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Wirtschaft: Wer trägt die Schulden der Bahn?

Koalition verengt Debatte über die Privatisierung

Berlin - In den Mittelpunkt der Diskussion über einen Börsengang der Deutschen Bahn ist die Frage gerückt, wer die Schulden übernimmt, die auf dem Schienennetz lasten. Die SPD – insbesondere Finanzminister Peer Steinbrück – habe sich dagegen ausgesprochen, die Verbindlichkeiten im Zuge einer Privatisierung auf den Bund zu übertragen, hieß es am Dienstag in Regierungskreisen. Das von der Union favorisierte Modell würde aber bedeuten, dass das Netz voll in Bundeseigentum übergehen würde – zusammen mit Schulden von bis zu 15 Milliarden Euro.

Trotzdem herrscht in der Koalition Optimismus, dass es an diesem Mittwoch eine prinzipielle Einigung über einen Börsengang geben könnte. Regierungsvertreter und Fachpolitiker von Union und SPD wollen bei einem Treffen einen Entschließungsantrag für den Bundestag formulieren. Für Donnerstag ist ein Spitzentreffen der Partei- und Fraktionsspitzen der Koalition geplant.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bekannte sich zum Börsengang der Bahn. Die Privatisierung sei „richtig und wichtig“, sagte sie am Dienstag. Allerdings „dauert die Diskussion länger, als sich das lebendige Wirtschaftsführer vorstellen“, sagte sie mit Blick auf Bahnchef Hartmut Mehdorn, der von der Regierung eine Entscheidung über die Art und Weise des Börsengangs verlangt. Über den Weg dahin werde noch gestritten.

Allerdings signalisierte die Union der SPD Entgegenkommen. „Es muss einen Kompromiss zwischen dem Eigentumsmodell und dem Eigentumssicherungsmodell geben“, sagte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. „Wenn man so nahe beieinander ist, müsste es klappen.“ Das Eigentumssicherungsmodell war von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) als Kompromiss vorgelegt worden. Das juristische Eigentum am Schienennetz wäre beim Bund, das wirtschaftliche Eigentum samt Schulden aber bei der Bahn. Erst nach einer bestimmten Zeit könnte die Regierung entscheiden, ob sie das Netz nicht doch komplett haben will.

Laut Regierungskreisen herrscht Einigkeit bei den Koalitionären, dass die Bahn das Netz weiter bewirtschaftet und das Eigentum an der Infrastruktur letztlich beim Staat bleibt. „Die Verfügbarkeit des Eigentums ist bei beiden Modellen gegeben“, hieß es. In jedem Fall würde auch mit der Bahn vereinbart, in welchem Zustand sie das Schienennetz halten muss. Die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde solle wiederum noch stärker unterstützt werden, um den Wettbewerb sicherzustellen. Eine Privatisierung wäre noch in dieser Legislaturperiode möglich – also bis 2009. Der Referentenentwurf für ein entsprechendes Gesetz könnte im ersten Halbjahr 2007 vorgelegt werden, hieß es in den Kreisen.

Bahnchef Mehdorn verlangte erneut Klarheit über die Zukunft des Unternehmens. Nach zweieinhalb Jahren Diskussion sei ein Votum überfällig. „Alle Fakten liegen auf dem Tisch, man kann entscheiden.“ Die Nervosität bei Mitarbeitern und im Umfeld des Konzerns nehme zu.

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