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Hochpreisprojekte: Der Krise zum Trotz: Teuer geht immer

In Berlin werden wieder mehr Wohnungen gebaut – vor allem im gehobenen Preissegment.

Bauarbeiter schreien ins Handy, Fassadenteile schweben durch die Luft, Presslufthämmer kreischen: Auf der Baustelle der Choriner Höfe zwischen Choriner und Zehdenicker Straße im Stadtteil Mitte geht es heftig zur Sache. Bis Mitte 2011 will Alexander Harnisch von der deutsch-israelischen Investorengemeinschaft Diamona & Harnisch die 126 Wohnungen fertiggestellt haben. Und obwohl der Durchschnittspreis stolze 3600 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche beträgt, hat er bereits für rund zwei Drittel der Einheiten Käufer gefunden.

Auch zahlreiche weitere gehobene Wohnungsprojekte nehmen derzeit in Berlin Gestalt an – und provozieren nicht selten Proteste von Nachbarn, die steigende Mieten und Verdrängung befürchten. Vor allem in den östlichen Innenstadtbezirken, aber auch in ausgesuchten Lagen von Charlottenburg-Wilmersdorf, Steglitz- Zehlendorf, Schöneberg und Kreuzberg „ergeben sich für Projektentwickler enorme Vermarktungspotenziale“, sagt André Adami vom Marktforschungsinstitut BulwienGesa. Adami untersuchte im Auftrag von Diamona & Harnisch den Markt der gehobenen Neubauwohnungen und stellte fest, dass derzeit allein im Alt-Bezirk Mitte knapp 800 Eigentumswohnungen im Preissegment von über 3000 Euro pro Quadratmeter in Bau und weitere 1000 in Planung sind.

Die Preise entwickeln sich dabei aus Sicht der Bauträger ausgesprochen erfreulich: In Prenzlauer Berg und Mitte zum Beispiel stieg laut BulwienGesa der Durchschnittspreis für Neubauwohnungen zwischen 2003 und 2009 um rund 16 Prozent. Auch die Mieten zogen an: Mieter von neu errichteten Wohnungen in Prenzlauer Berg mussten 2009 sage und schreibe 43 Prozent mehr bezahlen als Personen, die 2003 einen Mietvertrag unterschrieben hatten. „In Mitte und Prenzlauer Berg werden mittlerweile in gesuchten Lagen für Neubauwohnungen Mieten von 10 bis 14 Euro pro Quadratmeter akzeptiert“, sagt Alexander Harnisch. Laut Adami liegen die Hauptgründe für diese Entwicklung darin, dass die Einwohnerzahl Berlins dank Zuzügen kontinuierlich steigt, während gleichzeitig nur wenige Wohnungen neu hinzugekommen sind. Und, ergänzt Harnisch: „Zugezogene sind höhere Preise gewöhnt als Berliner.“

Die Finanzmarktkrise hat sich dabei offenbar nicht negativ ausgewirkt. Zwar müssen Projektentwickler mittlerweile den Banken mehr Eigenkapital und eine höhere Vorverkaufsquote nachweisen, um einen Kredit zu bekommen. Die Nachfrage der Wohnungskäufer aber scheint nicht gelitten zu haben – im Gegenteil: Von einer „durch die Finanz- und Wirtschaftskrise wiedererwachten Akzeptanz der Eigentumswohnung als Kapitalanlage“ spricht Björn Dahler, geschäftsführender Gesellschafter des Hamburger Maklerhauses Dahler & Company.

„Die Nachfrage hat weiter zugenommen“, bestätigt Nikolaus Ziegert, Chef des Berliner Maklerhauses Ziegert Bank- und Immobilienconsulting. Davon profitieren laut Ziegert jedoch nur lebendige, zentrale Kieze mit ausgezeichneter Infrastruktur. Seinen Mitarbeitern ist es beispielsweise gelungen, fast alle 36 Neubauwohnungen im Quartier Winterfeldt in Schöneberg zu verkaufen – obwohl noch nicht einmal Richtfest war und die Preise bis zu 3900 Euro pro Quadratmeter betragen. Selbst in den guten alten Ku’damm-Seitenstraßen tut sich was: Demnächst startet Ziegert den Vertrieb von 40 Wohnungen, die der russische Investor Sergey Gladkov an der Pestalozzistraße errichtet und für rund 3500 Euro pro Quadratmeter zum Kauf anbietet.

Doch mit einer Erfolgsgarantie sind ehrgeizige Wohnungsbauvorhaben nicht versehen. Das zeigt die Brachfläche an der Danziger Straße in Prenzlauer Berg, wo die Bremer Asset-Gruppe 2009 mit dem Bau des 75 Wohnungen umfassenden Prenzlauer Bogens (bis 3700 Euro pro Quadratmeter) beginnen wollte. Bis heute steht davon nichts als ein Musterpavillon und ein Bauschild, das allmählich von Büschen überwuchert wird.

Mehr Erfolg hat die Stofanel-Gruppe, die neben Diamona & Harnisch sowie der Groth-Gruppe zu den bedeutendsten Entwicklern teurer Wohnanlagen in Berlin zählt. Sie hat von den 130 Wohnungen im Marthashof an der Schwedter Straße (Prenzlauer Berg) laut Unternehmenssprecherin Anna-Maria Gerhart gut 75 Prozent verkauft. Doch auch am Stadtrand gibt es Nachfrage: Von den 50 Einfamilienhäusern und Villen des Resorts Tilia am Griebnitzsee hat Stofanel einige Wochen vor der Grundsteinlegung bereits zwölf veräußert – bei Preisen zwischen 385 000 und 1,85 Millionen Euro.

Diese Preiskategorie spielt allerdings eine Nebenrolle. Laut einer Studie des Maklerhauses Dahler & Company haben 2009 in Berlin lediglich 149 Häuser und Wohnungen für mehr als 750 000 Euro den Eigentümer gewechselt. Im wirklichen Luxussegment mit Preisen von mehr als 5000 Euro pro Quadratmeter fällt Marktforscher Adami denn auch nur ein einziges größeres Projekt ein: der Diplomatenpark, den Diamona & Harnisch und die Groth-Gruppe in Tiergarten verwirklichen. Und auch der erfahrene Makler Ziegert rät: „Berlin sollte nicht nur auf Hochpreisprojekte setzen.“

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