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Ab dem 1. Juni gilt: Wenn eine Wohnung bereits inseriert ist, muss der Vermieter den Makler bezahlen.

© Imago/Wolterfoto

Bestellerprinzip: „Makler werden ab 1. Juni erfinderisch sein“

Mit der Einführung des Bestellerprinzips wird das Geschäft für Mietmakler schwieriger. Studentin sollte zahlen, obwohl sie keinen Auftrag erteilt hatte.

Sie kassieren Provisionen und haben die Macht bei der Mieterauswahl. So lauten die typischen Klischees über Makler. Mit Sicherheit sind sie Dienstleister, die sich an klare Regeln halten müssen. Doch diese Regeln werden härter, jedenfalls für die sogenannten Mietmakler. Für sie gilt ab 1. Juni das gesetzlich neu verankerte „Bestellerprinzip“. Die Bezahlung der Provision kann bei erfolgreicher Vermittlung dann nicht mehr – wie bisher – automatisch an zukünftige Mieter weitergegeben werden. Oder gibt es da vielleicht doch Auswege?

Gesetzlich sei die Lage völlig klar geregelt, sagt Jürgen Michael Schick, Makler in Berlin und Vizepräsident des Immobilienverbandes Deutschland IVD. Eine Beauftragung durch den Mieter sei zwar auch in Zukunft – ab 1. Juni – möglich. „Allerdings muss daraufhin der Makler auf Grund dieses Gesuchs nach einer Wohnung Ausschau halten, die er noch nicht im Sortiment hatte“, sagt Schick. „Wenn eine Wohnung bereits inseriert ist, ist es in Zukunft der Vermieter, der für die Dienste des Maklers bezahlen wird.“ So weit die Theorie.

Ein Fall aus der aktuellen Praxis zeigt, dass Makler versuchen könnten, die neue Gesetzesregelung mit simplen Tricks zu umgehen. Eine Lehrerin aus Zehlendorf erlebte in Berlin vor wenigen Tagen dieses:

Mit ihrer 23-jährigen Tochter ging sie zur Besichtigung eines Apartments; die Tochter möchte im Oktober in Berlin ein Studium aufnehmen. Aufmerksam geworden waren beide durch ein Inserat im World Wide Web. Beide hatten sich gezielt für Kleinanzeigeninserate interessiert; die Dienste eines Maklerhauses wollten sie nicht in Anspruch nehmen. Von einem Makler war in dem betreffenden Inserat auch gar nicht die Rede. Und doch meldete sich im Zuge der Kontaktaufnahme eben dieser Berufsstand.

Das Maklerbüro übermittelte elektronisch einen Fragebogen. Die branchenübliche „Selbstauskunft“? Nicht wirklich. Denn das Fragebogen, der dem Tagesspiegel vorliegt, ist mit der Zeile „Suchauftrag zur Anmietung/Kauf einer Immobilie“ überschrieben.

Maklerin zur Rede gestellt

Die beiden Frauen dachten zunächst an nichts Schlimmes. Die Tochter füllte alles aus, strich jedoch den Passus „Der / die Mietinteressent/in bzw. der / die Kaufinteressent/in beauftragt / beauftragen die Firma (…), Inh. (…), ein o. a. Objekt zu suchen.“ Die Studentin in spe setzte noch ein deutliches „keine Beauftragung“ hinzu. Vor Ort öffnete Mutter und Tochter eine Maklerin die Wohnungstür und übergab beiden eine Widerrufsbelehrung. Sie ist Teil einer Neuregelung durch eine neue EU-Verbraucherrichtlinie.

Eine der interessantesten Passagen des Papiers: „Haben Sie verlangt, dass die Dienstleistungen während der Widerrufsfrist beginnen soll, so haben Sie uns einen angemessenen Betrag zu zahlen, der dem Anteil der bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie uns von der Ausübung des Widerrufsrechts hinsichtlich dieses Vertrages unterrichten, bereits erbrachten Dienstleistungen im Vergleich zum Gesamtumfang der im Vertrag vorgesehenen Dienstleistungen entspricht.“ Soll heißen: Zahlen müssen Sie wenigstens einen Teilbetrag, wenn Sie vom Vertrag zurücktreten, denn Sie haben uns ja beauftragt.

Die Frauen beriefen sich auf das Bestellerprinzip, von dem sie aufgrund der breiten Berichterstattung in den Medien annahmen, dass es schon in Kraft getreten sei. Und sie stellten die Maklerin zur Rede: Schließlich habe doch offenbar der Vermieter – über den Makler – ein Inserat im betreffenden Immobilienportal platziert. Warum denn nun sie, die Interessenten, dafür zahlen sollten?

Die erstaunliche Antwort: Das könne man dem Vermieter „aus alter Verbundenheit“ mit dem Maklerhaus nicht antun. Die beiden Frauen unterschrieben die Widerrufsbelehrung nicht und zogen sich von Objekt und Makler zurück. Rechtlich gesehen, haben sie vielleicht alles richtig gemacht. Doch die 1-Zimmer-Wohnung konnten sie so natürlich nicht mieten.

"Die Vermieter werden sich die höheren Kosten vom Mieter wieder zurück holen"

„Derzeit und damit vor dem 1. Juni ist das, was die Leserin bzw. ihre Tochter da erlebt haben, noch rechtens“, sagt die Berliner Rechtsanwältin Katrin Dittert. Werde das Formular allerdings auch nach dem 1. Juni noch an Mietinteressenten verteilt, sei das mindestens „grenzwertig“: Auf der einen Seite werde zwar ein Vertrag geschlossen, gesetzt, es unterschreiben beide Parteien. Auf der anderen Seite sei der Makler aber nicht vom Mieter beauftragt worden; zu zahlen habe bei Vertragsabschluss in diesem Falle die Provision der Vermieter. Eigentlich.

„Nach meiner Wahrnehmung sind die Vermietungsmakler nicht dabei, einen ,Dreh’ zu finden, doch den Mieter zahlen zu lassen“, sagt IVD-Vize Schick. Makler würden sicher versuchen, „passgenaue Angebote für die Vermieter zu entwickeln“. Ohne Zweifel werde die Kostenlast am langen Ende aber doch wieder beim Mieter liegen – auch wenn die kurzfristige Zahllast zunächst beim Vermieter läge. „Denn die Vermieter werden sich die höheren Kosten vom Mieter wieder zurück holen“, sagt der Sprecher des Immobilienverbands Deutschland IVD.

„Nach dem Wohnungsvermittlungsgesetz darf die Maklerprovision höchstens zwei Monatsmieten, ohne Betriebskostenvorauszahlungen, zuzüglich Mehrwertsteuer betragen“, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund (DMB). Anlässlich der Einführung des Bestellerprinzips sagt Ropertz: „Makler brauchen Aufträge, nicht den großen Trick.“ 

Vereinbarungen zwischen Mieter und Makler seien noch geltende Rechtslage, doch die werde ab 1. Juni nicht mehr ausreichen. „Makler werden erfinderisch sein“, sagt Ropertz, „sie müssen zwar einen Auftrag vom Vermieter haben, können aber natürlich trotzdem einen Vertrag mit dem Mieter schließen, nach dem sie von ihm beauftragt werden, eine Wohnung für ihn zu suchen.“ Die betreffenden Formulare sind bereits im Umlauf.

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