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Glyphosat in einem Unkrautvernichtungsmittel.

© imago/Christian Ohde

Unkrautvernichter: Im Garten braucht man kein Glyphosat

Wie auch immer der Streit um die Neuzulassung von Glyphosat ausgeht: Experten sehen keinen Sinn, das Mittel im Privatgarten einzusetzen. Als Alternative empfehlen sie zu jäten.

Es war einmal ein Wundermittel, das die Landwirtschaft revolutionierte: Seit 1974 wird das Pestizid Glyphosat verwendet. Es tötet alle grünen Pflanzen, es sei denn, ihnen wurde über gentechnische Verfahren eine Resistenz angezüchtet. Glyphosat wirkt so erfolgreich, dass es zum Unkrautvernichter schlechthin wurde. Welche Mengen des Mittels Bauern und Gärtner jährlich verspritzen, werde nicht erhoben, sagt Stefanie Hahn vom Julius-Kühn-Institut für Kulturpflanzen in Braunschweig. Es sei jedoch wahrscheinlich, dass ein Großteil der 2014 in Deutschland verkauften Mittel gegen Unkräuter Glyphosat enthielten.

Insgesamt wurden 2014 rund 54.000 Tonnen Herbizide verkauft. Knapp 3000 Tonnen davon wurden „nicht-beruflich“ verwendet, hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz ermittelt. Auch im privaten Garten wird also immer noch recht großzügig zur Chemiekeule gegriffen. Unter dem Handelsnamen Roundup, aber auch unter noch 45 anderen Markennamen steht Glyphosat in den Regalen der Bau- und Gartenmärkte.

Stefanie Hahn gibt zu bedenken, dass das Mittel unter allen Pflanzenschutzmitteln noch „am besten dasteht“, wenn es um die Abbaubarkeit und den Einfluss der Chemikalie auf den menschlichen Organismus geht. Glyphosat blockiere ein bestimmtes Enzym im Stoffwechsel der Pflanzen. „Dieses Enzym kommt im Menschen nicht vor“, sagt Hahn. Daher rühre der „beste Ökotoxwert“ des Mittels.

Auf Gehwegen verboten

Dennoch ist wie berichtet ein Streit um die Gefährlichkeit von Glyphosat entbrannt: Die Internationale Agentur für Krebsforschung IACR, ein Gremium der Weltgesundheitsorganisation, stufte das Mittel als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA kam zu einem genau entgegengesetzten Ergebnis. Ob die EU Glyphosat demnächst wieder für zehn Jahre zulässt, wird in den nächsten Tagen entschieden.

Wie soll sich der Hobbygärtner angesichts des Expertenstreits verhalten? Umweltministerin Barbara Hendricks folgen, die auf das Vorsorgeprinzip setzt und gegen eine Verlängerung ist? Oder soll man Christian Schmidt glauben? Der Landwirtschaftsminister sagt: „Bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung des Wirkstoffs Glyphosat bestehen keine Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit.“

Thomas Wagner vom Bundesverband Deutscher Gartenfreunde hat eine klare Position: „Breitbandherbizide haben im Garten nichts zu suchen“. Schließlich würde heute niemand mehr aus wirtschaftlicher Notwendigkeit gärtnern, auf Höchsterträge komme es nicht an. „Oberste Maxime ist also jäten. Das hat ja auch eine meditative Komponente“, rät Wagner.

Von chemischen Alternativen zu Glyphosat wie der Pelargonsäure hält er nichts. „Sie kommt zwar natürlich in Pelargonien vor. Aber das heißt nicht, dass sie nicht toxisch ist“, sagt er. Außerdem werde die Säure natürlich nicht aus Pelargonienblättern gepresst, sondern synthetisch hergestellt. Eine Warnung in Richtung der Gartenfreunde, die Unkrautvernichter auf Gehwegen zum Abtöten des Bewuchses in den Ritzen nutzen, hat Thomas Wagner noch: „Das ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit Geldstrafen von bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann.“

"Entspanntes Rupfen"

Warum Unkrautvernichter auf Gehwegen verboten sind, erklärt Heike Moldenhauer vom BUND: „Man kann nie so genau spritzen, dass man nur die kleinen Pflanzen in den Ritzen trifft.“ Der Rest werde bei Regen vom Pflaster gespült und lande im Grundwasser.

Was aber ist erlaubt und zugleich umweltverträglich, um Giersch, Löwenzahn & Co. an der Wurzel zu packen? Wenn es um Hausmittel geht, schwören einige Menschen auf Essig und Salz. Doch auch davon sollte man unbedingt die Finger lassen: Beide Produkte sind hoch konzentriert und werden auf natürliche Weise nicht sehr zügig abgebaut. Also stehen sie auf der Liste der nicht erlaubten Pflanzenschutzmittel. Wenn Chemiekeulen ausfallen, bleibt noch das Mittel Hitze: Gegen kochendes Wasser lässt sich wenig einwenden. Einmal abgebrüht, ist der Organismus einer Pflanze zerstört. Abgetrocknet lassen sich die Pflanzenreste sauber entfernen.

Mit einem Dampfstrahler lassen sich Fugen ausspritzen. Das ist allerdings eine vergleichsweise dreckige Angelegenheit. Sind die Fugen schmal, lassen sich Wurzeln schwerlich ausspülen. Zudem müssen die Fugen wieder mit Sand aufgefüllt werden: sehr aufwendig.

Dann gibt es noch das Abbrennen der (Un-)Kräuter. Hier treffen die Flammen leicht Pflanzen, die erhalten werden sollten. Die in Baumärkten vorgehaltenen Gasbrenner enthalten häufig Butangas. Dieses Gas, gelegentlich auch als Stimmungsaufheller missbraucht, ist selbst in den Augen von Umweltschützern unbedenklich.

Heike Moldenhauer plädiert für das mechanische Entfernen von störenden Pflanzen. Für gepflasterte Flächen gibt es Fugenkratzer. Die Arbeit mit den Klingen geht allerdings ins Kreuz. Für gepflasterte Wege empfiehlt Moldenhauer Unkrautbürsten mit Besenstiel. Für den Garten wünscht sie allen ein „entspanntes Rupfen“.

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