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Für alles eine Steuer. Für Kapitalerträge gilt bislang eine Abgeltungsteuer von 25 Prozent.

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Update Exklusiv

Steuern auf Kapitalerträge: Steuerexperten warnen vor Abschaffung der Kapitalertragsteuer

Künftig werden zwischen vielen Ländern automatisch Informationen in Steuersachen ausgetauscht. Einige SPD-Politiker stellen deshalb die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge infrage. Ökonomen sehen das kritisch: Die Reichen trifft man damit nicht, sagen sie.

Während die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer am vergangenen Wochenende bei ihrem Gipfel in Brisbane über Maßnahmen gegen die globale Steuerflucht und -hinterziehung gesprochen haben, ist man in Deutschland schon einen Schritt weiter. Teile der SPD wollen die Abgeltungsteuer abschaffen und Kapitalbesitzer stärker zur Kasse bitten. Doch Steuerexperten haben Bedenken und warnen vor allzu plakativen Lösungen. Worum geht es?
Seit 2009 kassiert der Fiskus von Kapitalerträgen (Zinsen, Dividenden) und Veräußerungsgewinnen eine Abgeltungsteuer von pauschal 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Mit dem vergleichsweise niedrigen Steuersatz wollte die Politik verhindern, dass Sparer und Anleger – wie früher geschehen – in großem Stil Geld ins Ausland verschieben und ihre Erträge am Fiskus vorbei kassieren. Dieses Argument, meinen viele Politiker, zieht aber jetzt nicht mehr. Nachdem bereits 52 Länder ein Abkommen unterschrieben haben, in dem sie einen automatischen Informationsaustausch von Kontodaten versprechen, werde die Steuerhinterziehung immer schwieriger. Damit sei aber auch die Grundlage für eine Begünstigung von Kapitaleinkünften entfallen, meint der SPD-Finanzexperte Carsten Sieling.
Für Parteivize Ralf Stegner ist die Abschaffung der Abgeltungsteuer gar eine Frage der Gerechtigkeit. „Es darf nicht so bleiben, dass Kapitalerträge niedriger besteuert werden als Arbeit“, sagte Stegner jüngst in einem Interview. Für Lohn und Gehalt fallen in aller Regel deutlich höhere Sätze als die 25 Prozent Abgeltungsteuer an.

Vor allem mittlere Einkommen würden belastet

Was gut klingt, hält dem Realitätscheck jedoch nicht unbedingt stand, warnen Steuerexperten. Bei Dividenden hätte die Einführung der Abgeltungsteuer den Aktionären unterm Strich nämlich kaum Entlastungen gebracht, sagt Stefan Bach, Steuerexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Was die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen angeht, haben sich viele Anleger sogar verschlechtert, weil derartige Kursgewinne vor der Reform nach Ablauf der Spekulationsfrist komplett steuerfrei waren. Nur Sparer, die Zinsen bekommen, seien durch die Abgeltungsteuer entlastet worden. Eine Abschaffung der Pauschalsteuer würde also vor allem sie treffen. „Für die Superreichen würde sich kaum etwas ändern, aber die Mittelschicht würde belastet“, warnt Bach. Da die Abgeltungsteuer nur dann anfällt, wenn Erträge ausgeschüttet werden, könnten Unternehmer nach wie vor Steuern sparen, indem sie das Geld einfach im Betrieb lassen.
Auch Uwe Rauhöft, Geschäftsführer des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfe (NVL), warnt vor einem schnellen Systemwechsel. „Das verfassungsfest zu machen, erfordert viel Arbeit“, fürchtet der Steuerexperte.
Von einer „irrationalen Diskussion“ spricht Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler. Die Abgeltungsteuer sei ein großer Beitrag zur Steuervereinfachung gewesen, sagte Holznagel dem Tagesspiegel. „Das Kapital ist flüchtig“, warnte der Chef des Steuerzahlerbunds – trotz des Bemühens um den globalen Austausch von Bankdaten. „Lieber 25 Prozent von x als 100 Prozent von nix“, meinte Holznagel. Steuerexperten warnen vor der von Teilen der SPD geforderten Abschaffung der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge. „Für die Superreichen würde sich kaum etwas ändern, aber die Mittelschicht würde belastet“, sagte der Steuerexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Stefan Bach, dem Tagesspiegel. Von einer Abschaffung der 25prozentigen Pauschalsteuer wären vor allem Sparer mit Zinseinnahmen betroffenen. Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, warnt zudem vor einer Kapitalflucht aus Deutschland. Trotz des Bemühens um einen globalen Austausch von Bankdaten sei das Kapital flüchtig. „Lieber 25 Prozent von x als 100 Prozent von nix“, sagte Holznagel dem Tagesspiegel.

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