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Immobilien: Schnäppchen-Adresse am Kurfürstendamm

Wer heute ein Büro sucht, hat vor allem ein Problem: Er muss sich zwischen vielen guten Angeboten entscheiden. Rechtsanwalt Wolfgang Vonnemann hatte Erfolg. Für die neue Adresse seiner Kanzlei in Ku’damm-Nähe zahlt er nur kleines Geld

Auf der Terrasse liegt ein faustdicker Stapel Broschüren: gelbe, rote, blaue Einbände mit Aufschriften aus fetten Buchstaben und viele dünne weiße Hefte mit Bildern von Bürohäusern auf dem Deckblatt. Wolfgang Vonnemann hat die Sammlung zusammengetragen. Genau genommen, ist es seit einiger Zeit die Auslese seiner täglichen Post. Der Rechtsanwalt war auf der Suche nach einem neuen Büro für seine Kanzlei – und wurde fündig. Schwierig daran war vor allem eins: die richtige Wahl zu treffen unter den vielen guten Angeboten.

Denn das Angebot an Gewerbeimmobilien übersteigt bei weitem die Nachfrage. In der Stadt stehen 1,5 Millionen Quadratmeter Bürofläche leer. Die Preise sind so billig, wie zu Zeiten als in Berlin noch die Mauer stand. Daher musste Vonnemann „einfach nur die paar Telefonnummern wählen, die an den Vermietungsplakaten in der Nachbarschaft prangen.“ Am anderen Ende der Leitung nahmen freundliche Stimmen sein Anliegen auf. Bald bemühten sich mehrere der renommiertesten Maklerhäuser in seiner Sache: Atis-Real Müller und Eureal zählten dazu, und auch einige Eigentümer meldeten sich. Viel Aufhebens um einen Kunden, der nicht gerade das große Geschäft verspricht: Etwa 140 Quadratmeter Bürofläche wollte er mieten. Und das auch noch zu einem moderaten Preis: gut zehn Euro pro Quadratmeter. Plus Nebenkosten, versteht sich.

Nicht nur, dass der Unternehmer wenig Geld ausgeben wollte, er hatte auch noch eine klare Vorstellung von seiner neuen Adresse. Das Büro sollte am Ku’damm oder in einer Seitenlage liegen und zwar möglichst dicht am Olivaer Platz. Hier, in der Wielandstraße 24, lag auch seine bisherige Geschäftsadresse. „Und dies ist eine wunderbare Lage“, sagt Vonnemann. Am Olivaer Platz gibt es einen großen Parkplatz, auf dem er sein Auto kostenfrei abstellen kann, weil er für kleines Geld eine Anlieger-Vignette erwerben kann. Im Umkreis bieten viele Restaurants einen Mittagstisch. „Und vor allem muss ich mich nicht durch einen Strom von Touristen drängen, um an meinen Arbeitsplatz zu gelangen“, sagt der Rechtsanwalt.

Eines der schönsten Objekte

Daher schied auch eine der ansonsten attraktivsten Immobilien aus der Flut von Angeboten schließlich aus: die Meinekestraße 27. Der Altbau in unmittelbarer Nähe von Kurfürstendamm und Tauentzien wird völlig neu aufgebaut – „Entkernung“, heißt es im Fachjargon. Nach der durchgreifenden Sanierung bietet der Eigentümer in der Meinekestraße Büroflächen mit einer Größe zwischen 111 und 1545 Quadratmetern, wobei der Mieter selbst entscheiden kann, wie viele und wie große Zimmer er auf seiner Mietfläche verteilen will. Auch die Ausstattung wird vom Feinsten sein: Parkett auf den Böden, Glasfasertapete, Hohlraumböden gegen den Kabelsalat und voll eingerichtete Teeküchen. Das hat seinen Preis: Im Exposé stehen Mietpreise zwischen 17,38 Euro und 18,92 Euro je Quadratmeter und Monat. „Aber wenn die 17 Euro schreiben, dann kommen am Ende der Verhandlungen 14 Euro raus“, sagt Vonnemann. Frank Orten vom Maklerhaus City-Report bestätigt, dass es Spielraum gibt, schränkt aber ein: „Wenn sich das Gesicht des Eigentümers verfärbt, dann ist die Schmerzgrenze erreicht.“

So hart hat Vonnemann nicht verhandelt. „Ein Gefühl für den angemessenen Marktpreis“ habe sich nach Durchsicht von mehreren Dutzend Exposés und zahlreichen Besichtigungen „von selbst ergeben.“ Ärgerlich nennt er nun Angebote, die aus seiner Sicht aus dem Rahmen fallen: „Am Kranzler-Eck verlangen die Eigentümer 25 Euro pro Quadratmeter. Das ist völlig unangemessen in der heutigen Zeit“, sagt Vonnemann.

