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Junge Familien sollten nicht auf spekulative Kredite setzen. Foto: Bauherren Schutzbund/dpa

© dpa-tmn

Kredite: Baufinanzierung auf des Messers Schneide

„Fremdwährungsdarlehen“ scheinen lukrativ, bergen jedoch ganz erhebliche Risiken.

Mit dem deutlichen Renditeanstieg lang laufender Bundesanleihen ging auch die spürbare Verteuerung der Hypotheken- zinsen einher. Doch obwohl Baugeld historisch gesehen weiter sehr preiswert ist, liebäugeln viele Kreditnehmer mit einem Darlehen etwa in Schweizer Franken oder japanischem Yen, um dadurch Zinsen zu sparen. Eine äußerst riskante Währungswette.

Gibt man in die Google-Suchmaske den Begriff „Fremdwährungsdarlehen“ ein, findet die Suchmaschine in nur 0,13 Sekunden mehr als 14 300 Verweise. Erfahrungsberichte und Vergleiche, Werbung und Angebote, Empfehlungen und Warnungen. „Diese Fülle an Informationen signalisiert, dass das Thema nicht so exotisch ist, wie es auf den ersten Blick scheint“, sagt Rechtsanwalt Andreas Müller-Wiedenhorn, Partner der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek in Köln. Was in einem globalisierten Finanzmarkt kaum erstaunlich ist. Investoren agieren auf der Suche nach möglichst hohen Gewinnen weltweit. Warum sollten dies nicht auch Schuldenmacher tun, damit sie fürs geliehene Geld wenig Zinsen zahlen?

Mal liegt das gelobte Land für Schuldner gleich nebenan, ein anderes Mal ganz weit weg. Traditionell sind die Schweiz und auch Japan Niedrigzinsländer. Das heißt: „Anleger in Yen und Schweizer Franken bekommen für ihr Kapital vergleichsweise wenig Zinsen, zum Ausgleich zahlen Kreditnehmer recht wenig gegenüber einer Verschuldung etwa in der europäischen Gemeinschaftswährung Euro“, erläutert Max Herbst, Chef der Frankfurter FMH Finanzberatung. Deshalb bieten vereinzelt Banken in Deutschland, vor allem aber freie Kreditvermittler Hypotheken-Darlehen vorzugsweise in den beiden genannten Fremdwährungen Franken und Yen.

Geworben wird für solche Angebote im Grunde nur mit einem einzigen Argument: der Zinsersparnis etwa beim Franken- im Vergleich zum Euro-Darlehen. Zu Recht. Denn kostet ein Baukredit in der Eidgenossen-Währung derzeit um die zwei Prozent effektiv jährlich und der Konkurrent in Euro in etwa doppelt so viel, spart der Schuldenmacher Jahr für Jahr zwei Prozentpunkte. Macht bei einem Baudarlehen in Höhe von 200 000 Euro immerhin 4000 Euro jährlich.

Dieses Rechenbeispiel „beinhaltet jedoch nicht einmal die halbe Wahrheit. Denn bei der Werbung werden erhebliche Risiken wenn nicht verschwiegen, so doch heruntergespielt“, warnt Florian Haas von der Schutzgemeinschaft für Baufinanzierende e. V. in München.

Der Baukredit in Franken oder Yen ist letztlich nichts anderes als eine hochspekulative Währungswette. „Entwickelt sich nämlich der Franken oder der Yen gegenüber dem Euro in die ,falsche‘ Richtung, ist nicht nur der Zinsvorteil im Handumdrehen aufgezehrt, auch die gesamte Baufinanzierung steht auf des Messers Schneide, weil sich der Schuldenstand um umgerechnet mehrere zehntausend Euro erhöht haben kann“, erläutert Verbraucherschützer Haas.

Wie gefährlich oder auch wie lukrativ die ganze Sache werden kann, verdeutlicht eine Beispielrechnung. Ein 200 000-Euro-Kredit mit festem Zins hat sich dank der Tilgung nach zehn Jahren auf 155 000 Euro ermäßigt. Ein gleich hohes Darlehen in Schweizer Franken, das mit einem variablen Zins ausgestattet ist, kann bei günstigem Währungsverlauf nach zehn Jahren umgerechnet rund 110 000 Euro erreichen, bei einer schlechten Wechselkursentwicklung jedoch auch mehr als 176 000 Euro.

Top oder Flop für den Kreditnehmer resultiert aus der Wirkungsweise eines Fremdwährungsdarlehens. Der Kreditbetrag wird von Euro in die Fremdwährung, zum Beispiel Schweizer Franken, japanischen Yen oder US-Dollar, getauscht. Der vereinbarte Darlehenszins und auch die regelmäßige Tilgung erfolgen ebenfalls in Franken & Co. Deshalb ist auch hier der Umtausch des Euros in die fremde Währung nötig. Dies könnte wegen des Zinsvorteils zu einem sehr guten Geschäft für den Kreditnehmer werden, sofern das Umtauschverhältnis von Euro zur jeweiligen Fremdwährung auf Dauer gleich bliebe. „Das hat mit der Realität an den Währungsmärkten nichts zu tun“, weiß FMH-Experte Max Herbst. Bestes Beispiel sind die Wertverschiebungen zwischen dem Euro und dem Schweizer Franken insbesondere seit Zuspitzung der Schuldenkrise in der Eurozone. Seinerzeit musste man für einen Euro rund 1,53 Franken bezahlen. Nicht viel später kostete der Euro jedoch nur noch gut 1,30 Franken. Dies bedeutet: Gegenüber der eidgenössischen Währung hatte das europäische Einheitsgeld um rund 15 Prozent an Wert verloren. Mit der Folge, dass sich – in Euro gerechnet – der Schuldenstand des Franken-Kredits entsprechend erhöht hat, ebenso die in Franken fälligen Darlehenszinsen.

Das Risiko wird auch in Zukunft bestehen. Denn „Prognosen von Währungsexperten sind letztlich nichts anderes als Kaffeesatzleserei“, davon ist Schutzgemeinschafts-Vorsitzender Haas überzeugt. Zumal Analysten oft gegenteilige Meinungen äußern. So sprechen für einen starken und auch einen schwachen Euro ähnlich plausible Gründe. Vergleichbares gilt spiegelbildlich für Franken, Yen und Dollar. So könnte die erneute Zuspitzung der EU-Schuldenkrise den Euro gehörig unter Druck setzen. Falls aber die US-amerikanische und auch die japanische Wirtschaft wie bisher nicht so recht vom Fleck kommen, würde dies die europäische Einheitswährung um einiges wertvoller machen. Da die Schweiz wiederum als sicherer Hafen bei allen möglichen Krisen gilt, verteuert dies entsprechend deren Franken. Was die eidgenössische Exportindustrie belasten würde, weshalb die schweizerische Nationalbank durch Frankenverkäufe versucht, ihre eigene Währung zu schwächen. Diese Unwägbarkeiten zeigen für Florian Haas: „Besser Finger weg von Fremdwährungskrediten. Denn eine langfristig wetterfeste Baufinanzierung darf keine spekulativen Elemente enthalten.“

Hajo Simons

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