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Niedrige Zinsen: Krisengewinner findet man auf der Baustelle

Häuslebauer und Immobilienkäufer gehören zu den wenigen Gewinnern der Finanzkrise: Denn sie können derzeit Immobilien zu Traumkonditionen finanzieren. Bei vielen Anbietern sind die Zinsen für fünfjährige Darlehen inzwischen sogar unter 3,5 Prozent gesunken.

Häuslebauer und Immobilienkäufer gehören zu den wenigen Gewinnern der Finanzkrise: Denn sie können derzeit Immobilien zu Traumkonditionen finanzieren. Bei vielen Anbietern sind die Zinsen für fünfjährige Darlehen inzwischen sogar unter 3,5 Prozent gesunken.

Zu den derzeit günstigsten Anbietern von Immobiliendarlehen gehören die Hypothekenmakler Creditweb beziehungsweise Enderlein, die Santander Consumer und die Düsseldorfer Schnigge-Bank. So zahlt ein Kunde beim Baugeldvermittler Enderlein nur noch 3,31 Prozent effektiv, wenn er zu fünf Jahre lang festen Zinsen finanziert und sein Haus oder seine Wohnung zu höchstens 60 Prozent beleiht.

Insgesamt bieten im Moment mehr als 20 Banken oder Kreditmakler Bestsätze bis zu 3,5 Prozent an. Soll die Wunschimmobilie höher beliehen werden, steigt der Zinssatz meist nur um 0,07 bis 0,2 Prozentpunkte. Auch langfristige Darlehen sind derzeit günstig wie nie. Bei den günstigsten Anbietern können sich Bauwillige für zehn Jahre durchweg Sätze deutlich unter vier Prozent sichern. Selbst wer 20 Jahre Zinssicherheit bevorzugt, zahlt oft noch weniger als 4,5 Prozent. 100 000 Euro lassen sich damit bereits mit 355 (fünfjährige Zinsbindung) bis 435 Euro (20-jährige Zinsbindung) pro Monat finanzieren.

Die Stiftung Warentest weist aber darauf hin, dass es selten wichtiger war als heute, verschiedene Angebote einzuholen und mit spitzem Stift durchzurechnen. Denn die Spannbreite der Konditionen ist erheblich: So kosten 100 000 Euro auf fünf Jahre bei teureren Anbietern im Monat bis zu 211 Euro mehr. Ein Häuslebauer zahlt damit für 100 000 Euro binnen fünf Jahren 28 200 Euro Zinsen – statt knapp 15 900 Euro Zinsen beim billigsten Anbieter. Verbraucherschützer empfehlen deshalb auch Hypothekenkunden, deren Zinsbindung in Kürze ausläuft, ihre Anschlussfinanzierung nicht blind bei der bisherigen Bank abzuschließen, sondern den Markt genau zu prüfen – und notfalls zu wechseln.

Bisher scheut die große Mehrheit der Baukreditkunden noch den Wechsel: Zwei Drittel, ergab eine Studie im Auftrag der ING Diba, bleiben ihrem Kreditanbieter treu, oft nur aus Bequemlichkeit. Häufig seien Banken jedoch auch verhandlungsbereit, heißt es. Wer die Angebote der Konkurrenz kenne, könne auch mit seiner Hausbank über einen günstigeren Zinssatz sprechen. Unter dem Strich kommt, wer heute eine neue Hypothek abschließt, erheblich billiger weg als vor zehn Jahren: 1999 und 2000 mussten Immobilienkäufer zwischen fünf und sechs Prozent hinblättern.

Selbst wer erst in sechs bis zwölf Monaten ein neues Darlehen abschließen muss, könnte darüber nachdenken, sich die aktuellen Sätze zu sichern. Hier gelten dann die sogenannten Forward-Konditionen, die von Bank zu Bank sehr unterschiedlich sein können. Während manche Institute ihren Kunden diesen Service gratis anbieten, lassen es sich andere mit teilweise deutlichen Aufschlägen bezahlen, wenn der Kunde sich heute einen günstigen Zins für einen Kredit von morgen sichern will. Bei vielen Anbietern wie Baufi.net zahlt er sechs Monate lang gar nichts, danach fallen 0,02 Prozent pro Monat an, wobei bis zu fünf Jahre im voraus abgeschlossen werden kann. Bei der Interhyp wiederum kostet ein sofort ausgezahltes Fünfjahres-Darlehen 3,49 Prozent effektiv. Wird es erst in drei Jahren ausgezahlt, steigt der Zins auf 3,86 Prozent. Bei den meisten Anbietern kostet jeder Monat bis zur tatsächlichen Auszahlung des Kredits einen Zinsaufschlag zwischen 0,001 und 0,03 Prozent auf den aktuell üblichen Bestsatz.

Und grundsätzlich gilt: An die Bestkonditionen kommen meist nur Schuldner mit guter bis sehr guter Bonität und höherem Eigenkapital. Gerade in Krisenzeiten sind die Banken auf der Suche nach verlässlichen Kreditkunden. Gleichzeitig gehen Banken flexibler denn je auf die Wünsche solventer Kunden ein. Immer häufiger können die Raten während der Laufzeit verändert und beispielsweise an eine veränderte Einkommenssituation angepasst werden. Auch größere Sondertilgungen räumen viele Anbieter inzwischen ohne Zinsaufschlag ein.

Wer sich die gegenwärtigen Traumkonditionen sichern will, muss jedoch nichts überstürzen, das glauben zumindest die meisten unter den Zinsauguren. „Da die Konjunkturindikatoren weltweit nach unten zeigen, werden die Leitzinsen der Notenbanken noch auf längere Frist historisch niedrig bleiben“, prophezeit Robert Haselsteiner, der Gründer des Kreditvermittlers Interhyp. Die Europäische Zentralbank werde die Leitzinsen zwar weiter zurücknehmen, doch sei dies bereits am Markt vorweggenommen. Haselsteiner rechnet folglich in den kommenden Wochen mit stabilen Zinssätzen, die jedoch im Tagesrhythmus stark schwanken können.

Veronika Csizi

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