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Hier sind intelligente Lösungen gefragt. Der Verfall des Rundlokschuppens in Heinersdorf könnte auch etwas mit schwerfälligen Verwaltungsabläufen zu tun haben. 

©  Reinhart Bünger

Rundlokschuppen: Sturzgebete von Investoren – Stoßgebete an Denkmalschützer

Kann das weg? Oft haben Anwälte das letzte Wort, wenn es um die Erhaltung von Gebäuden geht. Hier richtet ein Vertreter dieser Zunft den Blick auf ein städtebauliches Minenfeld in Berlin.

Von Frank Stollhoff

Am Pankower Tor verfällt auf dem Krieger-Gelände der denkmalgeschützte Rundlokschuppen am S-Bahnhof Pankow-Heinersdorf. Eine der wenigen verbliebenen Schwedler-Kuppeln, eine ingenieurtechnische Meisterleistung des vorletzten Jahrhunderts, ist akut gefährdet. Die Fronten zwischen Denkmalinteressen und Investoreninteressen scheinen – zum Nachteil des Denkmals – noch lange nicht überwunden. Denkmalschutz contra Investoreninteresse, ein nicht neues städtebauliches Problem- und Minenfeld.

Daneben gibt es in Berlin auch viele Beispiele der gelungenen Integration denkmalrechtlicher Belange in bedeutende investive Vorhaben. Anderenfalls dem Verfall preisgegebene Industriedenkmäler wären der Stadt sonst wohl verloren gegangen. So würden heute mutmaßlich der Schöneberger Gasometer, das Kreuzberger Schultheiss-Areal oder das ehemalige Zentralmagazin der städtischen Gaswerke, heute Energieforum Berlin, nicht mehr existieren.

Dies gibt Anlass, die rechtlichen Hintergründe des Konflikts zwischen Denkmalinteresse und Investoreninteresse zu betrachten:

Maßgeblich ist das Denkmalschutzgesetz Berlin. Bau- und Bodendenkmale im Land Berlin werden nachrichtlich in die Denkmalliste eingetragen. Jegliche Änderung des Erscheinungsbildes, die auch nur teilweise erfolgende Beseitigung, Aufenthaltsveränderung oder auch nur die Instandsetzung oder Wiederherstellung von Denkmälern ist genehmigungspflichtig.

Probleme gibt es immer dann, wenn sich die Erhaltung nicht rechnet

Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt. Zuständig ist die untere Denkmalschutzbehörde des jeweiligen Bezirksamts. Werden denkmalberührende Maßnahmen im Zusammenhang mit einem Baugenehmigungsverfahren erforderlich, entscheidet allein die Baugenehmigungsbehörde. Die denkmalrechtliche Genehmigung wird dann Bestandteil der Baugenehmigung.

Probleme entstehen, wenn die Wahrung denkmalrechtlicher Belange, also die Erhaltung oder Wiederherstellung von Baudenkmälern in Privatbesitz, so kostenintensiv ist, dass sich diese Erhaltung oder Wiederherstellung aus Investorensicht nicht rechnet. Dies oft auch deshalb, da Denkmäler in aller Regel nur schwer in ein renditeorientiertes Nutzungskonzept gepresst werden können. Hier sind intelligente Lösungen gefragt.

Wird bei defizitärer Renditerechnung für ein Denkmal ein Abrissantrag gestellt, wird dieser in aller Regel abschlägig beschieden. Das Denkmalrecht verpflichtet die Verfügungsberechtigten, d. h. die Eigentümer, ihre Denkmäler im Rahmen des Zumutbaren instand zu halten und instand zu setzen, diese sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdung zu schützen.

Denkmalbehörden können den Verfügungsberechtigten verpflichten, bestimmte Maßnahmen zur Erhaltung des Denkmals durchzuführen. Kommen die Eigentümer der Denkmäler diesen Anordnungen der Denkmalbehörden nicht nach, kann eine Ersatzvornahme durchgeführt werden. Der Verfügungsberechtigte kann dann – wiederum im Rahmen des Zumutbaren – zur Erstattung der entstandenen Kosten herangezogen werden.

Entscheidungsprozesse müssten deutlich schneller verlaufen

Über die Zumutbarkeit wird stets trefflich gestritten. Dieser Streit – oder auch nur die Ankündigung eines solchen Streits – kann einen Stillstand eintreten lassen, der regelmäßig zum Nachteil des zusehends verfallenden Denkmals geht. Denkmalbehördliche Anordnungen können ferner Ausgleichsansprüche der Eigentümer von Denkmälern nach sich ziehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Kosten, die dem Eigentümer durch denkmalbehördliche Anordnungen entstehen, dauerhaft nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Denkmals aufgewogen werden können.

Können Gefahren für den Bestand, die Eigenart oder das Erscheinungsbild eines Denkmals nicht auf andere Weise nachhaltig abgewehrt werden, so ist schließlich die Enteignung des Eigentümers eines Denkmals zugunsten des Landes Berlin zulässig. Auch dies ist entschädigungspflichtig.

Das geltende Recht bietet zur Lösung des Konflikts zwischen Denkmalinteresse und Investoreninteresse also durchaus praktikable Lösungsansätze und Möglichkeiten. Entscheidend ist eine mutige, entschlossene und vor allen Dingen kurzfristige Rechtsanwendung. Denkmalschutzbehörden müssen hier den Investoreninteressen ebenso aufgeschlossen gegenüber stehen wie die Investoren den denkmalrechtlichen Belangen selbst.

Im Interesse der Denkmäler und der Investoren sind die Verwaltungsabläufe und Entscheidungsprozesse deutlich zu beschleunigen. Konflikte würden damit deutlich entschärft; der beklagte Verfall bedeutender Baudenkmäler oder eine ebenso beklagte Blockade wichtiger Investorenvorhaben würden dann gar nicht erst eintreten. Die Frage nach dem Maß des erforderlichen Opportunismus des Denkmalschutzes bräuchte dann auch gar nicht erst gestellt zu werden.

Der promovierte Autor Frank Stollhoff ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Berlin (www.ts-law.de).

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