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Beim Paketverkauf rund um den Potsdamer Platz wechselte im Oktober 2015 auch der Kollhoff-Tower in der Mitte den Besitzer.

© Paul Zinken/dpa

Immobilien-Portfolios: Investoren kaufen große Pakete in der Hauptstadt

Die Zahl der Transaktionen steigt. Wer in den Nuller Jahren gekauft hat, realisiert jetzt die Gewinne. Aufgrund von fiskalischen Tricks profitiert das Land aber nicht unbedingt.

Es ist der helle Immobilien-Wahnsinn: Im Londoner Nobelviertel Chelsea ist kürzlich eine Garage für umgerechnet 466.000 Euro versteigert worden. Englands Hauptstadt ist bei Investoren besonders beliebt.

Von Preisexzessen dieser Art ist Berlin zwar noch weit entfernt, doch mehren sich in diesen Wochen die Jubelmeldungen: Mehr und mehr Immobilienpaketverkäufe werden verkündet. Die Mähren Gruppe erwarb Ende 2015 im Heimatmarkt Berlin ein Wohnportfolio mit knapp 900 Einheiten im Süden Berlins, die CG Gruppe Aktiengesellschaft vermeldete Anfang Februar die Transaktion eines Wohnungsbauprojektes mit 153 Mietwohnungen an die Württembergische Lebensversicherungs AG. 2014 erwarb die Deutsche Annington sogar 2500 Wohnungen in Berlin. 

Die Zahl der Transaktionen steigt. Was hat das zu bedeuten – entwickelt sich eine „Preisblase“? Sind Immobilien in der Hauptstadt inzwischen überbewertet, wie die Bundesbank in ihrem aktuellen Monatsbericht schreibt?

Anleger weichen auf Studentenapartments und Pflegeheime aus

Fakt ist zunächst, dass die Immobilienumsätze 2015 in allen Bundesländern mehr oder minder stark gestiegen sind. Dies hängt mit niedrigen Zinsen zusammen und damit, dass Immobilien als vergleichsweise sichere Anlagemöglichkeit gelten. Im Vergleich zu risikolosen Anlagen – wie Bundesanleihen – bieten Wohnimmobilien weiterhin attraktive Renditen, trotz teilweise stark steigender Kaufpreise.

Für das Jahr 2015 errechnete der Immobilienverband Deutschland (IVD) vor diesem Hintergrund für Berlin ein Transaktionsvolumen von 16 Milliarden Euro, was einem zweistelligen Plus von 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dieses Plus strahlt auf das Umland der Hauptstadt ab. Das bundesweit stärkste Umsatzwachstum gab es in Brandenburg. Dazu mag auch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer zum 1. Juli vergangenen Jahres beigetragen haben. Der IVD errechnete im Vergleich mit 2014 ein Plus von 36 Prozent auf 4,87 Milliarden Euro, die für private und gewerbliche Immobilientransaktionen ausgegeben wurden.

Das Jahr 2016 begann so, wie das vergangene Jahr aufgehört hatte: Der deutsche Wohnimmobilienmarkt bleibt im Fokus institutioneller Anleger, wie auch eine Online-Umfrage zeigt, die im Auftrag von Engel & Völkers Investment Consulting unter 6300 Investoren durchgeführt wurde. Danach wollen rund 53 Prozent der Befragten ihren Wohnimmobilienanteil in den nächsten 12 bis 18 Monaten weiter erhöhen. Die Renditeerwartungen liegen zwischen 3,5 und 5 Prozent. Aufgrund der hohen Preissteigerungen bei Wohnimmobilien ist ein Ausweichen der Anleger in Studentenapartments und Pflegeheime zu beobachten.

Kai Wolfram, Geschäftsführender Gesellschafter von Engel & Völkers Investment Consulting, bestätigt auf Anfrage die Beobachtung, dass in Berlin aktuell viele Immobilienpakete ver- und gekauft werden. „Die größten Deals der vergangenen Jahre wurden in Berlin abgewickelt“, sagt er: „Viele Investoren, die Mitte und Anfang der Nullerjahre Bestände gekauft haben, können diese nun mit einer hohen Wertsteigerung veräußern.“ Verkäufer seien in der Regel Private Equity Gesellschaften, die risikoreiche Wohnungsbestände in Berlin aufgekauft haben und nun die „Ernte“ einfahren.

"Von einer Überbewertung kann keine Rede sein"

Fiskalisch profitiere die Hauptstadt nicht, sagt Wolfram: „Die Verkäufe werden oft in Form von sogenannten Share Deals durchgeführt, so dass bei der Transaktion keine Grunderwerbsteuer an das Land gezahlt werden muss.“ Auch Corvin Tolle, Geschäftsführender Gesellschafter der Rohrer Immobilien GmbH (Berlin), bestätigt die zunehmende Schlagzahl bei Transaktionen in der Hauptstadt: Seit 2014 seien in Berlin 31 große Paketverkäufe erfasst, davon fünf im abgelaufenen Jahr.

Zum Vergleich: In Hamburg gab es einen Verkauf und in München derer zwei. „Gerade bei Paketverkäufen spielen die in Berlin noch niedrigen Durchschnittsmieten eine Rolle“, sagte Tolle, „daher sind Paketverkäufe in Berlin weiterhin sehr interessant.“ Da Berlin „in“ ist, seien „Global Player“ stets auf der Suche nach größeren Beständen in der Hauptstadt: „Da spielt der heutige Preis – unter der Prognose Wachstum in der Stadt – eine untergeordnete Rolle.“

Weil manche Verkäufer durch neue Regulierungen des Wohnungsmarktes in Berlin verunsichert waren – Stichworte: Mietpreisbremse, Milieuschutz – seien sich bietende Gelegenheiten zum Verkauf genutzt worden, nimmt Jan Dohrwardt an. Der Berliner Niederlassungsleiter der BNP Paribas Real Estate GmbH verneint die Gefahr einer Blasenbildung: „Von einer Überbewertung kann keine Rede sein.“ Der Preisanstieg reflektiere die gute wirtschaftliche Entwicklung Berlins. Ähnlich äußert sich auf Anfrage Anlagestratege Stephan Witt (Finum Private Finance AG): „Von einer grundsätzlichen Überhitzung ist derzeit noch nicht auszugehen.“

Ulf Buhlemann, Head of Investment bei Colliers International, glaubt, dass der Berliner Markt heiß bleibt. „Die Verzinsung von sicheren Staatsanleihen ist so gering, dass noch mehr Geld insgesamt in Immobilien auf dem Globus fließen wird. Makroökonomisch gesehen, ist Deutschland ein sehr stabiler Markt.“ Für ausländische Investoren ist das also besonders attraktiv.

Und: „Für Berlin gibt es keine Hinweise“, sagt Buhlemann, „dass das Immobilienangebot in Reichweite der Nachfrage kommt – die Preise werden weiter steigen.“

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