahnhof Lütten Klein) Mo. bis Fr. 8.34 Uhr, Rückfahrt 17.40 Uhr, 44 Euro für ein bis fünf Personen oder „Schönes Wochende-Ticket“, Sonnabend oder Sonntag für 28 Euro. Weiteres im Internet unter www.iga2003.de .

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