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Alles neu macht der Mai. Die Deutsche Bank hat sich eine Schrumpfkur verordnet. Sie will ohne Postbank und mit weniger Filialen Milliarden sparen. Ob die Postbank-Filialen demnächst auch auf den Prüfstand kommen?

© Tobias Schwarz/AFP

Gewerbeimmobilien: Finale in der Filiale

Banken und Sparkassen können auf manche Geschäftsstelle gut verzichten: Besser kann die Lage oft nicht sein.

An der Stralauer Allee 18 in Berlin-Friedrichshain wurde am Mittwoch die Kindertagesstätte „Glückskinder“ eröffnet. Früher war hier eine Filiale der Berliner Sparkasse, später ein Fahrradgeschäft. Beide Vermietungen liefen über Wolfgang Kühne. Für den Berliner Makler sind die Räume einer Bank- oder Sparkassenfiliale "Immobilien wie fast jede andere". Für eine Neuvermietung müssten die Vormieter oder Eigentümer zwar oft einige Rückbauten vornehmen. Ihre Safes aber nehmen die Banken immer mit – leider“, sagt Kühne lächelnd.

Dafür gibt es gute Gründe. In einem Fall in Hamburg, wo ebenfalls eine Kita die Nachmieterin einer Sparkasse-Filiale wurde, musste die Stahltür zum ehemaligen Safe-Raum verschweißt werden – Kinderhände hätten in ihr zerquetscht werden können. Wolfgang Kühne erwartet, dass in den nächsten Monaten weitere Immobilien auf den Markt kommen werden, die einst von Kreditinstituten gemietet worden waren. Und das in guten Lagen: „Besonders in West-Berlin gibt es Standorte, die für Neuvermietungen interessant wären.“

Sparkassen schließen bis 2020 rund 2000 Niederlassungen

Banken und Sparkassenkunden stehen vor einer Herausforderung: Immer mehr ihrer Kunden wandern ins Netz ab, nutzen Online-Banking oder suchen sich alternative Finanzdienstleister im Netz, sogenannte FinTechs. Bargeld hebt man statt am Schalter am Automaten ab. Das Geschäftsmodell, das vor allem auf Präsenz vor Ort setzt, ist überholt. Das Bankfilial-Sterben begann bereits vor 15 Jahren. Laut Bundesverband deutscher Banken gab es Ende der 1990er Jahre zwischen Nordsee und Alpen fast 67 000 Filialen von Kreditbanken, Landesbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken.

Bis 2007 sank ihre Zahl auf 42 000, im vergangenen Monat zählte der Verband noch 38 225. Die Beratungsfirma Investors Marketing prognostiziert einen weiteren Rückgang der Kreditinstitutsstandorte in den nächsten fünf Jahren auf unter 32 500. Demnach werden allein die Sparkassen bis 2020 noch einmal rund 2000 Niederlassungen schließen.

Einen ähnlichen Aderlass hat die Deutsche Post bereits vor sieben Jahren vorgenommen. Damals verkaufte das Unternehmen 1300 Immobilien in Deutschland für eine Milliarde Euro in bar an den US-Investor Lone Star, der einen Großteil der Objekte mittlerweile weiterveräußert hat. Viele der Filialen mietete die Post zurück (Sell and Lease-back) und überließ sie später der Postbank. Diese betreibt heute bundesweit rund 1100 Filialen, 78 davon in der Hauptstadt. 300 bis 400 qm groß sind diese Finanzcenter im Schnitt. Überall ist man Mieter mit Vertragslaufzeiten zwischen fünf und zehn Jahren.

Andere Geldinstitute ziehen nach

Online-Banking bedrohe das Filialnetz nicht, sagt Postbank-Sprecherin Iris Laduch-Reichelt, „weil auch künftig für beratungsintensive Geschäfte wie zum Beispiel Geldanlage oder Baufinanzierung das persönliche Gespräch für unsere Kunden wichtig ist“. Geschlossen werde eine Filiale, „wenn sie nicht mehr unseren Bedürfnissen entspricht, von Kunden zu wenig frequentiert wird oder der Eigentümer die Immobilie weiterentwickeln will“. Im letzteren Fall versuche die Postbank in der Nähe, „möglichst im Umkreis von etwa 500 Metern“, ein neues Objekt zu finden, barrierefrei, mit Pkw-Park- und Lkw-Anfahrtsmöglichkeiten.

Das dichteste Filialnetz in der Hauptstadt besitzt noch die Berliner Sparkasse mit 118 Standorten. Aber auch sie schließt weiter Niederlassungen. So wurde erst vor wenigen Monaten das Privatkundencenter an der Friedrichstraße Ecke Leipziger Straße geschlossen, ein neues dafür in der Mall of Berlin eröffnet. Neuer Mieter an der Friedrichstraße: die Drogeriemarktkette dm.

Die Berliner Volksbank hat in den vergangenen drei Jahren nach eigenen Angaben etwa 20 Filialen geschlossen und betreibt derzeit noch rund 100. Die Berliner Bank, seit dem 1. Juli 2010 als eigenständige Marke innerhalb des Konzerns der Deutschen Bank geführt, hat aktuell 37 Filialen in Berlin und Potsdam.

Die Objekte lassen Maklerherzen höher schlagen

Nach den jüngsten Ankündigungen mehrerer Geld-Konzerne, die Zahl ihrer Niederlassungen erneut zu reduzieren, schielen viele Makler, Projektentwickler und Immobilienunternehmen auf Bankfilialen, die möglicherweise demnächst auf den Markt kommen. Laut Engel & Volkers Commercial in Berlin könnten Objekte, die zwischen 400 und 800 qm groß sind und sich in „guten Versorgungslagen“ befänden – sprich: im Stadtzentrum – für Bio- oder Drogeriemärkte wie etwa dm oder Rossmann von Interesse sein.

Ins gleiche Horn stößt Ignaz Trombello, Head of Investment bei Colliers International Deutschland: „Einige der Immobilien werden sicherlich verkauft, doch bei den meisten werden Nachmieter gesucht. Bei den häufig guten Lagen dieser Immobilien ist eine Nutzung als Einzelhandels- oder Gastronomiefläche sehr gut denkbar.“ Anke Fortkamp von Engel & Völkers gibt zu bedenken, dass neue Mieter „häufig nicht die Bonitätsstärke einer Deutschen Bank aufweisen“ und der Einzug eines Einzelhändlers „das Image eines Objektes verändert“.

Andreas Pohl, Sprecher des Vorstandes Deutsche Hypo, ist trotzdem überzeugt, „dass bei guter Lage und gutem Zustand der Immobilie sowie flexiblen Nutzungsmöglichkeiten, die den Marktansprüchen genügen, eine Anschlussvermietung oder ein Verkauf möglich ist“.

Ideal ist die Weiternutzung, wenn aus einer Bank eine Bank wird – so geschehen an den Hohen Bleichen in Hamburg. In einem herrschaftlichen Stadtpalais, das sich die Hypothekenbank 1897 vom Berliner Baurat Wilhelm Martens errichten ließ, eröffnete vor einigen Jahren die Brasserie „Die Bank“. Eindrucksvolle, sechs Meter hohe Decken und mächtigen Säulen sorgen für ein erhebendes Raumgefühl.

Der Clou: Die beiden ehemaligen Bank-Safes fungieren heute als Garderobe und Weinhumidor. Maklerin Uli Vogeler bremst etwas: „Restaurants gibt es in Berlin und Hamburg genügend. Viel besser wären Neunutzungen durch Zentren für Training und Physiotherapie oder innerstädtische Supermärkte. Daran mangelt es nämlich in beiden Städten.“

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