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Immobilien: Immer an der Wand lang

Tapezieren ist der Deutschen liebste Do-it-yourself-Beschäftigung. Neue Produkte erleichtern die Arbeit

Alle sechs, sieben Jahre wieder ist es soweit: Eine neue Tapete soll an die Wand. Damit die Eigenleistung das eigene handwerkliche Geschick und den Geldbeutel nicht überfordert, gleichzeitig gesundheitlich unbedenklich und ökologisch vertretbar ist und darüber hinaus auch noch Geschmack und Trendsicherheit beweist, muss viel beachtet werden. Hier einige Tipps für Renovierungswillige.

Unter Wohnungsrenovierung versteht man hierzulande vor allem eins: Der Tapeziertisch muss aus dem Keller geholt werden. „Tapezieren“, weiß Klaus Kunkel als Geschäftsführer des Deutschen Tapeten-Instituts in Frankfurt am Main, „ist die meist verbreitete Do-it-yourself-Tätigkeit in Deutschland.“ Rund 70 Prozent der Haushalte tapezieren laut Kunkel selbst, rund 20 Prozent lassen sich vom tatsächlichen oder so genannten Nachbarn helfen und etwa zehn Prozent beauftragen einen Malerbetrieb. Etwa alle sechs bis sieben Jahre, zitiert Kunkel eine weitere Statistik, entscheiden sich Haus- und Wohnungsbesitzer für eine dieser drei Möglichkeiten.

Sich im Familienkreis auf die eine oder andere Ausführungsvariante zu einigen, ist sicherlich nicht einfach. Da trifft das Traditionsargument der „zwei linken Hände“ auf den Hinweis, dass neue Produkte der Tapetenindustrie selbst dem Ungeschicktesten durchaus passable Tapezierergebnisse erlauben. Oder es heißt, dass wegen Ebbe in der Haushaltskasse nur Eigenleistung in Frage kommt. Angesichts der satten Strafen für Schwarzarbeit hat das Anheuern weit entfernter Bekannter zwar an Attraktivität verloren. Andererseits verlangen Malerbetriebe tatsächlich üppige Stundenlöhne. Doch wie auch immer die Entscheidung ausfällt, die wahre Herausforderung ist eine ganz andere. Das sagt sogar Klaus Kunkel: „Zwanzig Jahre lang haben weiße Wände dominiert. Raufaser hatte sehr starken Zulauf. Jetzt gibt es deutlich eine Umkehr zu Farbe und Mustern auf ganz unterschiedlichen Trägermaterialien.“

Die aktuellen Design-Trends beschränken sich keinesfalls nur auf den Retro-Stil, der die großformatigen Muster und grellen Farben aus den 60er und 70er Jahren aufgreift. Bunte grafische Muster, wie sie von den Grafikdesignern Kathrin Kreitmeyer und Matthias Gerber entwickelt werden, oder individuelle florale Designs, wie sie die Berliner Künstler Andrea Pößnicker und Erik van Buuren anbieten, machen es Renovierungswilligen schwer, sich einfach „nur“ für einen unifarbenen Wandbelag zu entscheiden. Und sollte man nicht wenigstens die elementarsten Regeln des Feng Shui, der 3500 Jahre alten taoistischen Lehre von der Kunst des Wohnens in seine Pläne miteinbeziehen? Danach können Wohnräume in Einklang mit der Natur und den umgebenden Elementen gestaltet werden.

So preiswert wie in den Zeiten der weißen Wände jedenfalls kommen nicht einmal mehr die Selbermacher davon. Wer sich in Tapetenfachgeschäften oder Baumärkten nach der guten alten Raufaser erkundigt, findet das „Halbzeug“ oft nur noch in den hintersten Ecken. Vliestapeten, sind nach Aussagen des Frankfurter Instituts-Geschäftsführers Kunkel „seit zwei bis drei Jahren der absolute Renner“. Sie holen ihren höheren Preis allerdings zum Teil durch Verarbeitungsvorteile wieder herein. Beispielsweise muss nur noch die Wand eingekleistert werden, nicht mehr auch die Tapete. Ein anschließender Anstrich entfällt ebenfalls, weil die Vliestapete in allen nur denkbaren Farben und Mustern zu haben ist. Sogar als Fototapete. Jahrelang zum Inbegriff des schlechten Geschmacks abgestempelt, ist sie jetzt als dominanter Blickfang zurückgekehrt: etwa als Literaturtapete mit Gedichten der Germanistin Herta Müller (im Format 1,40 mal 1,98 Meter für 175 Euro), als Memomix zum Ausmalen für Kinder (1,86m x 1,86Meter für 230 Euro) oder auch als Kult-Tapete „Potsdamer Platz“ (2,80 mal 4,18 Meter für 650 Euro). Ein stolzer Preis. Die normale Eurorolle der neuen Vliestapeten, die innerhalb von nur vier Jahren 40 Prozent Marktanteil erobert haben, ist freilich auch preiswerter zu bekommen. Instituts-Chef Kunkel rechnet vor, dass ein zwanzig Quadratmeter großer Raum bei einem Durchschnittspreis von zehn bis zwölf Euro pro Rolle „nicht teurer als eine Tankfüllung kommt“.

Die Vorarbeiten allerdings sind die selben geblieben. Nikotin-Verfärbungen beispielsweise müssen nach wie vor mit Nikotingrund oder -sperre vorbehandelt werden. Bei Wasserflecken ist es zwingend, die Ursache ausfindig zu machen und zu beseitigen. Erst danach kann mit Isoliergrund isoliert und tapeziert werden. Gesundheitlich und ökologisch auf Nummer sicher gehen Renovierungswillige, wenn sie sich für ein mit dem RAL-Gütesiegel versehenes Produkt entscheiden. Ein Großteil der Tapetenhersteller haben sich bereits im Jahr 1991 zu einer Gütegemeinschaft zusammengeschlossen. Deren Bestimmungen sind vom Deutschen Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V. (RAL) anerkannt und werden vom Fraunhofer- Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-lnstitut (WKI) in Braunschweig überwacht. Nur solche Produkte, die den hohen Anforderungen genügen, haben das Recht, das RAL-Gütezeichen zu führen.

Weitere Informationen:

www.tapeten-institut.de,

60460 Frankfurt/Main, Postfach 940242,

Regina-C. Henkel

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