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Wirtschaft: Regierung setzt neuen Termin für Börsengang

Gerhard Schröder stärkt Hartmut Mehdorn den Rücken – aber die Verkehrspolitiker fordern einen Rücktritt des Bahnchefs

Berlin - Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat mit den Jahren 2006 bis 2008 einen neuen Zeitplan für den Börsengang der Bahn genannt. Das Unternehmen sei unter der Führung von Hartmut Mehdorn auf gutem Gleis, verteidigte der Kanzler den angeschlagenen Vorstandschef. Mehdorn hatte bis zuletzt versucht, an seinem Plan für eine Privatisierung bis zum Sommer 2006 festzuhalten. Am Mittwochabend hatte der Bahnaufsichtsrat diesen Plan aber überraschend abgesagt.

Keine Unterstützung hat Mehdorn dagegen mehr unter den Parlamentariern aller Fraktionen. Neben Auseinandersetzungen wegen des Börsengangs, den geplanten Tariferhöhungen oder blockierter Investitionen hatten vor allem zwei Briefe Mehdorns für Aufregung gesorgt. In einem Schreiben an Bahn-Aufsichtsratschef Michael Frenzel kritisierte Mehdorn die „populistische Kommentierung der Herren verkehrspolitische Sprecher Fischer (CDU), Friedrich (FDP) und Schmidt (Grüne) sowie einem kleinen Kreis von BDI-Funktionären.“ In einem früheren Brief an den Präsidenten des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, sprach Mehdorn sogar von „so genannten Verkehrsexperten.“ Die wehrten sich am Donnerstag mit Rücktrittsforderungen gegen Mehdorn.

Mehdorn diene jetzt der Bahn am besten, „wenn er persönlich seine Konsequenzen zieht“, sagte der CDU-Verkehrsexperte Dirk Fischer nach einer Sondersitzung des Bundestags-Verkehrsausschusses. Mehdorn habe verbrannte Erde beim Parlament hinterlassen und schwere Management-Fehler zu verantworten. Fischer kritisierte zudem, dass „die vorgezogene Vertragsverlängerung Mehdorns im Mai letzten Jahres für mich schon nicht nachvollziehbar war.“ Mehdorn habe jetzt zwölf bis 36 Stunden Zeit, die Konsequenzen zu ziehen. Der FDP-Verkehrsexperte Horst Friedrich sagte: „Das, was jetzt passiert ist, ist das Scheitern der Politik von Hartmut Mehdorn. Da muss er die Konsequenzen ziehen.“ Aus seiner Sicht könne Mehdorn eigentlich nicht mehr weiterarbeiten. Der Grünen-Verkehrsexperte Albert Schmidt sagte: „Das Vertrauen zwischen dem Parlament und dem Vorstand ist nachhaltig gestört."

In Kreisen der Verkehrspolitiker werden trotz der Rückendeckung von Schröder und Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) für Mehdorn bereits Nachfolgekandidaten für den Chefposten bei der Bahn gehandelt. Zum einen ist das der frühere Daimler-Chrysler-Manager Rolf Eckrodt, der nach seiner erfolglosen Sanierungsarbeit bei Mitsubishi noch ohne neuen Vertrag ist, zum anderen der Chef der Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport, Wilhelm Bender. Seine Karriere hatte Bender bei der Bundesbahn begonnen. Eckrodt wiederum führte die frühere Bahntechnikfirma Adtranz, die heute zu Bombardier gehört.

Die Bahn wehrte sich gegen die Spekulationen. Die Position Mehdorns stehe nicht zur Diskussion, sagte Bahnsprecher Heiner von der Laden dem Tagesspiegel. „Wir sind zwei Meter vorm Ziel und werden uns auch nicht durch die atmosphärische Lage davon abbringen lassen.“ Bahnchef Mehdorn schrieb in einem Mitarbeiterbrief laut Handelsblatt, es gebe zu einem Börsengang „keine wirtschaftlich sinnvolle Alternative“.

Gleichzeitig regte sich Kritik an den bahnkritischen Aktivitäten des Autoverbands VDA in den Reihen der Mitgliedsunternehmen. In einem Brief, der dem Handelsblatt vorliegt, wirft Porsche-Vorstandschef Wendelin Wiedeking dem VDA-Präsidenten Bernd Gottschalk „falsches, offensichtlich unabgestimmtes und obendrein unkluges Vorgehen“ vor. Er wolle geklärt wissen, warum auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), in dem Gottschalk Vizepräsident und Vorsitzender des Verkehrsausschusses ist, „so einseitig Stellung gegen die DB AG bezieht.“ Wiedeking wirft dem VDA „dreiste“ Behauptungen und „einseitige Argumentationen“ vor.

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