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Beweglich. Die Hochschulen werben fast doppelt so viele Drittmittel ein wie noch vor fünf Jahren. Im Bild eine Leistungsshow des Hochschulsports der TU Berlin.

© Ulrich Dahl/Technische Universit

Wissenschaft: Berliner Unis: Höher, weiter, schneller

Die Berliner Hochschulen steigern sich erneut: Sie nehmen mehr Studienanfänger auf und werben mehr Forschungsgelder ein. Nur die Landesmittel halten nicht mit.

Die Berliner Hochschulen haben ihre Leistungen weiter gesteigert und zum Teil die Erwartungen der Politik übertroffen. Das geht aus dem aktuellen Bericht der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft über das Jahr 2010 hervor: Die Bilanz belegt „eindrucksvoll“, dass die Hochschulen „die neuen Herausforderungen“ angenommen haben, lautet das Fazit. Das 53-seitige Papier, das soeben dem Abgeordnetenhaus zugeleitet wurde, enthält einen Überblick über die Entwicklung seit dem Jahr 2005. Wie sich einzelne Hochschulen geschlagen haben, wird nicht berichtet.

In Berlin gab es im Jahr 2010 bereits 147 000 Studierende, 91 Prozent davon an den staatlichen Hochschulen. Berlin hatte sich im Hochschulpakt von Bund und Ländern verpflichtet, jährlich 19 500 Studienanfänger aufzunehmen. Doch schon 2010 lag es weit darüber, bei 25 000 Anfängern. Die Hochschulen hätten die Ziele „mehr als erfüllt“, heißt es in dem Bericht. Die Universitäten nahmen 21 Prozent mehr auf als noch fünf Jahre zuvor, die Fachhochschulen sogar 48 Prozent mehr. Angesichts der doppelten Abiturjahrgänge dürften die Zahlen weiter steigen.

Welche Chancen haben nun Berliner Abiturienten auf einen Studienplatz? Rund 6.000 neue Anfängerplätze wurden in den vergangenen fünf Jahren aufgebaut. Berliner Abiturienten nehmen 1.000 Plätze mehr ein als noch vor fünf Jahren. Dennoch ist ihr Anteil an den Studienanfängern von 47 Prozent im Jahr 2000 auf 36 Prozent gesunken. Damals studierten noch 78 Prozent der Berliner Abiturienten zu Hause, nun sind es noch 55 Prozent. Vermutlich scheitern viele am nahezu flächendeckenden Numerus clausus. Dem Bericht nach stehen die Berliner Studienbewerber besonders einer wachsenden Konkurrenz aus dem Ausland gegenüber. Der Anteil der Studierenden aus dem übrigen Bundesgebiet sei im Wesentlichen konstant geblieben, doch der Anteil der aus dem Ausland kommenden Studienanfänger habe sich „aufgrund der Attraktivität der Berliner Hochschulen und des Studienstandortes“ stark erhöht, von 31 Prozent (6.061) auf 36 Prozent (8.939). Zwei Drittel kommen aus Nicht-EU-Mitgliedstaaten. Gestiegen ist besonders die Zahl der Studierenden aus China und Russland. Aus Polen kommt noch immer die drittgrößte Gruppe aus dem Ausland. Doch das Interesse der Polen lässt deutlich nach.

Die Zahl der Studienabbrecher an Berliner Hochschulen ist inzwischen besonders niedrig. 84 Prozent kommen erfolgreich zum Abschluss, im Bundesschnitt sind es erst 76 Prozent.

525 Millionen Euro aus Drittmitteln für die Hochschulen.

Bei den Einwerbungen aus Drittmitteln legen die Berliner Hochschulen gegenüber dem Jahr 2009 noch einmal 20 Prozent zu. Seit 2005 haben die Hochschulen ihre Drittmitteleinnahmen fast verdoppelt, von rund 278 Millionen Euro auf rund 525 Millionen Euro. Die Anzahl der Stiftungsprofessuren stieg in fünf Jahren von 14 auf 58, die Zahl der angemeldeten Patente von 69 auf 132. Deutlich gestiegen ist in fünf Jahren auch die Zahl der renommierten Stipendiaten und Preisträger im Alexander-von-Humboldt-Programm: von 101 auf 180.

Während die Hochschulen immer leistungsstärker werden, sanken die Landeszuschüsse im Zuge der großen Sparwelle, die die SPD-PDS-Regierung im Jahr 2003 einleitete. Die Universitäten verloren von 2005 an drei Prozent, die Charité gar 26 Prozent. Die Charité finanziert sich inzwischen nur noch zu zwölf Prozent aus Landeszuschüssen. Im Jahr 2005 lag der Anteil noch bei 20 Prozent. Die Hochschulen (ohne Charité) bekamen 2010 noch 60 Prozent ihrer Finanzierung vom Land, das sind 14 Prozent weniger als noch im Jahr 2005. Die Forschung an den Universitäten wird mittlerweile zu 47 Prozent aus Drittmitteln finanziert, fünf Jahre zuvor waren es erst 33 Prozent.

Wie angespannt die finanzielle Lage ist, zeigen die steigenden Kosten. Noch 2005 gaben die Hochschulen rund 846 Millionen Euro für das Personal aus, inzwischen sind es rund 994 Millionen Euro. 44 Prozent der Beamtenbesoldung der West-Hochschulen fließen inzwischen in Pensionen, nämlich 117 Millionen Euro. Diese werden in Berlin anders als in den meisten anderen Bundesländern aus dem Hochschuletat finanziert. Die Ost-Berliner Hochschulen kommen erst auf rund 12 Millionen Euro, doch das ist bereits fast anderthalb Mal so viel wie noch vor fünf Jahren.

Die Energiekosten stiegen seit 2005 von 28 Millionen Euro auf 44 Millionen Euro. Insgesamt geben die Berliner Hochschulen (ohne Charité) 26 Prozent mehr aus als noch vor fünf Jahren.

Die schwierige Lage bei der Investition in Berliner Hochschulbauten – die Landeszuschüsse stagnieren – wurde durch das Konjunkturprogramm II von Bund und Ländern gelindert. Im Jahr 2009 bekamen die Berliner Hochschulen daraus 19 Millionen Euro, im Jahr darauf 78 Millionen Euro.

Wegen der Sparbeschlüsse des SPD-PDS-Senats sank die Zahl der Professoren auf Lebenszeit von 1980 im Jahr 2005 zunächst auf 1871 bis 2009. Nachdem die Sparrunde vorüber ist, stieg sie im Jahr 2010 leicht auf 1911. Die am besten ausgestatteten W3-Professuren sind zu 83 Prozent mit Männern besetzt. Weil die Hochschulen sich immer stärker aus Drittmitteln finanzieren, steigt der Anteil von wissenschaftlichen Mitarbeitern, die keine Lehrverpflichtung haben. Ihr Anteil liegt bereits bei 54 Prozent. Die Zahl von unbefristeten Stellen im wissenschaftlichen Mittelbau sank in fünf Jahren um ein Drittel.

Der Bericht schließt, es gelte die „gute Entwicklung des gesamten Berliner Hochschulsystems“ fortzuführen.

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