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Immobilien: Über Hauskäufe darf nicht der Zins entscheiden

Immobilien sind gefragt. Angesichts der andauernden Staatsschuldenkrise investieren viele Kunden ihr Geld derzeit in Wohnungen oder Häuser.

Immobilien sind gefragt. Angesichts der andauernden Staatsschuldenkrise investieren viele Kunden ihr Geld derzeit in Wohnungen oder Häuser. Für hohe Kredite sind die Zeiten günstig. Experten warnen aber davor, sich vom niedrigen Zins zum überstürzten Hauskauf verleiten zu lassen. „Kaufen Sie das Objekt dann, wenn Sie das richtige Objekt gefunden haben, und schielen Sie im Zweifel nicht auf den Zinssatz“, rät Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart. „Man legt sich ja auch für viele Jahre fest.“ Der Bedarf entscheide über den Kaufzeitpunkt.

Der Zinssatz dürfe nur darüber entscheiden, wie der Käufer die Finanzierung stemmt. Dabei laute die einfache Formel: je niedriger der Zins, umso höher das Kaufbudget. „Man kann sich quasi höhere Schulden aufbürden, weil die Schulden ja billiger sind“, erklärt der Experte.

Manche Makler nutzen diese Situation aus und üben großen Druck auf Interessenten aus. „Die meisten Kunden wollen aber erst die Finanzierung geklärt haben, bevor sie den Kaufvertrag unterschreiben“, sagt Max Herbst von der FMH Finanzberatung in Frankfurt. Genau das sollten sie seiner Ansicht nach auch tun. „Man sollte keinen Vertrag unterschreiben, wenn man nicht hundertprozentig von dem Geschäft überzeugt ist.“ Beeilen müssen sich Kunden bei der Suche nach einem guten Kredit nicht. „Die Zinsen für Hypothekenkredite sind weiter sehr günstig“, sagt Herbst. Für ein Darlehen über 150 000 Euro mit einer Laufzeit von 10 Jahren und einer Anfangstilgung von 1 Prozent werden derzeit laut FMH zwischen 2,89 Prozent und 2,57 Prozent Zinsen fällig. Für einen Kredit über 200 000 Euro zahlen Kunden bei einer Laufzeit von 15 Jahren und einer Tilgungsrate von 1 Prozent zwischen 3,40 Prozent und 2,95 Prozent Zinsen.

Bausparkassen, Banken, Immobilienmakler – „Alle, die mit dem Immobiliengeschäft ihr Geld verdienen, die machen Stimmung mit diesen niedrigen Zinsen, um ihr Geschäft anzukurbeln“, sagt Nauhauser. Bei Slogans wie „Jetzt kann sich fast jeder sein Eigenheim leisten“ oder „Mieter schmeißen ihr Geld zum Fenster raus“ rät er zur Vorsicht. „Da muss man die Eigeninteressen dieser Anbieter sehen.“ Der Käufer müsse entscheiden: Will er den Vorteil des niedrigeren Zinses in höheren Tilgungssätzen ausleben oder in günstigeren Raten? Höhere Tilgungssätze machen ihn schneller schuldenfrei. „Es ist sinnvoll, nicht erst bei Renteneintritt schuldenfrei zu sein, sondern früher“, sagt Nauhauser. So könne der Hausbesitzer Rücklagen bilden, um Instandhaltungskosten im Rentenalter aus eigenen Mitteln zu finanzieren.

Die Raten herabzusetzen, biete sich dagegen an, wenn der Käufer das Häuschen ohnehin locker mit 55 Jahren abbezahlt hat. „Wenn man also jetzt einfach eine geringere Rate haben möchte, weil man eben das Leben noch genießen möchte bis dahin, dann müsste man nicht unbedingt den Tilgungsturbo einschalten“, so Nauhauser. Gefährlich sei es, die Raten herabzusetzen, ohne sich dieser Konsequenzen bewusst zu sein.

Im schlimmsten Fall wirken sich die niedrigen Zinsen laut Nauhauser auf den deutschen Immobilienmarkt so aus wie einst auf den amerikanischen: Die günstigen Konditionen erhöhen die Nachfrage nach Häusern, die wiederum die Immobilienpreise steigen lässt. „Aber ist das ein nachhaltiger Preisanstieg oder ist das ein Strohfeuer? Das weiß man eben nicht“, warnt Nauhauser. Die Gefahr, dass wie in Amerika der gesamte Markt zusammenbricht, sei in Deutschland aber geringer. Denn deutsche Banken vergeben nicht so leicht Kredite. „Klar ist es auf den ersten Blick günstiger, das jetzt zu finanzieren“, sagt Nauhauser. Sicherer und rentabler mache der niedrige Zins einen Hauskauf aber nicht. Johanna Uchtmann, dpa

Johanna Uchtmann[dpa]

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