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Wittstock: Bundeswehr droht Bauchlandung am Bombodrom

Der Richter fand deutlich Worte in der Verhandlung über das Bombodrom: Er habe große Zweifel, dass die Bundeswehr rechtsstaatliche Standards beim Schießplatz in Nordbrandenburg eingehalten habe. Nun droht dem Militär ein Waterloo vor Gericht.

Berlin/Wittstock - Die Bundeswehr droht mit ihren Plänen für einen Luft-Boden-Schießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide in Nordbrandenburg schon wieder zu scheitern. Der Präsident des Oberverwaltungsgerichts, Jürgen Kipp, erklärte am Donnerstag bereits nach wenigen Stunden, das Bundesverteidigungsministerium habe mit seiner Klage kaum Aussichten auf Erfolg. Zudem äußerte der Vorsitzende Richter des zweiten Senats Zweifel, ob die Bundeswehr bei der Anhörung der betroffenen Gemeinden und Anwohner rechtsstaatliche Standards eingehalten hat. Wenn er den Prozess bereits jetzt beende würde, müsste er die Berufung ablehnen, erklärte er.

Ein Urteil kündigte Kipp für den heutigen Mittag an. Im Verfahren klagt das Ministerium gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Potsdam vom Juli 2007, das eine Betriebserlaubnis aus dem Jahr 2003 für das sogenannte Bombodrom bei Wittstock wegen Verfahrensmängeln kassiert hatte. Der Grund: Die Bundeswehr hatte Belange der Anwohner besonders beim Lärmschutz nicht ausreichend beachtet, will den Weiterbetrieb des bis 1993 von sowjetischen Truppen genutzten Bombodroms aber weiter durchsetzen. Bei einer weiteren Niederlage will die Bundeswehr vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen.

Vor dem Potsdamer Gericht waren 2007 stellvertretend für 20 Einwände drei Musterklagen verhandelt worden. Darin hatten die angrenzende Gemeinde Lärz, ein Hotelier und ein Putenzüchter Gefahren für ihre wirtschaftliche Entwicklung und für die Gesundheit der Anwohner wegen des Lärmes geltend gemacht.

Im Grundsatz ging es nun um die Frage, in welchem Umfang die Bundeswehr für die Inbetriebnahme des Schießplatzes auf die Interessen von Anwohnern und Unternehmen Rücksicht nehmen muss.

So flammte der Streit um Lärmgutachten und Einbußen für die Unternehmen auf. Gerichtspräsident Kipp sah erhebliche Mängel, eine Gesamtabwägung aller Interessen habe die Bundeswehr nicht vorgenommen, weshalb sie nun in wichtigen Fragen „schlechte Karten“ habe. Als Ministeriumsvertreter selbst auf Nachfrage bei ihrem Standpunkt blieben, sagte Kipp: „Was hier zutage kommt – ist nichts.“

Das Verteidigungsministerium hält an einem Gesetz aus dem Jahr 1955 fest. Mit dem Landbeschaffungsgesetz konnte die Bundeswehr einfach Übungsflächen für sich reklamieren und nutzen, ohne Anwohner nach ihrer Meinung zu befragen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Jahr 2000 die militärische Nutzung des Bombodroms grundsätzlich erlaubt, aber an eine Anhörung der Betroffenen geknüpft. Die führte die Bundeswehr auch durch – allerdings unzureichend, so Kipp.

„Wir sind den Weg gegangen, den wir seit 50 Jahren immer gegangen sind“, erklärte Ministerialdirektorin Alice Greyer- Wieninger. Doch das reicht nach Ansicht des Richters kaum aus. Wenigstens ein „Planfeststellungsverfahren light“ hätte die Bundeswehr durchführen müssen. Wie beim BBI in Schönfeld wäre – trotz aller Privilegien für die Verteidigungspolitik – ein lärmmedizinisches Gutachten nötig gewesen.

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