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Klimaschutz: Teurer Klima- und Umweltschutz für Heimwerker

Die Energieeinsparverordnung 2009 stellt strenge Anforderungen an größere Reparaturen im Haus.

Hausbesitzer und Wohnungseigentümer werden das Kürzel „EnEV 2009“ fürchten lernen. Oder hassen. Denn noch nie hat eine Bauvorschrift die Gestaltungsmöglichkeiten der Immobilieneigner so stark eingeengt wie die Energieeinsparverordnung 2009. Viele Heimwerker, die nach der Winterpause jetzt wieder ran wollen, ahnen noch nicht, was auf sie zukommt: Die verschärfte EnEV gilt seit dem 1. Oktober 2009 – und erstmals drohen auch ausgeweitete Kontrollen und Bußgelder. Betroffen ist jeder, der größere Reparaturen oder Wartungsarbeiten am Haus ausführt.

Ob die an sich gut gemeinte Verordnung zum Schutz von Klima und Umwelt nicht deutlich überzogen ist, steht dahin. Aber der handwerklich begabte Immobilienbesitzer müsste schon ein Ingenieurstudium absolviert haben, um mit den neuen Vorschriften klarzukommen. Die erste Hürde: die Bauteilflächenregelung. Die EnEV 2009 verschärft die Bagatellgrenze erheblich. Werden mehr als zehn Prozent eines Bauteils ersetzt oder ausgebessert, gelten die neuen Energieeinsparvorschriften. Soll zum Beispiel mehr als zehn Prozent eines schadhaften Außenputzes instand gesetzt werden, muss man nach der EnEV 2009 arbeiten. Es ist also ein teurer Dämmputz rundum fällig, denn technisch lässt sich das anders nicht umsetzen.

Wer zum Beispiel zwei alte Fenster im Kinderzimmer austauschen will und ein Einfamilienhaus mit – ein durchschnittlicher Wert – 15 bis 18 Fenstern hat, liegt damit schon über der Bagatellgrenze. Ob deshalb eigentlich alle Fenster des Gebäudes gegen hoch gedämmte Neuteile ausgetauscht werden müssen, darüber streiten sich noch die Gelehrten. Die Überwachung der Arbeiten ist jetzt den Landesbehörden übertragen worden, und dort sind noch nicht alle Fragen geklärt. Die Bundesländer haben auch über Ausnahmen zu entscheiden, wenn die Energieeinsparvorschriften zu einem wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Aufwand führen, etwa bei historischen oder denkmalgeschützten Häusern.

Stichwort Dach: Hier läuft die Uhr gegen die Hausbesitzer. Bis Ende 2011 müssen „nackte“ Dächer wärmegedämmt sein; genau genommen muss die Geschossdecke der obersten beheizten Etage oder das Dach selbst mit geeigneten Materialien gegen Energieverluste geschützt werden. Hier kann sich der Heimwerker nur auf qualifizierte Beratung verlassen, denn unter dem Dach muss ein strenger Dämmwert (ein U-Wert von 0,24W/m²K) erreicht werden. Ausgenommen sind Hausbesitzer, die schon vor 2002 in den eigenen vier Wänden gewohnt haben.

Ausgedacht hat sich die Verschärfung der EnEV noch die große Koalition im November 2007, umgesetzt hatte sie der damalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Ziel ist es, den sogenannten Jahresprimärenergiebedarf in einem Wohngebäude um 30 Prozent zu senken. Alle Renovierungsvorhaben müssen sich nach diesen Kennwerten richten. Jedes neue Bauteil hat in seiner Energiebilanz mindestens 30 Prozent besser zu sein als das alte: Dämmputz, Fenster, Außentüren. Dieser Nachweis nach dem sogenannten Bauteileverfahren ist nur schwierig zu führen. Die Werte der alten Bauelemente sind selten gut dokumentiert. Oder Fachleute müssen vorher und nachher das Gebäude einmessen.

Alternativ können Immobilienbesitzer den Erfolg ihrer Bauarbeiten nach dem Referenzgebäude-Verfahren nachweisen: Der Energieverbrauch darf die Werte eines Vergleichsgebäudes nicht um mehr als 40 Prozent übersteigen. Auch das können nur Experten bewerten, gegen Geld natürlich. Und die Wechselwirkungen mit dem „Wärmegesetz“ von 2009 (Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich) und die möglichen Ausnahmen von den Verordnungen bleiben für Laien ein wahrer Paragrafen-Dschungel.

Teurer werden Renovierungen auf jeden Fall – und die Bundesländer wollen ihre Kontrollpflichten ernst nehmen. Das ist neu, denn die alte EnEV 2007 hatte niemandem schlaflose Nächte bereitet. Die Landesbehörden denken an Stichproben, Verdachtsprüfungen und Kontrollen durch Bezirksschornsteinfeger. Verstöße – ob absichtlich oder leichtfertig – gelten als Ordnungswidrigkeit, es drohen Bußgelder. Und mit der 2009er-Version sind die Tatbestände erheblich ausgeweitet worden.

Besitzer von Eigentumswohnungen sollten ihren Verwalter nachrechnen lassen, ob die Rückstellungen für Renovierungen die stark gestiegenen Anforderungen noch abdecken, anderenfalls sollte das Hausgeld angepasst werden. Überhaupt sind bei Eigentümergemeinschaften Arbeiten an den eigenen vier Wänden deutlich erschwert, weil immer die Auswirkungen auf das gesamte Objekt geprüft werden müssen.

Auch bei Neubauten geht die Energiesparverordnung ins Geld. Die EnEV 2009 verteuert das Bauen um bis zu zehn Prozent. Dies hat der Verband Privater Bauherren (VPB) errechnet. Damit liegt zwischen einem Neubau nach EnEV 2007 und einem Neubau nach heute geltenden Vorschriften fast der Wert eines Mittelklassewagens, konstatiert der VPB. Der Durchschnittspreis eines frei stehenden Einfamilienhauses klettert von 175 000 auf bis zu 191 000 Euro.

Es gibt allerdings etwas, was Immobilienbesitzer noch mehr fürchten müssen als die 2009er-Ernergiesparvorschriften: die EnEV 2012. Sie wird, wie zu erwarten ist, pünktlich im Jahr 2012 in Kraft treten, die Einsparziele um weitere 30 Prozent heraufsetzen – und Neubauten und Renovierungen noch teurer machen.

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