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Immobilien: Heller die Strahler nie leuchten

Die Weihnachtszeit ist auch in diesem Jahr wieder ungetrübt: An den vielen bunten Lichterketten stört sich niemand. Dagegen ist der „Lichtsmog“ von Reklame oder Häusern oft ein Fall fürs Gericht

Alle Jahre wieder: Lichterketten mit roten, gelben und grünen Leuchten; dazu in der Mitte ein grellweiß aufblinkender Stern, bisweilen hektisch flackernd – und das in jedem zweiten Fenster Berliner Mietskasernen. Stören mag sich daran offenbar niemand. Jedenfalls wissen weder die Vertreter der Mieter- noch der Eigentümerverbände etwas von Klagen entnervter Weihnachtsmuffel.

Erst wenn das Fest der Liebe vorüber ist, und die Lichterketten in Keller oder Dachboden verschwinden, ist es auch mit dem Frieden wieder vorbei. Dann streitet man gerne auch vor Gericht über die Zumutbarkeit von „Lichtsmog“: Leuchtreklamen, Haustürbeleuchtungen oder Gartenstrahler. Obwohl diese Leuchtkörper in vielen Fällen nicht auch nur annähernd so viel Strahlkraft haben wie die elektronisch hochgerüsteten Lichterketten.

Einer der wenigen Klagen über weihnachtlichen Schmuck lag der folgende Fall zugrunde: Ein Hund hatte seine Notdurft verrichtet und dabei das schlecht isolierte Kabel kurz geschlossen, das die weihnachtliche Lichterkette an einer öffentlichen Straße mit Strom versorgte. Der aufheulende Vierbeiner biss seinen Halter in die Hand. Dieser verklagte postwendend die Stadt auf Schmerzensgeld – und bekam Recht. Umgerechnet 500 Euro sprach ihm das Landgericht Bückeburg zu (Az: 2 O 277/96). Eine fehlende Isolierung, so die Begründung der Richter, sei nicht als allgemeines Lebensrisiko zu entschuldigen.

„Dagegen würde kein Gericht in diesem Land Klagen gegen zu helle Weihnachtsbeleuchtung stattgeben“, sagt Dieter Blümmel, Berlin-Chef des Verbandes Haus und Grund. Davon ist auch der Vize-Chef vom Mieterverein überzeugt, Reiner Wild sagt: „Es gibt Urteile zum so genannten Lichtsmog, aber uns sind keine Klagen über Licht- und Weihnachtsketten bekannt.“ Ernst nehmen müsse man jedoch die Sicherheitsmängel von vielen Lichterketten. Nicht nur auf der Straße seien Vierbeiner gefährdet, Stromschläge drohten auch in den Haushalten – sogar Brände seien in der Folge nicht auszuschließen. Wild rät: Nur Lichtketten kaufen, die das europäische Prüfzeichen „CE“ haben – auch wenn diese ein paar Euro teurer seien als schlecht isolierte andere Produkte.

Nicht auch nur annähernd auf die selbe Gegenliebe wie Lichterketten in der Weihnachtszeit stoßen Leuchtreklamen an Hausfassaden. Wer deshalb jedoch vor Gericht zieht, hat zumindest in Berlin keine gute Karten: Das Landgericht wies die Klage eines Anwohners ab, der die Miete wegen der grellen Reklame gemindert hatte. Begründung: In Großstädten müsse ein solcher Lichteinfall in Wohnungen hingenommen werden (Az: 64 S 353/03; 19. Dezember 2003).

Allerdings ist dieses Urteil nicht auf jeden Fall übertragbar. Ganz im Gegenteil: In weniger dichten Wohnsiedlungen zum Beispiel sehen die Richter die Grenzen der Zumutbarkeit einstweilen schon bei einer 40 Watt starken Außenlampe erreicht (LG Wiesbaden 10 S 46/01). Begründung in diesem Fall: Es bestehe ein „erhebliches Gefühl der Lästigkeit“ bei dem betroffenen Nachbarn. Diesem könne auch nicht zugemutet werden, seine Fenster durch Rollläden oder Gardinen zu verhängen. Der Verursacher des Lichtes müsse die Störquelle beseitigen.

Ähnlich wird das auch in Potsdam gesehen. Der Bewohner einer Villa hatte seinen Nachbarn per einstweiliger Verfügung zwingen wollen, zwei dem Schinkel-Stil nachempfundene Leuchten und einen Halogenstrahler abzubauen. Begründung: Die Leuchten seien so stark, dass der Betroffene nachts im Bett Zeitung lesen – und deshalb auch kein Auge zudrücken könne. Das Gericht schritt zur Beweisaufnahme: Gegen 21 Uhr trafen sich alle Beteiligten in der Villa des Klägers. Das Verfahren endete mit einem Vergleich: Der Nachbar erklärte sich bereit, die Strahlkraft seiner Leuchten zu halbieren.

Einen Grundsatz, wann starkes Licht von Nachbargrundstücken geduldet werden muss und wann nicht, gibt es nicht. Nach Angaben von Rechtsanwalt Andreas Kühnlein sind für die Entscheidungen der Gerichte zwei Kriterien maßgeblich: Die Beleuchtung muss ortsüblich sein, außerdem darf sie Nachbarn nicht wesentlich beeinträchtigen. „Was darunter jedoch zu verstehen ist, das ist subjektiv und entscheidet der Richter im Einzelfall“, so Kühnlein.

Entscheidungen hierüber würden oft bei einem Ortstermin getroffen. Dabei müssen die Richter zwischen zwei Interessen abwägen: Denn Grundstückseigentümer kommen mit ihrer Beleuchtung auch ihrer „Verkehrssicherungspflicht“ nach. Soll heißen: Der Weg zur Haustür und von dort zu den Mülltonnen muss beleuchtet sein, damit niemand zu Fall kommt. In der Regel, so die Erfahrung von Kühnlein, werde deshalb in Streitfällen nach einem Kompromiss gesucht: indem die Leuchte das Licht nicht streut oder seitlich abstrahlt, sondern stattdessen einen Lichtkegel bildet, der nur auf den gewünschten Weg fällt.

Übrigens: Nicht nur Nachbarn streiten oft um mehr Licht – oder auch weniger. Einstweilen gehen Nutzer von Immobilien auch gegen den Bezirk oder das Land vor, weil eine Straßenlaterne ihnen die Nacht zum Tage macht. Hier stehen die Chancen für die Betroffenen nicht schlecht, sich gegen die Öffentliche Hand durchzusetzen. Denn ähnlich wie Eigentümer privater Grundstücke müssen auch Verwaltungen darauf achten, dass die Verkehrssicherheit auf dem Straßenland nicht in den Wohnungen Opfer schlafloser Nächte zur Folge hat.

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