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Treppenhaus: Tatort Hausflur

Fahrrad, Schrank und Kinderwagen: Was darf unter den Briefkästen abgestellt werden und was nicht? Weil Gegenstände im Gemeinschaftsbereich oft buchstäblich Anstoß erregen, beschäftigen sie immer wieder die deutschen Gerichte.

Kinderwagen, Fahrräder, Tratsch mit den Nachbarn – grundsätzlich steht das Treppenhaus allen Mietern zur Verfügung. Das bedeutet aber nicht, dass dort jeder seine Sachen abstellen darf; Rücksichtnahme ist das Gebot. Allerdings werden Gebote nicht immer befolgt, so dass dies die Hausordnung regeln muss. Doch auch sie ist kein Evangelium. Wir erklären, was geht und was nicht.

FAHRRAD
Nicht nur mit dem Vermieter, auch mit Mitmietern gibt es oftmals Unstimmigkeiten darüber, ob ein Fahrrad im Hausflur stehen darf oder nicht. Ist der Vermieter einverstanden, so darf das Rad im Flur geparkt werden – allerdings nur dann, wenn das Haus keine andere Abstellmöglichkeit bietet und Nachbarn nicht unangemessen beeinträchtigt werden. Keinesfalls verboten werden darf aber die Unterbringung in der Wohnung oder im Hof des Hauses, weil vom Rad keine Gefahr ausgeht.

MOPED / MOTORRAD
Anders verhält es sich, wenn das „Rad“ Pferdestärken und einen Tank hat. Mopeds oder gar Motorräder dürfen nicht in den eigenen vier Wänden geparkt werden. Für den Hausflur (wie für den Kellergang oder für andere Gemeinschaftsräume) gilt, dass die Zustimmung vom Eigentümer einzuholen ist. Und die wird er nur dann geben, wenn das Abstellen nicht zu einer Beeinträchtigung oder Gefährdung der Mitbewohner führen kann, die normalerweise bei Ausstattung des Gefährts mit einem Treibstofftank von mehr als fünf Litern angenommen wird.

KINDERWAGEN
Regelt die Hausordnung einer Eigentumswohnanlage, dass „Kinderwagen vorübergehend im Hausflur abgestellt werden dürfen“, so kann ein einzelner Eigentümer den Passus nicht anfechten. Und das selbst dann, wenn er durch einen geparkten Kinderwagen nur noch einen Zugang zur Wohnung von 45 Zentimetern hat. Solange der Wagen nur vorübergehend abgestellt werde, sei das „selbstverständlich, sozialüblich und Element der Zweckbestimmung der Anlage“, so das Oberlandesgericht Hamm. (AZ: 15 W 444/00) Das gleiche Recht wurde einer Mutter zugebilligt, die im zweiten Stock wohnte. Sie stellte ihren Kinderwagen im Hausflur zum Teil unter den Briefkästen ab, wodurch sich Mitmieter beeinträchtigt fühlten. Stellt sich heraus, dass die aber ihre Post dennoch mühelos durch Beiseiteschieben des Buggys – ohne Kraftaufwand – herausnehmen können, so ist der Kinderwagen hinzunehmen. Das Argument der Mieter, dass sich dadurch Bewohner animiert fühlen könnten, Fahrräder im Flur abzustellen, hielt das Amtsgericht Braunschweig für abwegig. (AZ: 121 C 128/00)

KINDERKARRE
Hat ein Vermieter erlaubt, eine Kinderkarre im Flur abzustellen, kann er dies nicht mit der Begründung widerrufen, die Kinder „könnten bereits Rollschuh laufen“. Es gilt: Nur wenn Mieter „in Nutzung und Zweckbestimmung des Hausflures unangemessen eingeschränkt“ würden, wäre die Karre zu verbannen. (Amtsgericht Hamburg, 40B C 622/99)

ROLLATOR
Regelt die Hausordnung, dass „Fahrräder und Ähnliches nicht und Kinderwagen übergangsweise im Hausflur abgestellt werden können“, so ist das – an sich nicht zu beanstandende – Abstellverbot für die Fahrräder nicht auch auf Rollatoren, also Gehhilfen oder Stützapparate für Alte und Kranke, übertragbar. Das Benutzungsrecht des Treppenhauses muss allerdings in gemeinschaftsverträglicher Weise umgesetzt werden, so dass Personen, die unsicher auf den Beinen sind, ihre Gehhilfen zusammengeklappt im Hausflur stehen lassen dürfen – vorausgesetzt, Mitbewohner werden nicht unzumutbar beeinträchtigt. (Landgericht Hannover, 20 S 39/05)

GARDEROBE
Bringt die Eigentümerin einer Erdgeschosswohnung vor ihrer Tür eine Garderobe im Hausflur an, so muss sie ihre Kleiderablage wieder demontieren, wenn nicht alle Eigentümer dieser baulichen Veränderung zugestimmt haben. Die Erdgeschossbewohnerin habe ohne Absprache mit den Nachbarn für einen Teil des gemeinschaftlichen Treppenhauses ein Sondernutzungsrecht für sich in Anspruch genommen, begründete das Gericht. (Oberlandesgericht München, 34 Wx 160/05)

FUSSMATTE
Verbietet der Mietvertrag den Mietern das Auslegen von Fußmatten vor der Wohnungstür im Hausflur, so müssen sich die Bewohner auch dann daran halten, wenn Fußmatten an sich „üblich und nützlich“ sind. (Amtsgericht Berlin-Neukölln, 7 C 21/03)

KRUZIFIX
Ein Hauseigentümer darf in seinem Treppenhaus tun und lassen, was er will, sofern er niemanden „vorsätzlich und sittenwidrig“ schädigt. Das Landgericht Dortmund entschied, dass ein Vermieter ein 40 Zentimeter großes Kreuz aufhängen darf, ohne dass dagegen eine Zahnärztin (die dort praktiziert) sowie ihre vielen muslimischen Patienten, die sich gestört fühlen, angehen können. (Landgericht Dortmund, 11 S 52/02)

SCHRANK
Ein (neuer) Vermieter muss es hinnehmen, dass eine Mieterin einen Schrank im Hausflur abstellt – zumindest unter folgenden Voraussetzungen: Der bisherige Hausbesitzer hat das Abstellen über 30 Jahre lang geduldet und damit schlüssig genehmigt. Außerdem dürfen auch sonst keine sachlichen Gründe dagegen sprechen, zum Beispiel die Verletzung von Brandschutzbestimmungen oder bauordnungsrechtlichen Regelungen. Auch der Hausfrieden darf nicht gestört werden. (Amtsgericht Köln, 222 C 426/00)

MADONNENBÜSTE
Eine Mieterin, die durch eine im Hausflur aufgestellte Madonnenbüste einen Schock erleidet, kann deswegen die Miete nicht mindern. (Amtsgericht Münster, 3 C 2122/03)

GERÜCHE
Ein Wohnungseigentümer darf im Treppenhaus der Gemeinschaftsanlage nicht eigenmächtig Duftstoffe versprühen und damit quasi bestimmen, dass von allen benutzte Räumlichkeiten „in ganz bestimmter – von ihm als angenehm, von anderen Eigentümern indes als störend empfundener – Weise zu riechen haben“. (Oberlandesgericht Düsseldorf, 3 Wx 98/03)

Maik Heitmann[Wolfgang Büser]

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