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Kein Rosenkrieg, bitte! Makler Tobias Schwarz nimmt sich zerstrittene Eheleute erst mal vor, um sie auf eine gemeinsame Verkaufsstrategie einzuschwören. Foto: picture-alliance/gms

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"Scheidungsimmobilien": Ganz aus dem Häuschen

Wer nach einer Scheidung die gemeinsame Immobilie loswerden will, sollte an einem Strang ziehen.

Das Haus ist fertig – und die Ehe auch: Daniella (32), Lehrerin, und Marco (36), Finanzberater, hatten sich ihre Zukunft anders ausgemalt. In einem schmucken Einfamilienhaus, ein paar Kilometer hinter dem Stadtrand. Für sich und die kleine Tochter Rebecca.

Ob es der Baustress war? Jedenfalls sind die beiden auseinander, die Scheidung läuft. Aber mit dem Haus wollen Daniella und Marco nun alles richtig machen. Jetzt bloß keinen „Rosenkrieg“ um die Immobilie, das wäre der Ruin. Die beiden sind zwar von Tisch und Bett getrennt, aber sie bleiben zusammen, bis ihr Haus rundum fertig ist – dann wird verkauft. Sie werden noch den Garten anlegen und auch den Zaun bauen wie geplant. Dann wird auch der Preis stimmen, den sie beim Verkauf erzielen müssen.

Denn wehe, wenn Immobilienkäufer eine „Scheidungsimmobilie“ wittern – dann wird der Preis gedrückt: Die Interessenten haben in diesen Fällen „viel Zeit“. Nur die Verkäufer nicht: Die Hypothekenraten, die Kosten für die Ersatzwohnungen und die Anwaltskosten drücken aufs Budget, und ewig werden die Banken nicht stillhalten.

„Scheidungsimmobilien strahlen nichts mehr aus. Sie zeigen, dass hier das Glück nicht mehr wohnt“, warnt Tobias Schwarz. Er ist ein Immobilienmakler aus Berlin, der sich auch die „schweren Fälle“ zutraut. Alle zwei, drei Wochen bekommt er einen Scheidungsverkauf auf den Tisch. Aus seiner Sicht sind „gescheiterte Ehen inzwischen der häufigste Grund, aus dem Einfamilienhäuser oder Wohnungen veräußert werden“.

Eigenheime, aus denen schon ein Ehepartner ausgezogen ist, verraten sich durch viele Kleinigkeiten, die ein Fachmann sofort erkennt: Der Rasen ist nicht akkurat gemäht, die Fenster sind nicht geputzt oder „im Flur steht zu viel Zeug herum, die Zimmer sind irgendwie voll gekramt und da fehlt ein Möbelstück“, so Schwarz. Man muss bei einer Hausbesichtigung nicht erst ins Badezimmer schauen, ob dort die Summe von Kosmetika und Rasierzeug für ein Ehepaar aufgeht. Geübte Hausbesichtiger zählen auch schon einmal die Handtücher durch.

Tobias Schwarz nimmt sich die zerstrittenen Eheleute erst einmal vor – „in Einzelgesprächen“. Er will den kleinsten gemeinsamen Nenner für den Verkauf finden und beide auf eine Verkaufsstrategie verpflichten. „Auf eine!“, betont er. Man habe nur die Wahl zwischen einem „schnellen Verkauf“ und der Strategie, einen hohen Preis zu erzielen. Beides zusammen gehe nicht, so Tobias Schwarz. „Wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen und klar ist, dass an die Bank 220 000 Euro zurückgezahlt werden müssen, um plus/minus null aus der Sache herauszukommen“, warnt der Makler, „dann sollten die Scheidungswilligen begreifen, dass für Rachegefühle kein Platz ist.“ Bei einem Notverkauf unter Preis laufen die Schulden beiden ein halbes Leben lang nach.

Nur die zweitbeste Lösung bei einer Trennung ist es, wenn einer der beiden Ex-Partner – oft die Frau mit Kindern – in dem Eigenheim bleibt, der „Ex“ auszieht und sich eine neue Wohnung sucht. Oft genug werden dann Unterhaltsansprüche intern so verrechnet, dass der Ex-Ehemann weiter die Kreditraten für das Haus zahlt. Beide bleiben zur Hälfte Eigentümer der Immobilie, sie müssen nicht zum Notar, sie müssen das Grundbuch nicht ändern lassen, und die Bank soll auch ruhig bleiben.

