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Manfred Schell: Ein Erfolg vor der Pension

Berlin - Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Manfred Schell, ist nicht mehr lange im Amt. Der 64-Jährige hat nur noch wenige Monate an der Spitze seiner Organisation.

Berlin - Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Manfred Schell, ist nicht mehr lange im Amt. Der 64-Jährige hat nur noch wenige Monate an der Spitze seiner Organisation. Und die will er, der schon seit 18 Jahren Bundesvorsitzender ist, für einen großen Coup nutzen. Die GDL, die kleinste Gewerkschaft bei der Deutschen Bahn, strebt aus dem Windschatten der großen Gewerkschaften Transnet und GDBA. Es geht um die Existenzberechtigung der GDL, die sich stolz die älteste deutsche Gewerkschaft nennt.

Denn seit Jahren bricht der GDL die Basis weg. Gab es bei der Deutschen Bahn Anfang der 90er Jahre noch rund 40 000 Lokführer, sind es mittlerweile knapp 20 000. Der Arbeitsplatzabbau im gesamten Konzern – die Gesamtbelegschaft hat sich ebenfalls halbiert auf derzeit gut 230 000 Beschäftigt – hat diese zentrale Berufsgruppe mit voller Wucht getroffen. Und die GDL wirft den beiden großen Gewerkschaften vor, die Lokführer und das übrige Fahrpersonal in den Zügen nicht gut genug vertreten zu haben. Deshalb brach GDL-Chef Schell im Jahr 2002 mit Transnet und GDBA, mit denen bis dahin eine Verhandlungsgemeinschaft bei den Tarifen bestand, und versucht ihnen seitdem auch noch die Zugbegleiter abspenstig zu machen. Von den Lokführern organisiert die GDL derzeit nach eigenen Angaben fast 80 Prozent, bei den fast 12 000 Zugbegleitern liegt die Quote aber nur bei 33 Prozent. Die Gewerkschaft könne deshalb nicht für beide Berufsgruppen einen Spartentarifvertrag fordern, argumentiert die Bahn. Die GDL hält dagegen, dass die Arbeitsbedingungen – insbesondere die Schichtzeiten – bei beiden Gruppen sehr ähnlich seien. Transnet macht Front gegen die Abweichler und sorgt sich um die eigene Machtbasis. Denn schon längst haben die beiden noch größeren Gewerkschaften Verdi und IG Metall ein Auge auf die Bahnbeschäftigten geworfen.

Den Spartentarifvertrag fordert der gelernte Lokführer Schell seit 2003. Damals ließ es die Gewerkschaft bei wenigen Warnstreiks bewenden und akzeptierte ein Schlichtungsverfahren. Doch jetzt fühlt sich Schell stark genug. Nur noch 40 Prozent der Lokführer sind aus alten Bundesbahn- und Reichsbahnzeiten übrig gebliebene Beamte. Mit anderen Worten: 60 Prozent könnte die GDL theoretisch für einen Arbeitskampf organisieren. Bei den Zugbegleitern liegt die Beamtenquote nach Gewerkschaftsangaben sogar nur bei 14 Prozent.

Die Wirtschaft ist mitten in einem Aufschwung, die Transportkapazitäten sind knapp, und die Bahn weist hohe Gewinne aus: Für GDL-Chef Schell, der privat gern schnelle Autos fährt und zwei Ferraris besessen hat, sind das die idealen Voraussetzungen, um die Lokführergewerkschaft groß rauszubringen. Solche Gelegenheiten bieten sich selten. Auf die Bundesbürger könnten deshalb die größten Eisenbahnstreiks seit Anfang der 90er Jahre zukommen. Bernd Hops

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