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Balkon mit Bestand. Genossenschaften wollen ihren Mitgliedern preisgünstigen Wohnraum auf Lebenszeit bieten. Im Gegenzug muss man Pflichtanteile erwerben, die in der Regel aber gut verzinst werden.

© Jens Trenkler/dpa-tmn

Wohnungsgenossenschaft: Anstehen für die Oase

Das Wohnen in der Genossenschaft ist eine Mischform zwischen Miete und Eigentum – und heiß begehrt.

Mieter sorgen sich um steigende Kosten. Eigentümer machen sich Gedanken um Kredite, Zinsen und Erhalt ihrer Immobilie. Doch es gibt auch noch eine dritte Variante für die eigenen vier Wände: die Mitgliedschaft in einer Wohnungsgenossenschaft.

„Das genossenschaftliche Wohnen ist eine Mischform zwischen Miete und Eigentum“, erklärt Eric Christian Meyer vom Institut für Genossenschaftswesen der Universität Münster. Die Genossenschaft gehört ihren Mitgliedern, die damit auch eine entsprechende Eigentümerverantwortung haben. Die Wohnungsgenossenschaft wiederum besitzt die Wohnungen, die sie an ihre Mitglieder vermietet. Der Kreis schließt sich.

Das Ziel der Genossenschaft ist sicherer, preisgünstiger, lebenslanger Wohnraum für ihre Mitglieder. Daneben spielen aber auch soziale Aspekte eine Rolle. „Eine Genossenschaft basiert auf den Prinzipien Selbsthilfe, Selbstbestimmung und Selbstverwaltung“, sagt Bundesbauminister Peter Ramsauer. „In ihr manifestiert sich bürgerschaftliches Engagement.“ So gibt es teilweise Betreuung für die Älteren, Kinderspielplätze, Gemeinschaftsräume oder Hoffeste.

Doch nicht nur das: „Die Mitglieder haben zudem ein weitgehendes Mitwirkungsrecht und können sicher sein, dass sich die Genossenschaft nicht an den Interessen fremder Kapitalgeber orientiert, sondern ausschließlich an denen der Mitglieder“, so Monika Kegel vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Die Mitglieder seien Miteigentümer der Genossenschaft und hätten deshalb eine größere Sicherheit als Mieter. „Andererseits sind sie flexibler als Wohnungseigentümer, da sie den Mietvertrag – bei Genossenschaften heißt er Nutzungsvertrag – ganz normal kündigen können.“ Vonseiten der Genossenschaft hingegen kann nur gekündigt werden, wenn der Bewohner gegen seinen Vertrag verstößt, also zum Beispiel die Miete nicht bezahlt. Kündigung wegen Eigenbedarfs gibt es nicht.

Ganz umsonst ist das aber nicht. Wer an einer Wohnungsgenossenschaft interessiert ist, muss zunächst Mitglied werden und Pflichtanteile an der Genossenschaft zeichnen. Und: Die Mitgliedschaft heißt nicht, dass man sofort eine Wohnung bekommt. In München zum Beispiel, wo der Immobilienmarkt traditionell angespannt ist, muss man sich mit einem Platz auf der Warteliste begnügen.

Die lange Wartezeit lohnt sich

Jörg Sahr von der Stiftung Warentest sagt: „Je attraktiver die Wohnung der Genossenschaft ist, desto länger ist die Wartezeit.“ Er rät, die Wohnungssuche über einen längeren Zeitraum anzugehen und sich im Vorfeld über Wohnungsbestand, Vergabekriterien und eventuelle Wartezeiten der einzelnen Genossenschaften zu informieren. Das ist auch deshalb sinnvoll, weil jede anders arbeitet. So beläuft sich der Pflichtanteil manchmal auf einige hundert Euro, es können aber auch zehntausend sein. Entscheidend ist, welche Vorhaben die Genossenschaft geplant hat – und wie alt sie ist. Bei einer relativ jungen, bei der die Immobilien erst noch angeschafft werden müssen, liegt er meist höher als bei einer alteingesessenen.

„Wenn dann eine Wohnung gefunden ist, muss man in der Regel erneut einen oder mehrere Pflichtanteile zeichnen“, erklärt Sahr. In den Exposés der angebotenen Wohnungen steht, in welcher Höhe noch Genossenschaftsanteile gezeichnet werden müssen. Meistens muss man dafür etwa so viel aufwenden, wie bei einer Mietwohnung für die Kaution fällig geworden wäre – mit einem entscheidenden Vorteil: Das Geld ist bei den Wohnungsgenossenschaften in der Regel gut aufgehoben. Zum einen wird es teilweise mit bis zu vier Prozent verzinst, zum anderen wirtschaften die meisten Genossenschaften gut. Ihre Insolvenzquote ist unter allen privatrechtlichen Wirtschaftsformen am geringsten.

Das liegt auch an den Prüfungen durch die zuständigen Verbände. „Bei der Gründungsprüfung sieht sich der Verband an, was die Wohngenossenschaft plant“, erklärt Eric Christian Meyer. Dabei werde das Projekt in rechtlicher, wirtschaftlicher und personeller Hinsicht begutachtet. Am Ende jedes Jahres gibt es zusätzlich die Jahresabschlussprüfung.

Das genossenschaftliche Wohnen kommt an. Laut Angaben des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung leben rund fünf Millionen Deutsche in einer der 2,2 Millionen Genossenschaftswohnungen. Die meisten der rund 2000 Wohnungsgenossenschaften gibt es schon lange. Einige sind rund 140 Jahre alt. Auch der Wohnungsbestand ist teilweise in die Jahre gekommen. Dennoch sind 90 Prozent der Wohnungen saniert.

(dpa)

Beate Kaufmann

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