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Immobilien: Wenn das Büro zum Hotel wird

Ein Zehntel aller Büroflächen in Berlin steht leer. Viele Eigentümer wollen nun ihr Bürogebäude als Hotel oder Jugend-Hostel vermieten. Doch eine solche Umnutzung ist teuer und nur selten erfolgreich

An manchen Tagen flattern Nizar Rokbani gleich mehrere Angebote von Bürovermietern auf den Tisch. Ob er denn nicht auch in ihrer Immobilie ein weiteres Jugendhotel eröffnen wolle, wird der geschäftsführende Gesellschafter der Meininger Hostels dann gefragt.

Die Verzweiflung der Büroanbieter ist verständlich. Auf etwa zehn Prozent beziffern die Maklerhäuser den Leerstand in Berlin, und noch immer drängen soeben fertig gestellte Büroimmobilien auf den Markt. Auf der anderen Seite meldet die Tourismusbranche neue Rekordzahlen. Mehr und mehr Eigentümer nicht mehr benötigter Büroflächen versuchen deshalb, den Boom auszunutzen. Doch nur wenige haben damit Erfolg – denn damit sich ein Bürohaus wirklich in ein (Jugend-)Hotel verwandeln kann, müssen zahlreiche Voraussetzungen erfüllt sein.

Die wichtigste ist die Lage. „Ein Hotel muss gut auffindbar sein und eine Nähe zu Nachfragegeneratoren wie Museen, dem Messegelände oder dem Bahnhof haben“, sagt Martina Fidlschuster, geschäftsführende Gesellschafterin des in Frankfurt am Main ansässigen Beratungsunternehmens Hotour. Außerdem müsse das Hotel gut erschlossen sein und der Anliefer- und Entsorgungsverkehr so organisiert sein, dass er die Hotelgäste nicht stört.

Hinzu kommen bauliche Anforderungen. „Bei älteren Bürohäusern sind die Raumhöhen ein Problem“, so Fidlschuster. Denn ein Hotel braucht eine repräsentative Lobby – und die ist im niedrigen Erdgeschossbereich eines Bürohauses oft genau so wenig unterzubringen wie Restaurant und Konferenzräume. Und auch die Hotelzimmer benötigen eine Mindesthöhe. Um die Leitungen für Wasser und Abwasser sowie für Lüftung und Klimatisierung unterzubringen, müssen die Planer nämlich die Decke abhängen. „Drei Meter Raumhöhe reichen dafür nicht“, so Fidlschuster.

Im Notfall reichen auch 2,90 Meter, so Frank Lindner. Er leitet die zur Düsseldorfer Lindner-Gruppe gehörende Gebau Technik, die das ehemalige Viktoria-Haus im Neuen Kranzler Eck zu einem Lindner-Hotel umbaute. Weil das um 1960 errichtete Bürogebäude unter Denkmalschutz steht, gab es zahlreiche Auflagen. Deshalb habe der 2004 eröffnete Beherbergungsbetrieb am Kurfürstendamm „die wahrscheinlich minimalste Lobby in Berlin“, und auch die für Haustechnik und Umkleideräume benötigten Nebenflächen im Keller seien mit 150 Quadratmetern knapp bemessen. Bei den Zimmern variierte die Gebau die Grundrisse – um sich von den Standards der Konkurrenz abzuheben.

„Auch in einer sauber strukturierten Büroimmobilie aus den siebziger Jahren lässt sich vieles standardisiert machen", sagt Olaf Steinhage, Geschäftsführer von Drees & Sommer in Berlin. Nur für Luxushotels komme dieser Gebäudetyp nicht in Betracht. Wenn sich gehobene Herbergen trotzdem in ehemaligen Bürogebäuden ansiedeln, dann handelt es sich um repräsentative Häuser aus der Gründerzeit. Prominentes Beispiel dafür ist das Grand Hotel de Rome, das im Sommer 2006 in einem einstigen Bankgebäude am Bebelplatz in Berlin-Mitte seine ersten Gäste empfangen wird. Die denkmalgeschützten Direktorenzimmer seien für Suiten bestens geeignet, heißt es beim Projektentwickler Hochtief. Auch die großzügigen Flure und Hallen trügen wesentlich zum Reiz eines Luxushotels bei. Am anderen Ende der Hierarchie stehen die als „Hostels“ geführten Zwitter zwischen Jugendherberge und Low-Budget-Hotel. In einem früheren Bürogebäude wurden das A&O-Hostel (im ehemaligen Botag-Gebäude am Bahnhof Zoo) und das Meininger City Hostel (am Halleschen Ufer 30) eingerichtet. „Hostels kann man überall einbauen“, sagt Olaf Steinhage, da sie keinen großzügigen Eingangsbereich bräuchten.

Meininger-Chef Rokbani ist da anderer Ansicht. Ein großes Problem sei etwa der Schallschutz. Von Schwierigkeiten berichtet man auch beim Büro Modersohn&Freiesleben. Dort wird der Seitenflügel des Rosenkontors in Mitte für den Betreiber Citystay zu einem Hostel umgeplant. In dem schon früher modernisierten Haus müssen vertikale Schächte für Wasser- und Abwasserleitungen untergebracht werden. Denn ein Jugendhotel braucht viel mehr Waschräume als ein Bürogebäude. Der Umbau zu einem normalen Hotel wäre laut Johannes Modersohn noch aufwändiger, da dort jedes Zimmer über ein Badezimmer verfügt – und nicht über Gemeinschaftsduschen wie in Hostels.

Für die teuren Umbaumaßnahmen wollen die Eigentümer natürlich belohnt werden. Dieser Lohn besteht in sicheren Einkünften: Hotels unterschreiben Pachtverträge von meistens 20 Jahren, während Kontrakte mit Büromietern oft nur drei bis fünf Jahre laufen. Zudem ist der Verwaltungsaufwand bei Hotels Fachleuten zufolge geringer. Das daraus eine akzeptable Rendite resultiert, legen die Aktivitäten der Difa nahe: Die Fondsgesellschaft verpachtete nicht nur das Viktoria-Haus an die Lindner-Gruppe, sondern auch die Wallhöfe in Berlin-Mitte an den Betreiber Park Plaza. Dort soll in einigen Monaten ein Boutique-Hotel mit vier Sternen eröffnet werden. Dafür nimmt die Difa sogar in Kauf, daß ihr denkmalgeschütztes Objekt umgebaut wird. Dabei war das vor nicht mal zehn Jahren schon ein Mal vollkommen erneuert worden – als Bürohaus.

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