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Investment: Mietshäuser in guten Lagen dringend gesucht

Ausländische Investoren sind in Berlin wieder verstärkt auf Shoppingtour

Einar Skjerven steht in der leeren Wohnung in der vierten Etage des Stalinbaus am Strausberger Platz in Berlin-Friedrichshain, schaut sich um und ist sichtlich zufrieden. Weiß gestrichene Wände, Parkett, ein ordentliches Bad, eine Einbauküche, ein kompakter Grundriss: Der Geschäftsführer der norwegischen Fondsgesellschaft Industrifinans Real Estate zweifelt nicht daran, bald einen Mieter für die 80 Quadratmeter große Drei-Zimmer-Wohnung gefunden zu haben.

Das Apartment am Strausberger Platz ist eine von rund 1500 Wohnungen in Berlin, die einem von Industrifinans aufgelegten Fonds gehören. Bald sollen es noch mehr sein: Die Norweger haben derzeit einen zweiten geschlossenen Fonds im Vertrieb, der sich an norwegische und deutsche Anleger richtet und der ausschließlich in Berliner Wohnungen investieren will. Bis zu 50 Millionen Euro will Skjerven auf diesem Weg einsammeln; hinzu sollen dann noch einmal Bankkredite in gleicher Höhe kommen. Für 100 Millionen Euro lassen sich geschätzt etwa 1200 Wohnungen kaufen.

Doch die Norweger sind nicht die einzigen ausländischen Investoren, die sich auf dem Berliner Wohnungsmarkt tummeln. In dieser Woche meldete die an der Pariser Börse notierte Gesellschaft Foncière Développement Logements, für 83,8 Millionen Euro rund 1000 Wohnungen in guten Lagen (etwa in der Schlossstraße in Steglitz und in der Kopenhagener Straße in Prenzlauer Berg) erworben zu haben. Der Berliner Wohnungsmarkt mache eine „sehr positive Entwicklung“ durch, ließen die Franzosen verlauten, weshalb sie nun weitere Ankäufe prüften.

„Wohnen ist in Berlin die angesagte Immobilien-Anlageklasse“, bestätigt Peter Starke, Berliner Niederlassungsleiter des Maklerhauses Aengevelt. Aktiv seien zwar vor allem deutsche Privatleute und Kapitalgesellschaften, aber auch österreichische und norwegische Firmen. Bereits 2010 wechselten in Berlin rund 1580 Mehrfamilienhäuser den Eigentümer, womit das Verkaufsvolumen gegenüber 2009 um 46 Prozent zulegte. Verschiedene Faktoren ließen ein solches Engagement „sehr solide“ erscheinen, heißt es bei Aengevelt: die relativ sicheren Mieteinnahmen, die steigende Einwohner- und Haushaltszahl sowie die geringe Neubautätigkeit.

Vor allem aber die steigenden Mieten elektrisieren die Investoren. Die Marktforscher nennen zwar unterschiedliche Zahlen, die Tendenz ist aber immer die gleiche: Nirgendwo sonst in Deutschland steigen die Wohnungsmieten beim Neuabschluss von Mietverträgen so stark wie in Berlin. Laut dem Marktforschungsinstitut Empirica betrug die Zunahme zwischen 2005 und 2010 immerhin 30 Prozent; allein von 2009 auf 2010 legten die Neuvertragsmieten um 16 Prozent zu.

Hält man sich diese Entwicklung vor Augen, ist verständlich, warum Investoren wie Einar Skjerven ganz froh darüber sind, wenn ihre Mieter öfter mal umziehen. Bei den bestehenden Mietverträgen im Industrifinans-Bestand steigen die Mieten laut Skjerven jährlich um nicht mehr als zwei Prozent. Bei den Wohnungen hingegen, die neu vermietet werden, gibt es Preissprünge von durchschnittlich 15 Prozent. Das Steigerungspotenzial kann auch noch höher sein: „Die Marktmiete beträgt 8,50 Euro pro Quadratmeter“, sagt Skjerven mit Blick auf den Stalinbau am Strausberger Platz. Die durchschnittliche Bestandsmiete im selben Haus beträgt dagegen nur sechs Euro.

Weil Skjerven die Vorteile der Fluktuation zu schätzen weiß, kauft er mit Vorliebe Häuser, deren Wohnungen um die 70 Quadratmeter groß sind. Bei diesen, hat er festgestellt, gebe es nämlich mehr Mieterwechsel als bei größeren Wohnungen. Um den Leerstand so gering wie möglich zu halten, beschränkt sich Industrifinans außerdem auf solide Wohnhäuser in guten Lagen der Bezirke Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf, Pankow, Mitte und Friedrichshain- Kreuzberg. Auch dieses Konzept geht anscheinend auf: Von den Wohnungen der Norweger stehen weniger als ein Prozent leer.

Um den Anlegern eine Rendite von mindestens fünf Prozent pro Jahr zu sichern, setzt Skjerven noch einen weiteren Hebel an: die Wertsteigerung der Häuser. Geradezu fulminant funktionierte das beim Gründerzeithaus in der Pappelallee 32 in Prenzlauer Berg: Das Objekt mit seinen 16 Wohnungen kaufte Industrifinans 2007 für 730 000 Euro. Drei Jahre später verkaufte es der Fonds, ohne größere Sanierungsarbeiten geleistet zu haben, für 1,19 Millionen Euro. Zusammen mit der in diesem Zeitraum erzielten Mieterhöhung resultierte daraus eine Wertsteigerung von insgesamt nicht weniger als 63 Prozent.

Kein Wunder, dass Industrifinans auf der Suche nach weiteren Anlagemöglichkeiten an der Spree ist. Doch das ist alles andere als einfach. „In Prenzlauer Berg wird das Angebot an guten Objekten von Monat zu Monat kleiner“, bedauert Skjerven. In den vergangenen Monaten wurden seinen Mitarbeitern zwar mehr als 200 Wohnhäuser zum Kauf angeboten. Doch nur zehn nahmen sie genauer unter die Lupe. Gekauft wurde letztlich keins. Viele Angebote, sagt Skjerven, seien nämlich „Schrott“ – oder zu teuer.

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