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Wer sich beeilt, kann Geld sparen. Ab dem 1. Januar wird die Grunderwerbsteuer in Berlin von fünf auf sechs Prozent angehoben.

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Immobilienkauf: Bis Jahresende zum Notar

Ab 1. Januar steigt in Berlin die Grunderwerbsteuer. Viele Interessenten schlagen daher jetzt noch zu.

Die Uhr läuft: Nur noch rund zwei Wochen und die Grunderwerbsteuer in Berlin wird erneut angehoben. Ab dem 1. Januar 2014 müssen Immobilienkäufer tiefer in die Tasche greifen und sechs statt bisher fünf Prozent zahlen. Damit hat sich der Satz, der 2006 noch bei 3,5 Prozent lag, in den zurückliegenden Jahren nahezu verdoppelt.

„Dies wird die Kosten für den Immobilienerwerb weiter in die Höhe treiben und die Bildung von Wohneigentum für die Bürgerinnen und Bürger erschweren“, kritisiert Rechtsanwalt Matthias Hartwich vom Bund der Wohnungs- und Grundeigentümer in Berlin-Brandenburg (BWE). Besonders negativ werde sich die Erhöhung auf die Investitionswilligkeit von Selbstnutzern und kleineren Investoren auswirken. „Größere Unternehmen, die mit ganz anderen Volumina umgehen und in großem Stil in Wohnimmobilien investieren, wird die Erhöhung weniger hart treffen.“

Gelassener sieht es der Berliner Steuerberater Klaus Schröder: „Die Steuererhöhung ist zwar für den einzelnen Käufer ärgerlich“, meint er. „Die Entscheidung, tatsächlich Eigentum zu erwerben, wird sie aber kaum negativ beeinflussen.“ Vielmehr werde sich der eine oder andere ohnehin zum Kauf Entschlossene überlegen, ob er die Investition nicht noch vor Jahresende tätigt.

Und tatsächlich, Unternehmen und der Immobilienverband Deutschland (IVD) sehen in den zurückliegenden Wochen teilweise deutlich mehr Bewegung beim Erwerb von Häusern oder Eigentumswohnungen in Berlin. „Gerade bei kleineren Immobilieninvestitionen, etwa bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen, spüren wir sehr wohl, dass Käufer noch vor dem 1. Januar ihren Kauf über die Bühne bringen wollen“, sagt der Berliner Rechtsanwalt und Notar Cornelius Krause von der Kanzlei Richter Rechtsanwälte.

Steuererhöhung trifft kleine Immobilieninvestoren

„Ja, wir bemerken das schon“, bestätigt auch IVD-Vizepräsident Jürgen Michael Schick, ohne jedoch Umsatzzahlen zu nennen. Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer um ein Prozent sei keine Kleinigkeit. Wolle man als Privatmann zum Beispiel für 200 000 Euro eine Eigentumswohnung kaufen, mache allein dies eine Mehrbelastung von 2000 Euro aus. Das zeigt: Die Steuererhöhung trifft vor allem kleine Immobilieninvestoren. Zusammen mit Maklerprovision, Notar- und Grundbuchkosten summieren sich die Kaufnebenkosten leicht zu einem größeren Betrag, den Erwerber nicht unterschätzen sollten. Schick erwartet allerdings nicht, dass bis zum 31. Dezember „nun plötzlich in allen Lagen noch schnell gekauft wird“. Wer aber ein Objekt geprüft habe und zum Kauf entschlossen sei, werde sicher versuchen, den notariellen Kaufvertrag noch in diesem Jahr unter Dach und Fach zu bringen.

Von deutlichen Aufwärtstendenzen bei den Immobilienkäufen berichtet auch die Ziegert Bank- und Immobilienconsulting GmbH. „Signifikante Nachfragesteigerungen beobachten wir insbesondere am Cityrand“, sagt Geschäftsführer Nikolaus Ziegert. „Vor allem in den Quartieren um den S-Bahn-Ring, wo wir traditionell einen überdurchschnittlichen Anteil an Berliner Käufern haben, drängen die Interessenten auf einen Abschluss noch vor dem Jahresende.“ So habe man zum Beispiel am letzten Novemberwochenende gleich fünf Wohnungen in einem Objekt in Neukölln vergeben.

Nach Worten des Geschäftsführers beeinflusst die Erhöhung der Steuer in erster Linie das Kaufverhalten der Berliner Selbstnutzer. Internationale Interessenten und Kapitalanleger würden sich dagegen nur wenig beeindruckt zeigen. Ziegert spart nicht mit Kritik an der Landesregierung: „Der Senat versteht Mieterschutz offenbar so, dass Mieter auch Mieter bleiben sollen. Wer dagegen aus der Miete aussteigen und eine Wohnung kaufen will, wird zur Kasse gebeten, obwohl kaufen eigentlich der beste Schutz gegen Mietsteigerungen ist.“

Einbrüche am Berliner Markt sind nicht zu erwarten

Sein Vorschlag an die Adresse des Senats: Berlinern, die erstmals eine Wohnung kaufen, sollte die Steuer erlassen werden. „Damit würde die Eigentumsbildung in der Stadt gefördert und die Menschen könnten langfristig in Kiezen wohnen, ohne Angst vor Kostensteigerungen zu haben.“

Dass es aufgrund der höheren Grunderwerbsteuer zu regelrechten Einbrüchen am Berliner Markt für Kaufimmobilien kommt, ist allerdings nicht zu erwarten. Jürgen Michael Schick weist hier auf drei „Megatrends“ hin, die die gegenwärtige Großwetterlage am Wohnungsmarkt bestimmen. „Erstens zeichnet sich Berlin derzeit durch wachsende Bevölkerungszahlen und steigende Gehälter der Einwohner aus“, sagt er. Hinzu kämen die im nationalen und internationalen Vergleich nach wie vor günstigen Kaufpreise. Nicht zuletzt sei das niedrige Zinsniveau für den Erwerb von Wohnimmobilien in Berlin attraktiv. Schick warnt allerdings vor weiteren Belastungen. Dies werde sich irgendwann als nachhaltiges Hindernis für den Standort erweisen.

Zum Jahreswechsel werden auch die Steuersätze in Bremen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen erhöht. Schleswig-Holstein wird sich mit 6,5 Prozent an die Spitze der Rangliste setzen, auf dem zweiten Platz folgt Berlin mit sechs Prozent. Bremen und Niedersachsen erhöhen auf fünf Prozent. „Statt einem Wettbewerb um die günstigsten Steuersätze ist ein Wettlauf um die höchsten Steuersätze entstanden“, kritisiert IVD-Präsident Jens-Ulrich Kießling. Um die Preisspirale zu beenden, forderte der IVD den Bund auf, die Gesetzgebungsbefugnis wieder an sich zu ziehen oder den Steuersatz zumindest durch Bundesrecht zu deckeln.

Jürgen Ackermann

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