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Wirtschaft: Russland verspricht Gas für Jahrzehnte

Gasprom-Konzern: Die Lieferungen werden nicht eingeschränkt, der Rohstoff bleibt aber teuer

Moskau - Der russische Energiekonzern Gasprom hat alle Spekulationen zurückgewiesen, in einigen Jahren könne es zu Lieferengpässen bei Gas für Westeuropa kommen. Alexander Medvedev, Vizechef des Unternehmens und Chef der Tochtergesellschaft Gasexport, sagte am Donnerstag vor Journalisten in Moskau: „Unsere Reserven reichen für die Nachfrage in Europa und auch in allen unseren neuen Märkten wie China, Indien und Nordamerika.“ Die Europäer müssten sich keine Sorgen machen. Auch im Preisstreit mit der Ukraine am Jahresanfang habe Russland „alles zur Sicherung der Versorgung Europas getan“. Medvedev warf der Internationalen Energie-Agentur (IEA) vor, nur den Ruf Gasproms als zuverlässigen Gaslieferanten diskreditieren zu wollen.

Alexander Rusajew, einer der Leiter der Moskauer Dispatching-Zentrale, von der aus Gasprom sein Pipelinenetz überwacht, sagte, durch die geplanten Leitungen durch die Ostsee und Nordeuropa könne alles gepumpt werden, was bestellt werde.

Anfang der Woche war bekannt geworden, dass IEA-Chef Claude Mandil in einem Brief an die Energieminister der sieben größten Industriestaaten davor gewarnt hat, Gasprom könnte in einigen Jahren Probleme bekommen, die vertraglich vereinbarten Liefermengen zu erfüllen. Die IEA koordiniert die Energiepolitik und Ölreserven der größten industriellen Verbraucherländer. Europas Abhängigkeit von Importen wächst wegen der schrumpfenden eigenen Förderung. Die EU will deshalb eine Energiestrategie für die Zukunft entwickeln. Russland hat die mit Abstand größten Erdgasreserven, steht für 30 Prozent der weltweiten Förderung und ist der Hauptlieferant auch für Deutschland.

„Das Gas, das wir bis heute gefunden haben, reicht alleine für 60 bis 80 Jahre. Aber wir suchen natürlich nach weiteren Vorkommen“, sagte Gasprom-Vize Medvedev. Und mit der weitgehenden Beschränkung auf die Gasförderung und den -export will sich der Konzern nicht mehr zufrieden geben. Mit den wachsenden Einnahmen dank steigender Energiepreise – 2004 lag der Gewinn bei fünf Milliarden Dollar, die Zahl für 2005 dürfte laut Medvedev „sehr viel höher“ sein – hat auch das Selbstbewusstsein Gasproms zugenommen. Verhandlungen mit ausländischen Partnern über Beteiligungen an Förderprojekten werden nur noch mit der Prämisse geführt, dass Gasprom im Gegenzug am Geschäft der jeweiligen Partner beteiligt wird. Geld selbst interessiert den Konzern nicht mehr. „Wir haben genügend Finanzmittel, um Anteile zu kaufen“, sagte Medvedev. Um direkt an die Kunden in Europa heranzukommen, könne der Konzern entweder eigene Töchter gründen, Partnerunternehmen schaffen oder bestehende Unternehmen übernehmen, sagte Medvedev. Schon seit einiger Zeit ist bekannt, dass Gasprom zum Beispiel deutsche Stadtwerke kaufen will. Aber bei der Größe der möglichen Übernahmen sieht der Gasprom-Vize kein Limit. Selbst den Kauf eines Konzerns in der Größe der deutschen Eon, die durch die Übernahme der spanischen Endesa zum größten Versorger der Welt werden könnte, schloss Medvedev nicht aus. „Wir sagen bei nichts prinzipiell Nein.“

Trotz der guten Versorgung müssen sich Gaskunden darauf einstellen, dass die Preise hoch bleiben, schätzt Medvedev, der auch Chef der für den Export zuständigen Gasprom-Tochter Gasexport ist. „Die Zeit der billigen Energie ist vorbei.“ Der Preis für Gas werde sich weiter an dem für Erdöl orientieren. Daran werde sich nichts ändern, wenn Gas stärker an den Spot–Märkten gehandelt werde und es weniger langfristige Verträge gebe. „Die Preise werden nur stärker schwanken“, sagte Medvedev. Er verteidigte das Exportmonopol, das Gasprom bei russischem Erdgas hat und von ausländischen Experten sowie Investoren, die sich an Gasförderern in Russland beteiligt haben, kritisiert wird. Auch vor dem Hintergrund des geplanten Beitritts Russlands zur Welthandelsorganisation WTO gilt das Monopol als problematisch. Medvedev ficht das nicht an: „Niemand hindert die unabhängigen Produzenten in Russland daran, das Gas an uns zu verkaufen. Dann können wir es auch exportieren.“

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