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Wirtschaft: Initiative für Beschäftigung: Eine neue Lebensperspektive für Jugendliche

"Die Arbeit macht richtig Spaß", sagt Michael Jurat. Der 20-Jährige verkauft zurzeit Töpfe und Pfannen im KaDeWe.

"Die Arbeit macht richtig Spaß", sagt Michael Jurat. Der 20-Jährige verkauft zurzeit Töpfe und Pfannen im KaDeWe. Seine Stelle ist Teil einer öffentlich geförderten Qualifizierungsmaßnahme. Denn auf dem freien Arbeitsmarkt hatte Jurat bisher kein Glück. Zwar machte er einen guten Realschulabschluss und bestand bei verschiedenen Ausbildungsbetrieben die schriftlichen Einstellungstests. "Aber beim Bewerbungsgespräch hat es dann nicht geklappt." Das Arbeitsamt hat Jurat an das KaDeWe vermittelt. Und es läuft gut, seitdem er im vergangenen September die auf ein Jahr befristete Stelle angetreten hat. Seine Vorgesetzten im KaDeWe loben ihn als sehr zuverlässig. Mit dem Arbeitszeugnis, das er beim Abschluss erhält, rechnet sich Jurat deshalb gute Chancen aus, bald doch noch eine Lehrstelle zu bekommen.

Wie Jurat erhalten derzeit 92 Jugendliche im Alter von 18 bis 25 Jahren in Berlin die Möglichkeit, sich für ein Jahr in der Arbeitswelt zu bewähren. Zur Finanzierung von zwei Qualifizierungsprojekten für arbeitslose Jugendliche am Potsdamer Platz und eines am Tauentzien, rund um das Europa-Center und das KaDeWe, hat das Arbeitsamt jeweils rund 1,5 Millionen Mark zur Verfügung gestellt; das Geld stammt aus dem Programm Jump der Bundesregierung zur Senkung der Jugendarbeitslosigkeit. Die rund 40 Arbeitgeber wurden über die Berliner Beschäftigungsinitiative in Zusammenarbeit mit der Daimler-Chrysler Services AG (Debis) gewonnen, die Unternehmen zur Teilnahme einlud und Informationen verschickte. Vom Einzelhandel über Restaurants und Cafés bis zu Wachdiensten reicht die Palette. Sehr froh gerade über den Einsatz in "richtigen" Betrieben ist Christine Claußnitzer, von der gemeinnützigen BBW mbH. Die BBW ist die Bildungseinrichtung der Unternehmen und Verbände in der Region Berlin-Brandenburg und hat die Durchführung des Projekts übernommen. "Bei einer ABM dürfen die Geförderten normalerweise keine Tätigkeiten des ersten Arbeitsmarktes übernehmen", erklärt Claußnitzer. Doch für die Jugendlichen sei es wichtig, ganz normale Arbeiten wie jeder andere Festangestellte auch übernehmen zu dürfen. Sie müssten Verantwortung erhalten, damit sie merken: "Ich kann was."

Die Rückmeldungen aus den meisten Unternehmen sind positiv, wenn auch einige wenige aufgrund von Problemen mit den Jugendlichen aus dem Projekt ausgestiegen sind. "Man muss natürlich beachten, dass hier Jugendliche vermittelt werden, die oft keinen Schulabschluss oder bereits eine Ausbildung abgebrochen haben", sagt Claußnitzer. Viele hätten zu Beginn des Programms Pünktlichkeit und Verlässlichkeit lernen müssen. Außerdem sei der Krankenstand hoch - "vor allem bei den Wachdiensten am Potsdamer Platz". Hier gebe es einige Probleme, die Jugendlichen zu motivieren. Viele klagten, der Dienst sei langweilig.

Das schreckt Bekir Tokdemir jedoch nicht ab. Langeweile erwartet er nicht. Zurzeit wird er in dem Fortbildungszentrum der BBW auf den Wachdienst vorbereitet, denn die Arbeit erfordert auch eine umfassende theoretische Grundlage. Kommende Woche schreibt seine Klasse einen Test über Alarmanlagen. Das Verhalten im Ernstfall sei auch durchgenommen worden. "Wir lernen viel, und es gefällt mir", sagt der 21-Jährige. Dass die Arbeit eines Wachmanns nicht immer spannend ist, das sei ihm klar. "Aber es kommt auf mich an, was ich daraus mache." Und am Ende der ABM wird er - sofern er die Abschlusstests besteht - zwei von der IHK anerkannte Ausbildungszertifikate haben. Dies erleichtert die Bewerbung um eine Festanstellung bei einer Wachgesellschaft, denn auf Abschlüsse wird geschaut.

Verkaufen kommt an

Besonders zufrieden ist das KaDeWe mit seinen rund zehn Jugendlichen - und diese mit dem Unternehmen. Hannelore Strahlendorf, Schulungsleiterin des Kaufhauses, sagt: "Es läuft wunderbar. Die Jugendlichen sind hochmotiviert." Mit den allermeisten sei man sehr zufrieden. "Die saugen wie ein Schwamm auf, was es an Informationen gibt." Am Anfang gab es auch Aussichten auf Festanstellungen im Anschluss an das Projekt. Doch ein genereller Einstellungsstopp machte diese Hoffnungen zunichte. Davon lassen sich die meisten Projektteilnehmer jedoch nicht entmutigen. Für Judith el-Bachir steht ohnehin im Vordergrund: "Ich will wieder reinkommen in den Arbeitsalltag." Wegen privater Probleme musste sie eine Lehre als Hauswirtschafterin abbrechen. Jetzt hat die 24-Jährige Schwierigkeiten, wieder einen Ausbildungsplatz zu bekommen, weil die Betriebe gegenüber Abbrechern zurückhaltend sind und außerdem jüngere Bewerber bevorzugen. Aber mit dem Zeugnis vom KaDeWe in der Tasche rechnet sich Judith el-Bachir gute Chancen aus bei künftigen Bewerbungen auf Stellen, die keine Ausbildung voraussetzen. "Ich will richtig arbeiten und mir was Festes suchen."

Trotz einiger Rückschläge mit demotivierten oder undisziplinierten Teilnehmern sieht die bisherige Bilanz des Programms gut aus. Viele der Jungendlichen wollen die sich bietende Chance nutzen. Von den 92 Geförderten haben sich drei an der Abendschule angemeldet, um Abschlüsse nachzuholen. Eine ganze Reihe der Teilnehmer planen diesen Schritt. Beim Lindenbräu im Sony-Center denkt man außerdem darüber nach, zwei Jugendlichen einen Ausbildungsvertrag zu geben. Und im Wachdienst gibt es ebenfalls gute Chancen für die Teilnehmer, die weiterbeschäftigt werden wollen.

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