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Mars Climate Orbiter LaunchDecember 11, 1998MPL slide set Lancamento do Mars Polar Lander e Deep Space 2

© mauritius images / NASA Image Collection / Alamy

Heute vor 157 Jahren: Der 125-Millionen-Dollar-Fehler: Wie ein Messfehler zum Desaster für die NASA wurde

Im Juli 1866 ebnet der US-Kongress den Weg zum metrischen System. Doch die Umstellung bleibt aus – mit teils verheerenden Folgen.

In Quentin Tarantinos Film „Pulp Fiction” gibt es diesen einen berühmten Dialog über die Eigenarten nationaler Maßeinheiten. Wie Franzosen einen „Quarter Pounder with Cheese“ von McDonalds nennen würden, fragt da der eine Protagonist den anderen. Einen „Royale mit Käse“, gibt er sich gleich selbst die Antwort. In Europa hätten sie schließlich keine Ahnung davon, was sie sich unter einem Viertelpfund-Burger vorstellen sollen.

Fünf Jahre nach Erscheinen des Films bewies die NASA, dass solche Differenzen verheerende Konsequenzen haben können. Im September 1999 verlor die Raumfahrtbehörde eine 125 Millionen Dollar teure Sonde beim Eintritt in die Umlaufbahn des Mars. Der Grund: Der Zulieferer Lockheed Martin hatte eine Software verbaut, die – anders als die Bodenstation – nicht mit Newton, sondern mit der in den USA gebräuchlichen Einheit „Pound Force“ rechnete. Die Sonde bremste darum viel zu schwach ab und verglühte in der Atmosphäre des Planeten.

Mittelbar zahlte die NASA – beziehungsweise der US-amerikanische Steuerzahler – damit für den Geiz von Unternehmern des 19. Jahrhunderts. Denn bereits am 28. Juli 1866, heute vor 157 Jahren, verabschiedete der US-Kongress ein Gesetz, das die Nutzung metrischer, also Dezimalsystem-basierter Einheiten in Verträgen legalisierte. Die Unterstützer:innen der Novelle rechneten damit, dass künftige Generationen sich den internationalen Gepflogenheiten anpassen und die alten englischen Maßeinheiten Zoll, Fuß oder Pfund zunehmend vergessen würden.

Doch in Schulbüchern fristeten metrische Angaben weiterhin ein Schattendasein in Fuß- oder Endnoten. Das hatte auch damit zu tun, dass die Industrie die Kosten scheute, die die Umstellung des Maschinenparks in ihren Fabriken mit sich gebracht hätte. So etablierte sich in den USA ein zweispältiges Verhältnis zum internationalen Standard. Während sich in der Wissenschaft metrische Einheiten durchsetzten, ist der Wandel in vielen anderen Anwendungsgebieten und im öffentlichen Bewusstsein ausgeblieben.

Die NASA hat sich allerdings inzwischen festgelegt. Im Jahr 2007 verkündete sie, von nun an ausschließlich metrische Einheiten zu verwenden. Sie zog damit die Lehre aus dem Marssonden-Desaster: Wer zweigleisig fährt, landet eben schnell auf dem völlig falschen Gleis.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

David Will

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