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Immobilien: Neue preiswerte Wohnungen braucht das Land Studie des Pestel-Instituts: In Deutschland fehlen

vier Millionen Sozialwohnungen.

Ein Bündnis aus Gewerkschaften und Verbänden beklagt alarmierende Zustände beim Angebot von Sozialwohnungen in Deutschland. Nur jeder fünfte finanzschwache Haushalt habe derzeit die Chance, eine Sozialmietwohnung zu bekommen, erklärten Vertreter der Initiative am Donnerstag in Berlin. Der „Wohnungsbau Initiative“ gehören unter anderem auch die Gewerkschaft IG BAU und der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure (BDB) an.

Eine Studie des Pestel-Instituts Hannover habe ergeben, dass insgesamt vier Millionen Sozialwohnungen fehlten. „Die letzten Jahre haben gezeigt, dass der Anteil der Wohnkosten am Einkommen immer weiter steigt“, sagte der Direktor des Deutschen Mieterbunds, Lukas Siebenkotten. Wichtig sei, dass dieser Anteil für untere Einkommensschichten höchstens ein Drittel betrage. Den Bund fordert die Initiative auf, stärker zu kontrollieren, ob das Geld, das für den sozialen Wohnungsbau an die Länder fließe, auch für diesen Zweck ausgegeben wird, und nicht beispielsweise zur Schuldentilgung.

Grund für den Schwund an Wohnraum für sozial Schwache sind nach Angaben der Studie vor allem auslaufende Mietpreisbindungen. Allein um den derzeitigen Bestand zu halten, seien jährlich rund 130 000 zusätzliche Wohnungen nötig. Um deren Finanzierung müsse sich auch der Bund kümmern, forderte Siebenkotten. Der den Ländern zur Verfügung gestellte Betrag für den sozialen Wohnungsbau von 518 Millionen Euro jährlich müsse mindestens verdoppelt werden. Auch dürften die Zahlungen nicht, wie bisher geplant, im Jahr 2013 auslaufen.

Der aktuelle bundesweite Bedarf an Sozialwohnungen liegt nach Angaben des Leiters des Pestel-Instituts, Matthias Günther, bei 5,6 Millionen Einheiten. Auf dem Markt verfügbar seien aber lediglich 1,6 Millionen dieser günstigen Wohnungen. Bezahlbaren Wohnraum – insbesondere für Geringverdiener, Alleinerziehende und Rentner – zu schaffen, ist eine der drängendsten sozialen Herausforderungen“, sagte Günther. Bei vorsichtiger Berechnung gebe es in Deutschland gut 7,15 Millionen Haushalte, die eine Sozialmietwohnung beanspruchen könnten.

In Berlin ging der Bestand an sozialem Mietwohnraum im Vergleich der Jahre 2007 und 2010 um rund 40 000 Wohnungen zurück. Nach Berechnungen des Deutschen Mieterbundes wenden Mieter mit einem Nettoeinkommen von weniger als 1300 Euro im Monat für das Wohnen – Warmmiete und Strom – inzwischen 45,8 Prozent ihres Einkommens auf. Bei den Mietern, die weniger als 1700 Euro netto im Monat haben, seien es 41,3 Prozent; die durchschnittliche Belastung läge bei 34 Prozent, sagte Siebenkotten.

Mit Blick auf die Besonderheit, dass in Berlin Sozialwohnungen gelegentlich teurer sind als auf dem freien Markt angebotene Wohnungen, forderte Siebenkotten: „Der Staat ist aufgerufen, es hinzubekommen, dass Sozialmieten günstiger sind als die Durchschnittsmieten – es ist eine Frage der Förderung, der Höhe der Förderung und der Laufzeiten.“

Den Bedarf an Sozialwohnungen in Berlin bezifferte die „Wohnungsbau Initiative“ auf rund 600 000 Wohnungen. 2007 habe es noch 260 000 Einheiten sozialen Mietwohnraums gegeben, im Jahr 2010 seien es noch 220 000 gewesen. „Der Run auf die Städte beginnt sich ja erst auszuwirken“, sagte Siebenkotten mit Blick auf die Lücke, die das Pestel-Institut bereits heute zwischen Bedarf und Bestand errechnet hat.

„Wir wissen, dass die Zahl der Sozialwohnungen bundesweit um 130 000 pro Jahr erhöht werden müsste, um den Abgang von Wohnungen aus der Sozialbindung zu kompensieren“, sagte Norbert Ewald von der IG Bauen-Agrar-Umwelt. Derzeit gäbe es jährlich 12 000 Neubauten und 20 000 Modernisierungen in Deutschland. „Wenn wenigstens 50000 Wohnungen jährlich neu gebaut würden – bei Kosten von 80 000 Euro pro Einheit – dann hätten wir ein Bauvolumen von vier Milliarden Euro im Jahr.“

„Wenn der Aderlass bei den Sozialwohnungen sich mit diesem rasanten Tempo fortsetzt, dann werden wir bereits Ende dieses Jahres die 1,5-Millionen-Marke unterschreiten“, ergänzte Günther. Dies sei eine „dramatische Entwicklung“. Wenn sich die Entwicklung ohne politische Korrekturen fortsetze, sei mit zunehmenden sozialen Spannungen in den nächsten Jahren zu rechnen. Deutschland brauche einen „Masterplan für den sozialen Wohnungsbau“. Bund, Länder und Kommunen seien gleichermaßen gefordert. Auch seien die Bundesländer am Zuge, selbst mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau fließen zu lassen. Die Länderhaushalte müssten den Neubau und die Modernisierung von Sozialwohnungen insbesondere in Wachstumsregionen stärker fördern. Länder, Städte und Gemeinden sollten dort zudem gezielt Bauland für den Mietwohnungsbau ausweisen.

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