Falsch gerechnet, denn das stille Gegengeschäft, Unterhalt gegen Hypothekenprämien aufzurechnen, mag elegant sein. Es geht aber oft genug schief. Marcus Treiber, Rechtsanwalt und Immobilienspezialist aus Rangsdorf im Kreis Teltow-Fläming, warnt: Unterhaltsansprüche verjähren nach deutschem Recht im Handumdrehen. Aber der Ehemann könnte – wenn er sich die Sache später anders überlegt, weil er vielleicht wieder heiraten will – nach Jahren noch zulangen: Da beide zu gleichen Teilen Eigentümer der Immobilie sind, darf der „Ex“ einen Gesamtschuldnerausgleich verlangen. Das kann über die Jahre hinweg einen fünfstelligen Betrag ausmachen. Vertragliche Regelungen, die das Unheil von der früheren Ehefrau fernhalten können, sind in der Praxis selten, „aber dringend geboten“, rät Rechtsanwalt Marcus Treiber.

Nach einer Scheidung könnte zudem ein Ex-Ehepartner, der – in welcher Form auch immer – deutlich mehr zu der gemeinsamen Immobilie beigesteuert hat, versuchen, auf den Ausgleich so genannter unbenannter oder ehebedingter Zuwendungen zu pochen. Spätestens dann reift die Einsicht, dass man all dieses und noch viel mehr schon vor dem Grundstückserwerb in einem Ehevertrag hätte regeln sollen.

Die schlechteste Lösung: Wenn die zerstrittenen Eheleute sich von Rachegefühlen leiten lassen, wenn einer bei der Scheidung unbedingt „Blut sehen will“. Jeder der gemeinsamen Eigentümer kann vor dem zuständigen Amtsgericht die Teilungsversteigerung „zur Aufhebung der Eigentümergemeinschaft“ verlangen.

„Man muss den Menschen klarmachen, wie sie hier mit dem größten Vermögenswert umgehen, den sie in ihrem Leben angeschafft haben“, so Makler Schwarz. Man muss die hohen Kosten für Gericht und Gutachter bedenken – und die Zeit: Es dauert Jahre. Der Zuschlag bei der Teilungsversteigerung geht dann erfahrungsgemäß weit unter Immobilienwert. Denn bei Teilungsversteigerungen warten schon, ganz bildlich, die Geier auf Beute.

TIPPS: Ohne Trauschein - aber immer mit Vertrag

Beim Stichwort „nichteheliche Lebensgemeinschaft“ wird es kompliziert – nicht allein, wenn es um Immobilien geht. Alle Paare – ob verheiratet oder nicht – , die nicht den gesetzlichen Güterstand nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) für sich reklamieren wollen, sollten spezielle Regelungen treffen. Und zwar – dick unterstrichen – vor dem Kauf einer Immobilie.

Da führt kein Weg an der Beratung durch Fachleute vorbei. In der Regel sind das die in Immobilienangelegenheiten bewanderten Rechtsanwälte. Es dämpft das Glücksgefühl keineswegs, das der Bauwunsch bei jungen oder auch nicht mehr ganz jungen Paaren auslöst, wenn ein Außenstehender sachlich die Wechselfälle des Lebens in Vertragsform fasst. Es schafft nur Sicherheit.

Ein Rechtsanwalt weiß auch, wann ein Notar die Abmachungen beurkunden muss – denn bei Grundstücksangelegenheiten sind viele Dinge beurkundungspflichtig.

Weiterer möglicher Regelungspunkt: die „Schwiegereltern-Hypothek“ – für den Fall, dass eine Ehe oder Lebensgemeinschaft scheitert. Der Eigenkapital-Zuschuss, den einer der beiden Partner von seinen Eltern mit in die Hausfinanzierung eingebracht hat, könnte sonst leicht im ganzen Trennungsärger versacken.

Und wie sieht es mit der gemeinsamen Mietwohnung im Fall des Auseinandergehens aus? Hier gilt: Wenn die Partner den Mietvertrag gemeinsam abgeschlossen haben, müssen sie diesen auch gemeinsam kündigen. Weigert sich der Ex-Partner, die Kündigung zu erklären, muss diese im Notfall vor Gericht durchgesetzt werden.

Will ein Partner die gemeinsam angemietete Wohnung vor Ablauf der Mietzeit weiter nutzen, muss er im Zweifel ab diesem Zeitpunkt die Miete allein zahlen. Allerdings hat der verbleibende Partner für eine Übergangszeit von maximal sechs Monaten einen Ausgleichsanspruch. Der Grund: Für den in der Wohnung verbleibenden Partner bedeutet es eine besondere Härte, wenn er unvorbereitet plötzlich allein für die Kosten aufkommen muss.

Auch der Umgang mit einer gemeinsamen Mietwohnung kann selbstverständlich Gegenstand eines Partnerschaftsvertrages sein. Oder aber die Möglichkeit von – befristeten – Unterhaltsleistungen der Ex-Partner zueinander, insbesondere wenn ein gemeinsames Kind geplant ist.

Wer gründlich ist, trifft außerdem Regelungen über die Eigentumsverhältnisse an während der Beziehung angeschafften Sachen und ihre Aufteilung im Falle der Trennung. Dann bleibt im Ernstfall zumindest weiterer Ärger erspart. kdv/Tsp

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