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Energiefeld. Lohnt sich der Strom vom eigenen Dach überhaupt noch? Ja, sagen Experten – wenn möglichst viel davon selbst verbraucht wird.

© Tobias Kleinschmidt/dpa

Solarstrom: Sonnenstrahlen stapelweise

Wer eigenen Solarstrom effektiv nutzen will, braucht einen Speicher. Die werden derzeit deutlich billiger.

Gnädig war man bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) mit den Besitzern kleiner Solaranlagen. Eigentlich sollten auch sie für selbst verbrauchten Strom die EEG-Umlage zahlen. Aus dieser Umlage, die Normalverbraucher über den Strompreis entrichten, werden die Produzenten von erneuerbarem Strom vergütet. Doch die typischen Eigenheimanlagen mit weniger als zehn Kilowatt Leistung bleiben nun doch von der Umlage ausgenommen.

Allerdings sind die Vergütungen für Grünstrom stark gesunken. Neue Anlagen erhalten nur noch 12,5 Cent pro Kilowattstunde. Strom aus dem Netz kostet etwa das Doppelte. Anstatt den Strom ins Netz einzuspeisen und dafür die EEG-Umlage zu kassieren lohnt es sich also, möglichst viel Strom vom Dach selbst zu verbrauchen. Gerade kleine Anlagen werfen eine hohe Rendite ab, hat das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg errechnet. Eigenverbrauch werde sich deshalb „ganz, ganz schnell ausbreiten“ und sei „ein großer Schrecken für große Stromversorger“, fasst Eicke Weber vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme zusammen.

Allerdings passen die Muster von Erzeugung und Verbrauch nicht richtig zusammen. Mittags, wenn die Sonne aufs Dach brennt, ist oft niemand zu Hause, um den Strom zu nutzen. Man braucht also einen Speicher. Ohne ihn liegt der mögliche Eigenverbrauch bei nur 30 Prozent. Wie weit sich dieser „Autarkiegrad“ steigern lässt, ermittelt der Unabhängigkeitsrechner der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTW); er steht im Internet kostenlos zur Verfügung (pvspeicher.htw-berlin.de/onlinetools). „Die Ergebnisse zeigen, dass Einfamilienhaushalte 70 Prozent und mehr ihres Jahresenergiebedarfs durch Solarstromspeicher decken können“, sagt Volker Quaschning, Experte für Regenerative Energiesysteme an der HTW.

Die Zahl der geförderten Speicher hat sich verdoppelt

Noch sind Speicher zwar relativ teuer, doch auch hier purzeln die Preise. 20 Prozent billiger wurden moderne Lithium-Ionen-Speicher in diesem Jahr, 15 Prozent werden es im kommenden Jahr sein, teilt die US-Marktforschungsgesellschaft IHS mit. Trotzdem steht wie bei allen Erneuerbaren eine hohe Anfangsinvestition der späteren Ersparnis gegenüber.

„Speicher-Pioniere“ fördert ein Programm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – das anfangs allerdings nicht besonders gut lief, berichtet der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW). Grund sei, dass Antragsteller für den Zuschuss einen Kredit bei der KfW aufnehmen müssen. „Dabei suchen viele Leute in der jetzigen Niedrigzinsphase nach Investitionsmöglichkeiten und wollen gar keinen Kredit aufnehmen“, sagt Magnus Maier vom BSW. Inzwischen aber ist das Programm ins Rollen gekommen; die Zahl der geförderten Speicher hat sich 2014 gegenüber dem Vorjahr verdoppelt.

Doch wie den richtigen Speicher auswählen? Zyklenzahl und Entladetiefe sind Parameter, die nicht jeder Endverbraucher abschätzen kann. Wer mehr wissen will, kann sich eine Checkliste auf der Website des Speicherherstellers E3/DC herunterladen (www.e3dc.com/files/eupd2014.pdf). Künftig aber wird man sich mit solchen Entscheidungen eher nicht mehr plagen müssen, weil Komplettanlagen aus Solarpanelen und Speichern auf den Markt kommen. Eine Paketlösung namens „Q.Home“ etwa will der Modulhersteller Hanwha Q-Cells zusammen mit Samsung ab diesem Monat anbieten.

Für diese sogenannte Regelenergie bieten die Netzbetreiber gute Preise

Wer nicht selbst investieren möchte, wird bald auch mit Mietlösungen zur Photovoltaikanlage kommen. Bayern mit seinen vielen Solaranlagen macht es vor: Der Projektierer Baywa Re und der regionale Versorger Energie Südbayern bieten neuerdings Solarstromanlagen auf Ein- und Zweifamilienhäusern zur Pacht an. Das Modell könnte ein Weg sein, alte und neue Energieerzeugung zu versöhnen. So hat sich etwa der ehemalige Strommonopolist im US-Bundesstaat Vermont schon umgestellt und fördert die dezentrale Erzeugung mit ähnlichen Angeboten wie Energie Südbayern. „Dadurch wurden in vier Jahren 400 Millionen Dollar Übertragungskosten im Stromnetz gespart“, berichtete der Gouverneur von Vermont, Peter Shumlin, anlässlich der New Yorker Klimawoche.

Für Regelenergie bieten die Netzbetreiber gute Preise

Für das Netz können auch die Speicher in Einfamilienhäusern Vorteile bringen: Als Reserve für Situationen, in denen ein Spannungsausgleich gebraucht wird, weil zu viel oder zu wenig Strom im Netz ist. Für diese sogenannte Regelenergie bieten die Netzbetreiber gute Preise. Mit Flexibilität verdienen will der Ökostrom-anbieter Lichtblick. Er zahlt Kunden mit Batterie eine sogenannte Schwarmstromprämie von jährlich 100 Euro, wenn sie ihren Speicher für ein virtuelles Kraftwerk zur Verfügung stellen. Gerade läuft in Berlin ein Test mit 20 Elektroautos, deren Batterien ebenfalls mit der Schwarmstromsoftware von Lichtblick zusammengeschaltet sind, berichtet Pressesprecher Ralph Kampwirth. Er ist „felsenfest überzeugt, dass der Speichermarkt bald explodiert“.

Noch ungelöst ist die Frage, wie auch Mieter einer PV-Anlage auf dem Dach profitieren könnten. Hier baut das EEG bürokratische Hürden auf. Auch die gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften halten sich noch zurück, weil sie ihre Steuerbefreiung verlieren könnten, wenn sie als Stromproduzenten tätig werden. Das ließe sich aber durch die Gründung von Tochterunternehmen beheben. Für das Hellersdorfer Gelbe Viertel hat sich die Wohnungsgesellschaft Stadt und Land Partner gesucht, die ihre Dachflächen pachten und den Sonnenstrom an die Mieter verkaufen. Der Preis pro Kilowattstunde liegt fast vier Cent unter dem Grundversorgungstarif von Vattenfall.

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