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Man wearing white shirt with United Kingdom flag print, adult male person supporting Great Britain

© Getty Images/iStockphoto

Auf nach Großbritannien: Berlins Hochschulen wollen den Brexit überwinden

In der Wissenschaft ist Großbritannien wieder mit der EU assoziiert. Die Berliner Hochschulen sehen sich für ein wiedererstarkendes Bündnis mit britischen Unis besonders gut aufgestellt.

Der Brexit war ein Schock auch für die Wissenschaft in Deutschland. Die britischen Unis waren traditionell neben den US-amerikanischen die wichtigsten Partner – und nun wurden gemeinsame Vorhaben und der Austausch lahmgelegt. Umso größer war die Erleichterung, als vor Kurzem Großbritannien nach zähen Verhandlungen in das milliardenschwere EU-Forschungsprogramm „Horizon“ zurückkehrte.

Dies war ein wichtiger politischer Schritt und ein Zeichen für eine Annäherung zwischen der EU und der britischen Regierung. Und für die Wissenschaft ein Aufbruchsignal, die alten Partnerschaften zu stärken. Das gilt auch für die Berliner Hochschulen, die sich für Bündnisse mit den Briten besonders gut aufgestellt sehen.

Fast enthusiastisch reagiert Christoph Schneider, Vizepräsident für Forschung der Humboldt-Universität, auf die Rückkehr Großbritanniens zu „Horizon“. „Das ist super!“, sagt er. „Es gibt nun wesentlich bessere Möglichkeiten, Kooperationen zu stärken.“ Diese seien auf EU-Fördermittel angewiesen, nicht alles könnte allein mit dem Geld der beteiligten Institutionen finanziert werden.

Ein Beispiel, das Schneider nennt: die Europäische Hochschulallianz „Circle U.“. Die HU gehört ihr mit acht weiteren Universitäten an, darunter das King’s College London. Die Londoner waren bisher aber von gemeinsamen Anträgen für „Horizon“ ausgeschlossen. Das ändert sich nun, die EU-Allianz sei ein „wunderbarer“ Ausgangspunkt für gemeinsame Initiativen, da die Kolleginnen und Kollegen ohnehin in regem Austausch stehen würden, sagt Schneider. Er denkt zum Beispiel an gemeinsame Anträge beim Europäischen Forschungsrat, der jährlich Stipendien in Millionenhöhe vergibt.

Eine Partnerschaft mit Oxford

Von besonderer Bedeutung für Berlin ist die Partnerschaft mit der Universität Oxford, die 2017 auch als Antwort auf den Brexit ins Leben gerufen wurde. Die vier Unis der Berlin University Alliance (FU, HU, TU und Charité) gingen damals ein strategisches Bündnis mit Oxford ein, neben Cambridge die wichtigste und prestigeträchtigste Uni in Großbritannien. Auch ohne den EU-Rahmen sollte so der Austausch möglich bleiben.

Seitdem sind zum Beispiel 80 Nachwuchsforschende mit „Mobility Grants“ gefördert worden, sowohl von Berlin nach Oxford wie umgekehrt. Fünf gemeinsame Forschungsgruppen zu den großen Themen „Social Cohesion“ und „Global Health“ der Berlin University Alliance (BUA) wurden ebenfalls finanziert, aktuell kommen mit der Einstein-Stiftung „Einstein BUA/Oxford Visiting Fellows“ aus Oxford nach Berlin.

„Hier ist über Jahre vieles an Vertrauen erhalten geblieben und gewachsen, was andere erst wieder mühsam aufbauen müssen.“

Martin Spieß von der BUA über die Berlin-Oxford-Partnerschaft

„Richtig, wichtig und sehr willkommen“ nennt Martin Spieß, bei der BUA Projektmanager der Berlin-Oxford-Partnerschaft, die Rückkehr Großbritanniens zum EU-Forschungsprogramm. Konkrete zusätzliche Vorhaben gibt es zwar noch nicht, allerdings wurde die Einigung auch vor nicht einmal zwei Wochen verkündet. Spieß denkt zum Beispiel daran, bei Exzellenzclustern britische Wissenschaftler:innen künftig stärker einzubinden. „Viele unser Berliner Forscher:innen sind mit den Kolleg:innen in Oxford im Austausch, es gibt einige bestehende Vorhaben, an die wir anknüpfen können.“

Dank der Partnerschaft sieht Spieß Berlin und Oxford für die Zukunft besonders gut aufgestellt: „Hier ist über Jahre vieles an Vertrauen erhalten geblieben und gewachsen, was andere erst wieder mühsam aufbauen müssen.“ Auch aus Oxford sei bereits das Signal gekommen, dass die Assoziierung Großbritanniens an „Horizon“ ein Argument für die weitere Stärkung der Partnerschaft mit Berlin sei – übrigens die einzige internationale strategische Partnerschaft Oxfords.

Nun bezieht sich „Horizon“ allein auf die Forschung. Was ist mit Studierenden, für die der Erasmus-Austausch nach Großbritannien weggefallen ist? Die britischen Unis waren ein beliebtes Ziel für Studierende aus ganz Europa. HU-Vize Schneider sieht hier die EU oder Deutschland am Zug, neue Programme aufzulegen, die Erasmus ersetzen könnten. Bestehende Fördermöglichkeiten des DAAD und verschiedener Stiftungen im Bereich der Mobilität von Studierenden können den Wegfall des Erasmus-Programms der EU für Großbritannien nicht umfassend kompensieren.

Dafür müsse wohl einiges Geld in die Hand genommen werden, weil die britischen Hochschulen an vielen Gaststudierenden, die keine Studiengebühren zahlen, weniger interessiert seien, sagt Schneider. Bisher ist eine solche politische Initiative aber nicht in Sicht.

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