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© Marcus Fehse, Berlin/promo

Mitte: Zweite Chance für Fehrbelliner Höfe

Nach dem Scheitern von Orco realisiert die Leipziger Licon-Gruppe das Luxus-Wohnprojekt in Mitte.

Ein Herbsttag im Jahr 2007. In einem leer stehenden Fabrikgebäude in der Fehrbelliner Straße in Mitte empfängt Rainer Bormann, Chef des Projektentwicklers Orco Germany, ausgewählte Journalisten. Er stellt ihnen das Projekt „Fehrbelliner“ vor – rund 150 Wohnungen in denkmalgeschützten Gründerzeitgebäuden und ergänzenden Neubauten, die ein für Berlin neues Luxussegment schaffen wollen. Die Rede ist von „einem der spektakulärsten deutschen Immobilienprojekte“, von „differenzierten Interior-Designkonzepten“ und „kulturaffinen Multihomern“, vorrangig aus dem Ausland, die angesprochen werden sollen.

Alles vergebens: Nicht einmal ein Jahr später, im August 2008, verkündete Orco einen Baustopp. Man wolle sich auf gewerbliche Vorhaben konzentrieren, hieß es zur Begründung. Doch jetzt soll es mit einem neuen Investor weitergehen: „Mit Beginn des Frühjahrs werden sich auf der Baustelle wieder die Kräne drehen“, stellt Markus Heinker, Sprecher der Licon-Unternehmensgruppe aus Leipzig, in Aussicht. Licon erwarb im vergangenen Jahr von Orco die entsprechende Objektgesellschaft und will das auf 75 Millionen Euro veranschlagte Vorhaben bis 2012 vollenden.

Das von Orco entwickelte Grundkonzept bleibt dabei laut Heinker unverändert: Auch Licon will rund 150 Wohnungen in unterschiedlichen Typen mit zusammen 18 000 Quadratmetern Wohnfläche schaffen. Dazu gehören Etagenwohnungen in den Vorderhäusern an der Fehrbelliner Straße, Lofts in der denkmalgeschützten, 1876 errichteten Fabrik im hinteren Teil des Grundstücks und Neubau-Penthouses mit Blick über die Dächer von Berlin. Für die Planung bleibt das bereits von Orco ausgewählte Berliner Büro Eike Becker Architekten verantwortlich.

Im Einzelnen gebe es jedoch schon „einige Änderungen“, sagt Sprecher Heinker. Deutlicher wird die Licon-Gruppe auf ihrer Internetseite: „Im Gegensatz zum vorherigen Eigentümer“, heißt es da, „spricht die Licon durch eine konsequente Ausrichtung am tatsächlichen Wohnbedarf eines breit gefächerten Zielpublikums die Kundschaft passgenau an.“ Am deutlichsten äußert sich das bei den Wohnungsgrößen: Während Orco einzelne Einheiten von über 500 Quadratmetern Wohnfläche vorsah, reicht das Spektrum jetzt von 57 bis 296 Quadratmeter. Damit einher geht eine Änderung der Zielgruppe. Orco hatte mit teuren Präsentationen auf Kunstmessen und aufwendigen Hochglanzmagazinen vor allem vermögende US-Bürger mit Interesse an Kunst angesprochen. Die Kunden, die bisher bei der Licon gekauft haben, stammen dagegen alle aus Deutschland.

Ebenfalls deutlich gesunken sind die Kaufpreise. Licon ruft Preise zwischen 2790 und 6690 Euro pro Quadratmeter auf. Orco verlangte einen Einstandspreis von 3800 Euro pro Quadratmeter; ein Betrag für die exklusiveren Einheiten wurde nie offiziell genannt. Gut informierten Kreisen zufolge sollen für die Penthouse-Wohnungen mehr als 10 000 Euro pro Quadratmeter im Gespräch gewesen sein – ein Preis, der in Berlin zuvor höchstens im Beisheim-Center am Potsdamer Platz erzielt worden war. Trotz der jetzt vergleichsweise moderaten Preise versprechen auch die neuen Investoren den Käufern höchsten Komfort inklusive Echtholzfußböden, Concierge-Service und Wellnessbereich.

Möglich dürfte die Preissenkung sein, weil Licon nach Einschätzung von Branchenkennern sehr günstig den Zuschlag erhielt. Orco beziffert den Verkaufspreis für die Fehrbelliner Höfe in seinem Geschäftsbericht für das erste Halbjahr 2009 auf 5 Millionen Euro – nicht viel angesichts der umfangreichen Vorarbeiten, die das Unternehmen bereits in das Projekt gesteckt hatte. Dass Orco das Vorhaben aufgeben musste, hat übrigens weniger mit der allgemeinen Finanzmarktkrise als mit hausgemachten Problemen zu tun: Orco Germany brauchte dringend Kapital, nachdem die börsennotierte Gesellschaft durch den Kauf zahlreicher Großprojekte – darunter das Haus Cumberland und der Leipziger Platz – sowie durch finanzielle Probleme der luxemburgischen Muttergesellschaft Orco Property Group in eine wirtschaftliche Schieflage geraten war. Der Verkaufsstand der Fehrbelliner Höfe soll dagegen gut gewesen sein.

Diese ursprünglichen Kaufverträge wurden alle rückabgewickelt. Trotzdem hat Licon nach eigenen Angaben bereits wieder 40 Einheiten verkauft. Die Gesamtfinanzierung des Vorhabens sei gesichert, sagt Unternehmenssprecher Heinker. Die Licon-Unternehmensgruppe ist auf die Revitalisierung von Denkmalimmobilien spezialisiert und war bisher vor allem in Leipzig tätig, wo sie zuletzt in einer ehemaligen Kaserne unter dem Namen „Kaisergärten“ 150 Wohnungen schuf.

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