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Stadt der Zukunft: Mit "nachhaltigen" Gebäuden zum Vermietungserfolg

Viele Investoren bauen auf Umweltzertifikate – weil sie verstärkt nachgefragt werden: Die Stadt der Zukunft wächst derzeit am Rande von Abu Dhabi: Masdar City soll ausschließlich mit regenerativen Energien versorgt werden und weder Kohlendioxid noch Müll erzeugen. Ganz so weit ist man in Berlin noch nicht. Doch auch hier tut sich Erstaunliches.

Zwar klafft in der Friedrichstraße 40, direkt am U-Bahnhof Kochstraße, noch eine schmale Baulücke. Das aber wird sich bald ändern: Voraussichtlich Mitte August beginnen die Bauarbeiten für ein gläsernes Bürogebäude, wie Uwe Kröber, Geschäftsführer des Investors ANH Hausbesitz aus Arnsberg (Nordrhein-Westfalen), in Aussicht stellt. Etwa 4,5 Millionen Euro wird Kröber in das vom Berliner Büro Petersenarchitekten entworfene Haus investieren. Es ist nicht irgendein Haus.

Das Ungewöhnliche am Neubau: Er ist besonders nachhaltig. Dokumentiert wird dies durch das Vorzertifikat der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB), das die ANH Hausbesitz vergangene Woche auf der Consense, dem internationalen Kongress für nachhaltiges Bauen in Stuttgart, überreicht bekommen hat. So überzeugt waren die Gutachter von den Qualitäten des Projekts, dass sie ihm das Gütesiegel in Gold – der höchsten von drei möglichen Stufen – verliehen.

Was aber bedeutet Nachhaltigkeit, dieser so oft verwendete Modebegriff, hier genau? Manche sprechen von nachhaltigen Gebäuden, wenn sie ökologisch konzipierte Immobilien (sogenannte Green Buildings) meinen. Für die DGNB, eine als Verein eingetragene Gesellschaft unter dem Präsidium des bekannten Stuttgarter Ingenieurprofessors Werner Sobek, geht Nachhaltigkeit jedoch weit über eine energie- und ressourcenschonende Bauweise hinaus: Nachhaltig ist für sie ein Gebäude, das sowohl ökologisch als auch ökonomisch und soziokulturell höchste Qualitäten aufweist. Um dies zu überprüfen, erarbeitete die DGNB zusammen mit dem Bundesbauministerium einen Katalog von rund 50 Kriterien, zu denen Bauherr und Architekt detaillierte Nachweise erbringen müssen. Frischwasserverbrauch und Innenluftqualität gehören ebenso zu diesen Kriterien wie Barrierefreiheit, das Vorhandensein von Fahrradstellplätzen und eine spätere Umnutzungsfähigkeit.

„Diese Kriterien sind für uns eine Checkliste, die dafür sorgen, dass wir bei der Planung nichts vergessen“, sagt Uwe Kröber, der Bauherr der Friedrichstraße 40. Da sein Unternehmen die Immobilien stets langfristig im eigenen Bestand behalte, sei es wichtig, „frühzeitig über Nachhaltigkeit nachzudenken“. Darüber hinaus betrachtet Kröber das Gütesiegel jedoch auch als „nicht zu vernachlässigendes Marketinginstrument“, mit dem sich ein Investor auf einem von erheblichem Leerstand geprägten Büromarkt gegenüber der Konkurrenz abheben könne.

Kröber will das Zertifikat denn auch bei der Ansprache potenzieller Mieter bewusst in den Vordergrund rücken. Dabei denkt er insbesondere an Verbände, Lobbyisten und Anwaltskanzleien, die kleinere Flächen suchen. Eine Etage der Friedrichstraße 40 weist nämlich nur 150 Quadratmeter Mietfläche auf, die zudem komplett flexibel – vom Einzel- bis zum Großraumbüro – gestaltet werden kann.

Mit Vermarktungsproblemen nicht herumschlagen muss sich das zweite Vorzeigeprojekt in Sachen Nachhaltigkeit, das die Hauptstadtregion zu bieten hat: das Paul-Wunderlich-Haus in Eberswalde – es ist nämlich das Verwaltungszentrum des Landkreises Barnim. 2007 in Betrieb genommen, erhielt es Anfang dieses Jahres als eines der ersten Gebäude überhaupt das DGNB-Gütesiegel in Gold. „Wir entschieden uns“, sagt Landrat Bodo Ihrke, „den Neubau am Leitbild der Nachhaltigkeit zu orientieren und ein Zeichen für ökologisches und sozial verträgliches Bauen im Barnim zu setzen.“ Der Berliner Architekt Thomas Winkelbauer vom Büro GAP Architekten entwarf ein Gebäude, das dank der Verwendung von Erdwärme und dem klugen Einsatz konstruktiver Mittel etwa zwei Drittel weniger Energie verbraucht als ein konventionell errichtetes Bürohaus.

Derzeit gibt es das DGNB-Zertifikat nur für neue Verwaltungs- und Bürogebäude. Weitere sogenannte Systemvarianten sind aber in Vorbereitung: Schon im Herbst will die DGNB auf der Gewerbeimmobilienmesse Expo Real in München erste Gütesiegel für Industrie- und Handelsbauten vergeben; später sollen auch Bildungsgebäude, Wohnhäuser und ganze Stadtquartiere zertifiiziert werden – in letzterer Kategorie ist übrigens das Quartier Heidestraße am Berliner Hauptbahnhof eines der Modellprojekte.

Für kleinere Eigentümer allerdings, die gern die Nachhaltigkeit ihres Mehrfamilienhauses nachweisen möchten, dürfte es in der Regel zu aufwändig sein, ein Gütesiegel der DGNB zu erlangen. Für sie wird es bald eine Alternative geben: Im Herbst will die mehrheitlich vom Bund getragene Deutsche Energie-Agentur (dena) das Qualitätssiegel „Effizienzhaus“ auf den Markt bringen. Ein am Gebäude befestigtes Schild soll dann auf die besondere Qualität hinweisen – wobei die dena ausschließlich die energetische Effizienz, nicht aber Aspekte wie Nutzerkomfort oder ökonomische Nachhaltigkeit prüft. Denn, so dena-Geschäftsführer Stephan Kohler: „Bei Miet- und Kaufinteressenten steigt die Nachfrage nach hoch energieeffizienten Gebäuden massiv an.“

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