zum Hauptinhalt
So soll die bisher wüste Ecke Bundesallee/Nachodstraße bald aussehen.

© SSN Development/Kürger Schubert Vandreike (KSV)

Teilabriss: An der Ecke Bundesallee geht’s bald rund

SSN Development trennt sich von Allbau. Jetzt will der Projektierer das Gelände des alten Jobcenters an der Nachodstraße selbst entwickeln.

Der geplante Neubau eines Wohn- und Geschäftshauskomplexes an der Bundesallee/Ecke Nachodstraße, direkt gegenüber der Investitionsbank Berlin, kann in Kürze beginnen. Markus Palm von der Eigentümergesellschaft SSN Development in Düsseldorf berichtete dem Tagesspiegel, dass die Abrissarbeiten am ehemaligen, seit Längerem leer stehenden Arbeitsamt schon bald starten werden, eventuell noch in diesem Jahr. Ein entsprechender Abbruchantrag sei bereits im Bezirksamt gestellt worden.

Damit sind in der Zwischenzeit aufgekommene Zweifel an dem Projekt hinfällig. An der verkehrsreichen Ecke im Nordosten Wilmersdorfs sollen in hervorragender Innenstadtlage Geschäftshäuser, Büros und auch etwa 80 Wohnungen für etwa 100 Millionen Euro errichtet werden. Das Berliner Architektenbüro Krüger Schuberth Vandreike (KSV) hatte bereits vor einiger Zeit allgemein gelobte Entwürfe vorgelegt und arbeitet jetzt am konkreten Bauantrag, der „demnächst“ im Bezirksamt eingereicht werden soll. Das hat SSN-Projektleiter Palm jetzt bestätigt.

Eigentlich war der Baubeginn schon für Anfang des Jahres geplant; das alte Jobcenter steht seit Mitte Dezember 2013 leer. Doch statt der Bagger für den notwendigen Teilabriss des Altgebäudes machte sich Unkraut auf der Fläche breit. Tatsächlich verfiel das Grundstück in eine Art „künstliches Koma“. Unterbrochen wurde dies durch einen „Tatort“-Dreh. Dafür brachen die Produzenten eigens ein Loch in die Fassade und schwärzten ein früheres Büro mit Rußfarbe. So wurde der hässliche Klotz aus dem Jahre 1977 zum Brandort, glücklicherweise nur im Film.

Im Jahr 2012 hatte die Schweizer SSN-Group das Grundstück erworben. Die in Deutschland unter dem Dach der Holding operierende SSN Development mit Sitz in Düsseldorf hatte schon bald das KSV-Architektenbüro mit Projektentwürfen beauftragt. Erste Simulationen wurden bereits 2013 vorgestellt. Bertram Vandreike: „Wir haben damals die Leitlinie vorgegeben und arbeiten jetzt an den Modifizierungen.“ Diese beträfen noch Änderungen an der Fassade und Details etwa für die wasserrechtlichen Genehmigungen. Dies geschehe in enger Abstimmung mit dem Stadtplanungsamt und anderen Behörden im Bezirk.

Ursprünglich sollte die SSN-Partnerfirma Allbau, ein Berliner Projektentwickler, das ambitionierte Vorhaben realisieren. Doch inzwischen haben sich die Wege getrennt. Norman Weichhardt, geschäftsführender Gesellschafter von allbau, sagte dazu: „Wir sind für das Projekt nicht mehr zuständig.“

Man habe die geplante Zusammenarbeit einvernehmlich beendet, bestätigte Markus Palm und sagt: „Wir haben uns jetzt klar entschieden, dass wir der Projektentwickler sind.“ Bisher war die SSN-Group noch nicht in Berlin tätig. Mit dem Projekt an der Bundesallee wolle man nun auch in der Hauptstadt eine Visitenkarte abgeben.

Früher waren hier Hochhäuser geplant, jetzt spricht man von "Stadtreparatur"

Das alte Jobcenter des Landesarbeitsamtes soll entkernt werden und dem Neubau die Struktur überlassen. Der grau-rote Betonklotz aus dem Jahr 1977 war nie sehr ansehnlich.

