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Lastwagen auf einer Raststätte in Baden-Württemberg. Die Maut wird bald schon teurer.

© dpa/Bernd Weiflbrod/Bearbeitung: Tagesspiegel

Höhere Lkw-Maut ab 1. Dezember : Bringt das mehr Güter auf die Schiene?

Die Lkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen wird ausgedehnt und soll künftig zusätzliche Milliarden für die Schiene einbringen. Werden Logistikunternehmen ihren Transport nun verlagern?

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Die Lkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen wird ausgedehnt und soll künftig auch zusätzliche Milliarden für die Schiene einbringen. Doch führt die höhere Maut wirklich zum erhofften, klimafreundlicheren Effekt einer Verlagerung von der Straße auf die Schiene? Oder ist das Schienennetz zu störungsanfällig für die Logistik-Branche, sodass der Transport trotz steigender Kosten weiterhin vorzugsweise über die Straße erfolgen wird? Drei Experten schätzen die Folgen der höheren Lkw-Maut ein.

Alle Folgen unserer Serie „3 auf 1“ finden Sie hier.


Verlagerung auf die Schiene

Gemäß Erfahrungen aus dem Ausland wirkt Mauterhöhung in zwei Richtungen. Der Straßentransport wird genauer geplant, Leer- und Teillastfahrten werden vermieden. Außerdem wird auf die Schiene verlagert. Die CO₂-Emission sinkt in beiden Fällen deutlich. Die Schiene emittiert im Güterverkehr nur den 50sten Bruchteil an Treibhausgasen je Tonnenkilometer der Straße, also 98 Prozent werden eingespart. Beim Wechsel zur Schiene wird vor allem der Kombinierte Verkehr (KV) mit Sattelaufliegern gewählt. Vorteil ist, dass die Be- und Entladung des Transportgefäßes läuft wie beim reinen Straßentransport, auch die Kundenbeziehung ändert sich nicht.

Zudem wir der Fahrermangel gemildert. Informations- und Buchungsplattformen erleichtern den Einstieg in den KV, wie die Plattform IntermodalCapacityBroker .Aktuell sind auf der Schiene Kapazitätsreserven vorhanden, die aber kaum ausreichen werden. Es ist zu hoffen, dass die KV-Züge ähnlich bevorzugt werden, wie die Kohlezüge im letzten Winter und so durch schnellere Umläufe die Kapazität deutlich erhöht werden kann. Dies unterstützt auch die EU mit dem Green Deal und dem Projekt „Greening freight for more economic gain“.


Kein Effekt durch höhere Maut

Davon ist eher nicht auszugehen. Denn für den Modal Shift ist nicht nur der Preis ausschlaggebend. Eine reibungslose Logistik setzt Planbarkeit und Resilienz voraus. Deshalb sind auch Infrastrukturstabilität, Flexibilität, Transparenz, relative Pünktlichkeit, Kundenkommunikation und Anzahl der Schnittstellen zentrale Entscheidungsparameter bei der Verkehrsträgerwahl. Die eingeleiteten Sanierungsarbeiten – finanziert mit Einnahmen aus der Lkw-Maut – werden die Störanfälligkeit des Schienennetzes zusätzlich erhöhen und die Planbarkeit von Lieferketten weiter einschränken.

Für viele logistische Lösungen ist die Schiene aus Verladerperspektive deshalb nicht erste Wahl, auch wenn steigende Lkw-Betriebskosten und gravierende Infrastrukturmängel den Straßengüterverkehr ebenfalls belasten. Die Preisschere zwischen beiden Verkehrsträgern schließt sich auch nicht wirklich. Staatliche Förderprogramme, mit denen die Trassenpreise halbiert wurden, sind im System Schiene versickert und haben den Güterverkehrsmarkt in Form von Preissenkungen nie erreicht. Gleichzeitig haben Erhöhungen der Trassenentgelte die Förderungen kompensiert. Hohe Tarifabschlüsse und wachsende Energiekosten machen auch den Schienengüterverkehr künftig teurer.


Ausweitung der Lkw-Maut muss folgen

Für die seit Jahren versprochene Verkehrsverlagerung ist die neue Maut der wichtigste Baustein seit langem. Sie wird mehr Güter auf die Schiene bringen. 19 Jahre nach der Eisenbahn müssen nun auch die Lkw-Betreiber für ihre Klimaschäden zahlen. Der Anreiz wird verstärkt, indem die Mehreinnahmen teilweise in die Schieneninfrastruktur fließen. Durch diese Push-and-pull-Strategie wird die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gestärkt. Jetzt ist entscheidend, dass die Schiene auch mit Fokus auf den Güterverkehr, nicht nur den Personenverkehr, ausgebaut wird, um den Kunden ein besseres Angebot machen zu können.

Ein weiterer Schritt ist die Ausweitung der Lkw-Maut auf das gesamte Straßennetz, denn Lkw verursachen auch auf Landes- und Kommunalstraßen Schäden, die im Moment die Allgemeinheit zahlt. Dass die Mauterhöhung krasse Preiserhöhungen hervorrufen würde, ist rechnerisch nicht nachvollziehbar und vermutlich ein Vorwand für Preiserhöhungen unter dem Deckmantel der neuen Mautregelung. Erhöhungen werden auf den gesamten Konsum der Endkunden verteilt. Das ergibt maximal 1,50 Euro im Monat.

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