Das Kranzler-Eck ist ein Glasriegel am unteren Ende des Ku’damms, einen Steinwurf von der Gedächtniskirche entfernt. Der Entwurf für das Hochhaus stammt wie beim Sony-Gebäude am Potsdamer Platz vom deutsch-amerikanischen Architekten Helmut Jahn. Das Kranzler-Eck ist heute im Eigentum des Offenen Immobilienfonds Difa. Diese große Kapitalsammelstelle verfügt über reichlich Reserven. Daher kann die Firma das Gebäude auch noch heute, über zwei Jahre nach der Eröffnung am 27.Dezember 2000 teilweise leer stehen lassen. Die Spekulation des Eigentümers: Lieber keine Nutzer zu niedrigen Mieten ins Haus holen, um zahlungskräftigen Konzernen eine große Auswahl von Flächen bieten zu können. In allen drei Bauteilen des Glaspalastes sind zusammen noch mehrere tausend Quadratmeter im Angebot. Sogar im 15.Stockwerk mit Blick über Berlin. „Das kann sich doch nur jemand leisten, der sein Geld nicht selber verdienen muss“, so Vonnemann.

Im Exposé zum „Neuen Kranzler-Eck“ heißt es: „Repräsentieren im modernsten City-Quartier am Ku’damm“. Maklerin Buwitt verteidigt die teuren Preise: „Dieses Hochhaus kann man nicht vergleichen mit einem Altbau in der Nachbarschaft.“ Für eine Villa in Grunewald müssten Mieter schließlich auch mehr zahlen als für die Wohnung einer städtischen Gesellschaft in derselben Lage. Buwitts Firma hat selbst auch Quartier in einem aufwändig gebauten Neubau bezogen: im Bürohaus der Firma Trigon, an der Budapester Straße, neben dem Hotel Intercontinental. Nicht zuletzt wegen des blinkenden Chroms, des polierten Natursteins und der freundlichen aber bestimmten Herrschaften vom Wachdienst. „Personal, Klima und Aufzug – das kostet eben“, sagt Buwitt.

Rechtsanwalt Vonnemann wird bei der Immobilie seiner Wahl, in der Clausewitzstraße 3, Nebenkosten von 1,80 Euro je Quadratmeter bezahlen. Auch die Miete in der kleinen Straße zwischen Olivaer- und Adenauerplatz wird das Budget der Kanzlei nur mit 11,25 Euro je Quadratmeter und Monat belasten. Die Räume sind insgesamt 140 Quadratmeter groß, und der Vermieter reißt auf eigene Kosten noch eine Wand nieder, damit das Büro den Ansprüchen des neuen Mieters gerecht wird. Darüber hinaus macht der Eigentümer keine Zugeständnisse. Anders als bei Abnehmern von 300 Quadratmetern und mehr, die Immobilien-Eigentümern allerhand abverlangen können (siehe Kasten).

Doch für solche „Incentives“ ist in der Clausewitzstraße angesichts des guten Zuschnitts der Bürofläche wohl auch der Preis zu niedrig: Nur 20 der 140 Quadratmeter sind eingeschränkt nutzbar, weil sie als Flur, WC und Teeküche dienen. In sechs von sieben Zimmern könnte ein eigenständiger Arbeitsplatz eingerichtet werden, weil jedes von dem kurzen Flur aus begehbar ist.

Diese große so genannte „Flächeneffizienz“ ist ungewöhnlich für einen Altbau. Damit werben üblicherweise Immobilien wie die „Leibniz-Kolonnaden“. Die beiden Häuser wurden nach Plänen des Berliner Architekten Hans Kollhoff errichtet und waren für den Rechtsanwalt eine ernsthafte Alternative. Zumal auch die Miete mit einer Verhandlungsbasis von 15 Euro je Quadratmeter konkurrenzfähig war. Doch in dem Neubau waren nur noch Büros mit 97 oder mehr als 184 Quadratmetern zu haben.

Dagegen bevorzugte die Ehefrau des Rechtsanwaltes das Büro in der Meinekestraße. Denn das lag im dritten Obergeschoss „schön hell und sonnig“. Doch der Rechtsanwalt und seine zwei Angestellten suchen genau das Gegenteil. Das Büro in der Clausewitzstraße liegt im Hochparterre. „Da blendet die Sonne nicht auf den Bildschirmen, und im Sommer wird das Büro nicht zum Brutkasten.“

Eigentlich habe er einen Dreijahresvertrag abschließen wollen, berichtet Vonnemann. Am Ende einigte er sich mit dem Vermieter auf fünf Jahre. Anders als Wohnungsmieter können Nutzer gewerblicher Flächen nicht vorzeitig aus einem einmal abgeschlossenen Vertrag aussteigen. Wer während des Berlin-Booms 1996 einen zehnjährigen Vertrag unterzeichnete, zahlt heute doppelt so viel wie ein neuer Mieter im selben Gebäude. Pacta sunt servanda - Vertrag ist Vertrag.

Den Kompromiss bei der Vertragslaufzeit ging Rechtsanwalt Vonnemann ohne große Bedenken ein: „In den nächsten fünf Jahren werden die Mieten in Berlin nicht dramatisch steigen“, glaubt er. Für seine Kanzlei wird er, wie bei gewerblichen Mietverträgen auch sonst üblich, jedes Jahr etwas mehr zahlen müssen. Eine Vertragsklausel sieht vor, dass die Miete mit dem vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Preisindex für Lebenshaltungskosten steigt. Doch die Gefahr einer hohen Inflation ist zurzeit gering. Konjunkturforscher fürchten sogar, dass die Preise fallen könnten. „Und wenn diese Deflation wirklich kommt“, unkt Vonnemann, „sinkt meine Miete vielleicht am Ende noch.

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