zum Hauptinhalt

Revitalisierung: Neue Nutzungsangebote

Ohne eine Änderung des Konzeptes haben viele Kaufhaus-Immobilien – trotz ihrer zumeist guten Lagen – keine Zukunft.

„Eines der größten Probleme in der bisherigen Betrachtung zu restrukturierender Handelsimmobilien ist die Fokussierung auf ein reines Vermietungsproblem“, sagt Wilhelm Pfaffenhausen, Geschäftsführer des auf die Vermittlung von Ladenlokalen und Geschäftshäusern in deutschen Innenstädten spezialisierten Maklerunternehmens Comfort, das auch am Hertie-Umbau in Neukölln beteiligt ist.

Pfaffenhausen plädiert für die Neupositionierung der Kaufhausimmobilien, vor allem jener, die bei einer Forcierung der Top-Standorte in Eins-a-Lagen an den Rand zu rücken drohen: „Einwohner eines Markteinzugsgebietes sind nicht nur Träger einer potenziellen Kaufkraft, sondern auch Akteure in einem übergeordneten soziotechnischen System.“ Diese These legt nahe, dass Kaufhausimmobilien auf unterschiedliche Weisen restruktuiert bzw. neu organisiert werden müssen, wie folgende Beispiele zeigen:

KAUFHAUS WIRD CLUB

Auf der Fläche des früheren Prenzlauer Tors steht das 1927–1929 für die jüdischen Geschäftsleute Hermann Golluber und Hugo Haller errichtete Kredit-Kaufhaus Jonaß & Co AG (Torstraße 1). Architekten des siebenstöckigen Eckgebäudes mit einer Grundfläche von circa 3000 Quadratmetern im Bauhausstil waren Gustav Bauer und Siegfried Friedländer. Im nationalsozialistischen Deutschen Reich befand sich das Haus im Besitz der NSDAP, die hier zwischen 1942 und 1945 die Zentrale der „Reichsjugendführung“ (zur Betreuung der Mitglieder der Hitlerjugend) einrichtete. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Gebäudekomplex verstaatlicht und diente unter der Bezeichnung Haus der Einheit zuerst der SED als Verwaltungszentrale. 2004 erwarb das deutsch-britische Unternehmen Cresco Capital den Baukomplex für neun Millionen Euro und lässt unter Beachtung des Denkmalschutzes das „Soho House Berlin“ entstehen, die Umbaukosten werden mit rund 300 Mio. Euro angegeben. Es soll eine noble Residenz für Künstler, Journalisten, Regisseure und Manager aus dem Medienbereich werden. Das Arbeitszimmer von Wilhelm Pieck sowie weitere Räume sollen der Öffentlichkeit zugänglich sein.

KAUFHAUS WIRD MUSEUM

Der berühmte halbrunde Kaufhaus-Bau in der Brückenstraße in Chemnitz – ein Werk des bedeutenden Architekten Erich Mendelsohn, entworfen 1927 und drei Jahre später, 1930, eröffnet – soll das Haus der Archäologie in Chemnitz werden. Das Chemnitzer Kaufhaus Schocken gehört zu den bedeutendsten Bauten der Klassischen Moderne Europas und wurde bis vor wenigen Jahren noch als Warenhaus genutzt.

KAUFHAUS WIRD VERBANDSZENTRALE

Das ehemalige Wertheim-Kaufhaus an der Rosenthaler Ecke Sophienstraße in Berlin wird Sitz des AOK-Bundesverbandes. Das historische Gebäude ist total entkernt worden und wird saniert. Das 1903 von dem Architekten Alfred Messel erbaute Kaufhaus der Familie Wertheim wurde nach Kriegsschäden im Dach- und Fassadenbereich 1954 wiederaufgebaut. Von 1956 an beherbergte es einen Werbemittelhersteller. Bis zum Jahr 2000 nutzten verschiedene Dienstleister das Haus. Danach stand es leer.

Neben diesen Umnutzungen dürften indes aber auch jene Kaufhaus-Immobilien eine neue Chance bekommen, die mit über das reine Einzelhandelsangebot hinausgehenden Nutzungen Kunden anziehen. „Beispiele sind Bibliotheken, Kindergärten oder auch Wohnungen“, so Matthias Böning (mfi Management für Immobilien AG). „Insbesondere multifunktionale Shoppingcenter haben große Chancen, unbeschadet durch die Rezession zu kommen: Die nicht kommerziellen Nutzungen fungieren als zusätzliche Magneten.“Tong-Jing Smith/Bü.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false