© Christian Hartwich

Seit Mai 2015 gilt ein eigens für das Projekt festgesetzter Bebauungsplan, den das Büro Krüger Schuberth Vandreike „begleitet“ hat. Im Gegensatz zu früheren Festlegungen wurde dabei auf Hochhäuser verzichtet. Sowohl die Eigentümer als auch der Bezirk begrüßten diesen Richtungswechsel. Die Architekten um Bertram Vandreike setzen jetzt auf „Reurbanisierung“. Projektleiter Palm spricht von „Stadtreparatur“.

Der vom Architektenbüro vorgelegte Plan sieht eine elegante Rundung des Gebäudes an der Straßenseite vor. Die Wohnungen sollen nach innen, lärmgeschützt, mit Blick auf einen ruhigen grünen Hofgarten angeordnet werden. Das Grundstück erhält an den Straßenseiten jetzt eine Blockkante. Dort sind wegen der Nähe zur verkehrsreichen Kreuzung Geschäfte und Büros geplant.

Damit wird die bisher recht zugige Ecke verdichtet und bekommt – nur rund 500 Meter vom Kranzlereck entfernt – eine innerstädtische Komponente. In der „zweiten Reihe“, so Markus Palm, soll loftähnliches Wohnen nach dem Vorbild etwa von Riehmers Hofgarten in Kreuzberg möglich sein.

Die Tiefgarage soll wiederverwendet werden

Die rund 80 Wohnungen werden aber nicht völlig neu auf ebener Erde gebaut. Vielmehr ist vorgesehen, die alte Skelettstruktur des Arbeitsamtes für den Neubau zu verwenden. Bei den in Kürze beginnenden Arbeiten handelt es sich zunächst also um einen Teilabriss von innen heraus. Bertram Vandreike spricht von einem „Rückbau“. Die am Komplex vorhandene Tiefgarage soll ebenfalls wiederverwendet und nach der Modernisierung weitergenutzt werden.

Der Baustadtrat von Charlottenburg- Wilmersdorf, Marc Schulte, begrüßt die Planungen von Krüger Schuberth Vandreike: „Eine städtebauliche Reparatur ist an dieser Stelle dringend notwendig.“ Die Bauverzögerung in der ersten Jahreshälfte habe ihm Sorge bereitet, räumte der Bezirkspolitiker ein. „Wir beobachten immer wieder, dass Grundstücke an Wert gewinnen, wenn man sie liegen lässt und dann weiterverkauft.“ Eine solche Wendung ist an der Bundesallee nun augenscheinlich ausgeschlossen.

Markus Palm von SSN Deutschland bekräftigte gegenüber dem Tagesspiegel: „Wir werden unser Vorhaben jetzt zügig voranbringen.“ Das soll sich auch an der bisher noch trist und trostlos daliegenden Arbeitsamtsruine zeigen.

Von den gleichen Architekten stammt auch die Humboldt-Box

Bisher befand sich an Ort und Stelle kein Hinweis auf das geplante Bauprojekt. „In ein, zwei Wochen“, versichert der Projektleiter, werde ein aktuelles Bauschild zu sehen sein und die Neugestaltung des Eckgeländes ankündigen. Am Altgebäude herunterhängende, teils zerfetzte Folien haben nichts mit einer eventuellen Asbestbelastung zu tun, sagte Architekt Bertram Vandreike auf Anfrage: „Von Asbest im Bauwerk ist uns bisher nichts bekannt. Man weiß aber nie, was bei einer Entkernung noch entdeckt wird.“

Die Humboldt-Box stand als temporäres Informationszentrum dort, wo jetzt das Stadtschloss emporwächst.

© Doris Spiekermann-Klaas

Die SSN Group hat in Deutschland bisher vor allem in Nordrhein-Westfalen Projekte realisiert. Dazu gehören die Synagoge in Bochum, das „Haus der Architekten“ in Düsseldorf und das Max-Ernst- Museum in Brühl im Rheinland.

Die Architektengruppe Krüger Schuberth Vandreike ist in Berlin mit der Humboldt-Box an der Schlossbaustelle in Erscheinung getreten. Weitere Projekte sind die Erweiterung der Mittelbrandenburgischen Sparkasse (Potsdam), das Institut für Ostseeforschung (Warnemünde) und das Museum für Moderne Kunst (Bozen).

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false