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Immobilien: Schattige Zeiten für Solaranlagen

Das "Klimabündnis" von Wirtschaft, Wohnungsverbänden und Senat zeigt erste Risse / Eine ZwischenbilanzVON CHRISTOF HARDEBUSCHEigentlich müßte Eckart Baum stolz sein.Vor wenigen Tagen hat die von ihm geführte Wohnungsbaugesellschaft Hohenschönhausen (Howoge) mit dem Bau einer solarthermischen Anlage begonnen, die neue Maßstäbe setzt.

Das "Klimabündnis" von Wirtschaft, Wohnungsverbänden und Senat zeigt erste Risse / Eine ZwischenbilanzVON CHRISTOF HARDEBUSCHEigentlich müßte Eckart Baum stolz sein.Vor wenigen Tagen hat die von ihm geführte Wohnungsbaugesellschaft Hohenschönhausen (Howoge) mit dem Bau einer solarthermischen Anlage begonnen, die neue Maßstäbe setzt.Die 360 000 DM teure Anlage wird 232 Wohnungen zu einem Drittel mit Warmwasser versorgen und ist damit die größte ihrer Art im Berliner Plattenbau.Sie wird jährlich 80 000 Kilowattstunden Fernwärme und 19 Tonnen des Klimakillers CO2einsparen.Auch die Mieter sparen drei Pfennig pro Quadratmeter und Monat.Beim Thema Geld zieht sich die Stirn des Bauherrn Baum allerdings kraus."Selbst mit der Landesförderung rechnet sich die Anlage nicht." Weil der Grundpreis für Fernwärme hoch ist, schlagen Energieeinsparungen nur wenig zu Buche.Hätte die Howoge nicht ohnehin große, im normalen Fernwärmebetrieb überflüssige Wasserspeicher zur Verfügung gehabt, die Anlage wäre nie gebaut worden.Denn solche Speicher sind es, die Solaranlagen kostspielig machen."Unser Motiv ist die Vereinbarung mit dem Land Berlin.Mir wäre es lieber, wenn es diese Vereinbarung nicht gäbe", sagt Baum.Wärmeschutzdämmung oder Heizungsumstellung brächten wesentlich mehr CO2Einsparung und seien zudem wirtschaftlich.Andere Gesellschaften verzichten deshalb gänzlich auf solare Warmwasserbereitung.Die GSW zum Beispiel, mit 75 000 Wohnungen eines der größten Wohnungsunternehmen der Stadt, will die Klimaziele mit anderen Mitteln erreichen: "Wir schaffen das durch Heizungsmodernisierung, Dämmung und bessere Fenster", erläutert Helmut Asche die Strategie seiner Gesellschaft.So zeigt das vor einem knappen halben Jahr als Ersatz für die gescheiterte Solaranlagenverordnung gestartete Klimabündnis von Wirtschaftskammern, Verbänden der Wohnungs- und Bauwirtschaft und Energiekonzernen erste Risse.Die - freiwillige - "Vereinbarung der Berliner Wirtschaft und des Landes Berlin zur CO2Minderung und zur Verbreitung von Solaranlagen" dürfte vor allem das zweite Ziel verfehlen.Die bis Jahresende angestrebte Solarkollektorenfläche ist kaum noch zu erreichen.Die Umweltverwaltung versprüht dennoch Optimismus: "Wir erwarten, daß die Wirtschaft ihre Verpflichtungen einhält", stellt Klaus Müschen, Chef der Energieleitstelle im Hause Strieder, klar.Die Aussichten dafür sind schlecht: Von den in der Vereinbarung für die Jahre 1997 und 1998 geforderten 3500 Quadratmetern Kollektorfläche sind gerade mal 500 installiert."Mehr als 2000 werden es bis Jahresende nicht werden", prophezeit denn auch Uwe Hartmann von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie.Und Bernd Strehlow vom Verband Freier Wohnungsunternehmer Berlin/Brandenburg nennt einen weiteren Grund: "Der Neubau geht stärker zurück als erwartet".Weniger Wohneinheiten, weniger Solarkollektoren, so die einfache Gleichung.Für die angepeilten CO2Einsparungen ist die Solarthermie kaum von Belang.Von den in der Vereinbarung prognostizierten rund 17 Tonnen entfallen nur 2,6 Prozent auf Solarenergie.88 Prozent sollen durch die Verbreitung von Blockheizkraftwerken (BHKW) erwirtschaftet werden.Sie emittieren rund 40 Prozent weniger CO2als die herkömmliche Kombination aus moderner Gasheizung und Strom aus Großkraftwerken.Der BHKW-Strom wird ganz oder teilweise an die Bewag verkauft.Doch hier gibt es nun Ärger: Die Bewag senkte die Einspeisevergütung für BHKW-Strom um insgesamt 23 Prozent.Vor allem größere Anlagen seien in ihrer Wirtschaftlichkeit bedroht, klagt der Sprecher der BHKW-Interessengemeinschaft, Jan Kröger.Günter Borch von der Bewag hält dagegen: "Die Vergütung ist an unser Preisgefüge gebunden und sinkt mit jeder Preisreduzierung." Wer damit Probleme habe, habe eben schlecht kalkuliert.Die Umweltverwaltung stößt ins selbe Horn.Müschen: "In Westdeutschland ist die Vergütung auch nicht höher."Anders sieht es der Verband Berlin/Brandenburgischer Wohnungsunternehmer."Viele BHKW wurden unter anderen Voraussetzungen gebaut.Die Absenkung der Vergütung hat zum Teil erhebliche Auswirkungen", sagt Siegfried Rehberg, technischer Referent des Verbandes.Man verhandle aber nun mit der Bewag über Verbesserungen.Für einige Projekte kommt dies allerdings zu spät.So wird das von der Gasag und dem Energiedienstleister EKT für die Neubausiedlung "Pulvermühle" in der Wasserstadt Spandau geplante BHKW voraussichtlich nicht realisiert."Wegen der reduzierten Einspeisevergütung sind finanzielle Verluste zu befürchten", begründet Hans-Thomas Stöckel von der EKT den Rückzieher.Auf die offizielle Zwischenbilanz der Berliner CO2Vereinbarung zum Jahresende darf man also gespannt sein.

CHRISTOF HARDEBUSCH

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